Rüstungsindustrie Rüstungsindustrie: Panzerehe zwischen Krauss-Maffei Wegmann und Nexter
München - Es ist eine Rüstungsfusion mit wegweisendem Charakter und sie hat ein klares Vorbild: Wenn die bayerische Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der französische Staatskonzern Nexter voraussichtlich diesen Mittwoch in Paris ihre Ehe besiegeln, erinnern die Grundzüge stark an den europäischen Luft- und Raumfahrtkonzern EADS, der heute als Airbus firmiert.
Das betrifft nicht nur den steuersparenden Firmensitz in den Niederlanden, der im Fall der beiden Panzerbauer vorab durchgesickert ist. Bei Airbus – wie in der Panzer-Ehe – geht es auch um eine deutsch-französische Machtbalance und damit ein heikles Unterfangen.
Konfliktpotential in vielerlei Hinsicht
So wie bei Airbus von Anfang an der französische Staat im Boot war, ist er es auch jetzt bei KMW/Nexter. Das birgt Konfliktpotenzial in vielerlei Hinsicht, auch wenn im Vorfeld der Panzerehe die Wogen geglättet werden.
Stellen sollen dabei nicht gestrichen werden, heißt es. Für KMW arbeiten rund 3200 Beschäftigte, bei Nexter sind es etwa 2800 Mitarbeiter. Zusammen kommen beide Partner auf zwei Milliarden Euro Umsatz und 6,5 Milliarden Euro Auftragsbestand.
Damit sind beide aber eher Branchenzwerge. In der Liste der weltgrößten Waffenhersteller lagen sie laut Friedensforschungsinstitut Sipri zuletzt auf Rang 72 (KMW) und Rang 74 (Nexter). Aber das wird der wahren Bedeutung nicht gerecht.
Denn schon KMW für sich gilt als Europas größter Panzerbauer vor allem mit dem Kampfpanzer Leopard 2. Nexter produziert das Konkurrenzmodell Leclerc. Beide Unternehmen stellen weitere gepanzerte Fahrzeuge und Artilleriesysteme her, Nexter liefert zudem auch Munition. Es gibt also durchaus Überschneidungen im Produktportfolio, auch wenn KMW-Chef Frank Haun nicht müde wird zu betonen, wie ideal beide Firmen zueinander passen.
Zudem ist eine Fusion immer eine Momentaufnahme. Zum Beispiel ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein neuer Leopard 3 entwickelt und gebaut wird. Die Frage ist, wo das dann geschieht und welche Exportbedingungen dann gelten. Festgeschrieben sein sollen die Strukturen des neuen Panzerriesen nur auf fünf Jahre. Danach werden die Karten neu gemischt. Das ergibt sich schon daraus, dass die Eigner von KMW und Nexter langfristig nur Ankergesellschafter bleiben wollen. Darunter versteht man üblicherweise einen Anteil von 25 Prozent.
Das neue Gebilde, das noch keinen Namen hat, soll nach dem Willen aller Beteiligten ein Nukleus für ein weitergehendes Zusammenrücken der europäischen Rüstungsbranche sein. Die Hälfte der Holdinganteile ist demnach für weitere Partner reserviert. Spätestens dann sind die restriktiven deutschen Rüstungskontrollregeln wohl nicht mehr zu halten, wenn sie nicht früher kippen.
Wie schwer es im Rüstungsbereich zwischen einem deutschen und einem französischen Unternehmen ist, eine Machtbalance zu wahren, zeigt Airbus. Dort stand dem französischen Staat mit Daimler über Jahre hinweg ein deutscher Industrieriese gegenüber. KMW dagegen ist ein Familienkonzern, hinter dem die Industriefamilien Bode und Wegmann stehen.
Reichlich Zündstoff
Wenn es um Rüstungsexporte geht, dürften die sich gern hinter Nexter verstecken. Neue Kampfpanzer hat KMW schon lange nicht mehr verkauft. Ein Milliardengeschäft mit Saudi-Arabien ist vor kurzem an SPD-Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel gescheitert. Frankreich handhabt Rüstungsexporte laxer. Zudem bringt Nexter ausgezeichnete Kontakte zu afrikanischen Staaten mit in die Ehe. Dort geht es oft nicht sehr demokratisch zu. All das zeichnet eine Entwicklungslinie für den fusionierten Panzerbauer vor, die zwar mehr Geschäft in sich birgt und von daher wirtschaftlich nachvollziehbar ist. Aber auch reichlich Zündstoff ist offensichtlich. Er reicht von der möglichen Abwanderung von Stellen und Know-how aus Deutschland bis zu Rüstungsexporten französischer Art.