Supermärkte Ruf nach mehr Transparenz bei Lebensmittelpreisen
Wie kommt der Preis für Paprika, Pasta oder Pudding im Laden zustande? Wer vom Bauern bis zum Handel bekommt wie viel? Verbraucherschützer pochen auf mehr Klarheit dazu.
Berlin - Die Verbraucherzentralen dringen wegen weiterhin teurer Lebensmittel in den Supermärkten auf mehr Transparenz durch eine Preisbeobachtungsstelle. Die Chefin des Bundesverbands, Ramona Pop, sagte: „Die Lebensmittelpreise gleichen einer Blackbox.“ Niemand wisse, wo in der Kette von den Bauern bis zum Handel möglicherweise unberechtigte Preissteigerungen und Gewinne entstünden. Der Bauernverband reagierte zurückhaltend, vom Einzelhandel kam Kritik.
Konkret schlagen die Verbraucherzentralen die Einrichtung einer Beobachtungsstelle bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vor. Sie erfasse bereits Daten zu Preisen und Kosten für Lebensmittel und Produktgruppen, die bisher aber nicht strukturiert aufbereitet würden. Die Beobachtung sollte mit nicht oder wenig verarbeiteten Grundnahrungsmitteln wie Obst und Gemüse starten. Erkenntnisse sollten einmal im Jahr dem Bundestag vorgelegt und zur Debatte gestellt werden. Dabei sollten Bio-Produkte wegen anderer Bedingungen separat betrachtet werden.
Transparenz soll unfaire Praktiken aufdecken
„Die Bundesregierung muss endlich Licht ins Dunkel der Preisgestaltung bei Lebensmitteln bringen“, forderte Pop bei der Vorstellung einer in Auftrag gegebenen Machbarkeitsanalyse der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft. Transparenz könne unfaire Praktiken aufdecken und vor zu hohen Ladenpreisen schützen. Beschwerden bei den Verbraucherzentralen dazu seien zuletzt gestiegen. Es sei bedenklich, dass der Einkauf für viele mit geringen Einkommen zu einer Belastung geworden sei.
Die Preise für Lebensmittel waren angesichts angespannter Agrarmärkte und hoher Energiepreise infolge von Russlands Krieg gegen die Ukraine 2022 und 2023 stark gestiegen und in Deutschland lange ein Inflationstreiber. Dies schwächte sich ab. Im August war Nahrung 1,5 Prozent teurer als ein Jahr zuvor - bei einer allgemeinen Inflationsrate von 1,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt nach vorläufigen Daten mitteilte. Die Preise hätten sich auf hohem Niveau eingependelt, sagte Pop.
Unterschiedliche Reaktionen von Handel und Landwirte
Der Handelsverband erklärte, schon jetzt gebe es umfassende Meldepflichten entlang der Lebensmittelkette - und viele Möglichkeiten zum Preisvergleich. Der Vorschlag der Verbraucherzentralen folge der überholten Theorie, wonach es einen von vornherein „gerechten“ Preis gäbe. Der Wettbewerb funktioniere aber, und die Wettbewerbsfreiheit setze auch die Wahrung des Geschäftsgeheimnisses voraus. Mehr Transparenz würde daher den Wettbewerb beschränken und nicht zu niedrigen, sondern tendenziell höheren Verbraucherpreisen führen.
Der Bauernverband erklärte, mehr Transparenz sei grundsätzlich positiv, eine Preisbeobachtungsstelle allein bringe aber noch keine Verbesserung. „Wirklich neue Erkenntnisse über Preise und Handelsspannen sind nicht zu erwarten“, sagte der stellvertretende Generalsekretär Gerald Dohme der Deutschen Presse-Agentur. „Entscheidend ist, dass am Ende noch deutlich mehr auf den Betrieben ankommt.“ Derzeit bestehe dazu kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem.
In der Machbarkeitsanalyse erläutert die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft, Beispiele aus anderen Ländern zeigten, dass die Einrichtung einer Preisbeobachtungsstelle in Deutschland möglich sei. Dafür seien Geld und Personal nötig. Bei dem kontrovers diskutierten Thema sollten zudem alle relevanten Gruppen und Akteure eingebunden werden, um die notwendige Akzeptanz sicherzustellen.
Experte Hans-Christian Behr erläuterte, auf welche Kostenfaktoren der Ladenpreis beispielsweise bei Rispentomaten aus Deutschland zurückgeht: von Kosten etwa für Pflanzenschutz, Arbeit und Transport bei den Bauern über Kosten für Verpackungen bei Großhandel oder Verarbeitern bis zur Marge und der Mehrwertsteuer im Handel.