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Reform nach Skandalen Reform nach Skandalen: Der ADAC versucht den Neustart

10.05.2014, 12:44
Das Präsidium des ADAC sitzt auf der Bühne der Congresshalle in Saarbrücken (Saarland).
Das Präsidium des ADAC sitzt auf der Bühne der Congresshalle in Saarbrücken (Saarland). dpa Lizenz

Saarbrücken - Seit Jahresbeginn erlebt der ADAC eine Krise, die in ihrer öffentlichen Wirkung ziemlich beispiellos ist. Begonnen hat alles mit der Enthüllung, dass beim Autopreis „Gelber Engel“ nicht nur die Zahl der Teilnehmer gefälscht, sondern auch die Rangfolge der Preisträger manipuliert wurde. Danach hagelte es Vorwürfe, Präsident und Geschäftsführer mussten gehen. Die Delegierten des ADAC stellten am Samstag die Weichen für die tiefgreifenden Reformen, die den Autoclub wieder flott machen sollen. Fragen und Antworten dazu:

Was will der ADAC tun?

Die Antwort ist so einfach, wie das Unterfangen schwierig ist. „Glaubwürdigkeit und Vertrauen in den ADAC wieder herstellen“ steht ganz oben in einem internen Papier, in dem der Rahmen für geplante Reformen gesteckt wird. Plötzlich, sagt ADAC-Beiratssprecher Jürgen Heraeus, habe jeder sehen können, dass Fehler gemacht wurden und das die Transparenz fehlte. „Die Enttäuschung war gigantisch.“ Ähnlich gigantisch dürften die Anstrengungen werden, die der ADAC unternehmen muss. An vielen Stellen muss es Reformen geben, müssen Strukturen hinterfragt oder verändert werden. Schnell wird das nicht gehen.

Und was genau wird passieren?

Der ADAC hat sich einen Zeitplan gesetzt. Wohl am 6. Dezember soll es in München eine außerordentliche Hauptversammlung geben. Bis dahin sollen die seit März tätigen Arbeitsgruppen Einzelheiten für die geplanten Reformen erarbeiten. Die Ziele sind klar: Weniger Kommerz, mehr Transparenz, eine striktere Trennung zwischen dem Verein und seinen vielen Unternehmen, Aufsicht von außen. Dafür soll alles auf den Prüfstand. Wo gibt es Interessenkonflikte? Wie soll die Zusammenarbeit mit Partnern aussehen? Wie kann der ADAC bei Tests seine Unabhängigkeit wahren? Wie kann der Verein demokratischer werden? Einfach werden die Antworten kaum zu finden sein.

Und was tut der ADAC konkret?

Zwar sind viele Detailfragen noch unbeantwortet, an einigen Stellen hat sich der Club aber zu Maßnahmen durchgerungen. So setzt der Club auf ein sogenannten Whistle-Blower-System. Über eine Internetseite kann jeder Hinweise geben, wo im ADAC etwas schief läuft oder vielleicht sogar gegen Richtlinien oder Gesetze verstoßen wird. Auch etliche große Unternehmen, die etwa unter Schmiergeldaffären zu leiden hatten, haben bereits ähnliche Systeme.
Der ADAC wird die Hinweise aber nicht selbst auswerten, sondern das einer externen Anwaltskanzlei überlassen. Zuvor hatte der Verein auch andere Maßnahmen umgesetzt. Dazu gehört etwa, dass Funktionären nun untersagt ist, Rettungshubschrauber, die gerade in Reserve sind, für Dienstflüge zu nutzen. An dieser - wenn auch selten genutzten - Praxis hatte sich scharfe Kritik entzündet. Zudem hat man einen Beirat eingesetzt, prominent mit Experten besetzt, der die Prozesse begleiten soll. Sprecher ist Unicef-Deutschland-Chef Heraeus.

Welche anderen Folgen hatte die Krise bisher für den Club?

Neben dem Vertrauensverlust hat der Club vor allem Mitglieder verloren. Seit Beginn der Krise haben 290 000 Kündigungen die Zentrale erreicht, eine enorm hohe Zahl. Gemessen an der Mitgliederzahl verliert die Zahl aber wieder ein wenig von ihrem Schrecken. Vor allem konnte die Austrittswelle den seit Jahren anhaltenden Zustrom von neuen Mitgliedern nur bremsen. Zum 30. April hatte der ADAC 18 960 216 Mitglieder, 17 415 mehr als im Januar. Eine andere, wichtige Folge ist, dass sich das Amtsgericht München mit der Frage befasst, ob der ADAC wegen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit noch ein Verein sein darf. Hier schlummert noch eine Bedrohung, über deren Größe noch keine Klarheit herrscht. Die Entscheidung steht aus.

Wie hat die Krise überhaupt begonnen?

Begonnen hatte das beispiellose Drama damit, dass die „Süddeutsche Zeitung“ über Fälschungen beim Autopreis „Gelber Engel“ berichtete. Richtig Schwung bekamen die Vorgänge, als die ADAC-Führung bei der Feierlichen Preisverleihung die Journalisten für die Berichte scharf angriff, sich über die Zeitung lustig machte und die Vorwürfe empört zurückwies. Doch die Anschuldigungen stimmten. Die Verantwortung übernahm der innerhalb des ADAC eher gefürchtete statt geliebte Kommunikationschef Michael Ramstetter. Sein Rauswurf beschäftigt inzwischen die Gerichte. Geholfen hat er dem ADAC ohnehin nicht.

Ändert sich den etwas beim Führungspersonal?

Zunächst nicht. Den personellen Neuanfang hat der Club wie erwartet vertagt. Übergangspräsident August Markl soll erst den Reformprozess zu Ende führen. Dann soll entweder schon im Dezember, spätestens aber auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung im Mai 2015 in Bochum ein neuer Präsident gewählt werden. Markls Vorgänger, Peter Meyer, ist bereits zurückgetreten, ebenso Ex-Sprecher Ramstetter. Auch von Teilen der Geschäftsführung hat sich der ADAC getrennt. (dpa)