Reaktionen auf GDL-Bahnstreik Reaktionen auf GDL-Bahnstreik: "Schlag ins Gesicht" von Millionen Menschen

Berlin - Nach dem Aufruf der Lokführergewerkschaft GDL zum längsten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn hat Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) Verhältnismäßigkeit angemahnt. Die öffentliche Akzeptanz für Tarifkonflikte dürfe „nicht über Gebühr strapaziert werden“, sagte er der „Bild“-Zeitung vom Mittwoch.
Zwar seien derlei Auseinandersetzungen sowie Streiks ein elementarer Bestandteil der Tarifautonomie. Jedoch sollten die Tarifparteien mit diesem „hohen Gut sehr verantwortungsvoll umgehen“, sagte Dobrindt. Dazu gehöre in diesem Fall, die Auswirkungen auf Bahnkunden möglichst gering zu halten.
„Schlag ins Gesicht“ von Millionen
Die GDL hatte am Dienstag zu einem Streik von Mittwochnachmittag bis Montagmorgen aufgerufen. Im Personenverkehr müssen sich Reisende ab Donnerstag auf Verspätungen und Zugausfälle einstellen. Die GDL streitet mit der Bahn über mehr Lohn, sie will außerdem künftig nicht nur für die Lokführer verhandeln, sondern für das gesamte Zugpersonal. Die Bahn bezeichnete die neue Streikankündigung als „Schikane“.
Die Deutsche Bahn richtet eine kostenlose Hotline ein. Unter der Telefonnummer 08000-996633 können sich Bahnfahrer über Zugausfälle und Verspätungen informieren. Zusätzlich können sich Bahnreisende auf der Seite www.bahn.de/aktuell informieren. Meldungen für Ausfälle in NRW finden Reisende hier, für Sachsen-Anhalt hier. Die Bahn rät zusätzlich, kurz vor Beginn der Fahrt den DB-Navigator aufzurufen unter reiseauskunft.bahn.de.
Ja. Bei einer Stunde Verspätung muss das verantwortliche Bahnunternehmen 25 Prozent des Fahrpreises erstatten. Bei zwei Stunden Verspätung sind es 50 Prozent. Maßgeblich ist dabei immer die Ankunftszeit am Zielort: Verpasst ein Bahnkunde durch die nur fünfminütige Verspätung eines ersten Zuges seinen Anschluss, so dass er erst nach einer Stunde am Ziel anlangt, erhält er eine Entschädigung in Höhe von 25 Prozent des Fahrpreises. Wird eine Übernachtung nötig, muss die Bahn die Kosten für ein Hotelzimmer tragen. Der Aufpreis für den ICE-Sprinter wird schon ab 30 Minuten Verspätung des Sprinters erstattet.
Besitzer von Streckenzeitkarten erhalten bei Verspätungen von einer Stunde und mehr pauschale Entschädigungen. Bei Zeitkarten im Nahverkehr gibt es in der zweiten Klasse 1,50 Euro. Dabei gilt allerdings eine Bagatellgrenze von vier Euro. Bahn-Kunden mit Zeitkarten im Nahverkehr erhalten also nur eine Entschädigung, wenn mindestens drei Verspätungen von mindestens 60 Minuten im Gültigkeitszeitraum der Fahrkarte nachgewiesen werden. Grundsätzlich werden bei Zeitkarten maximal 25 Prozent des Fahrkartenwertes erstattet. Im Fernverkehr werden pauschal fünf Euro gezahlt.
Zeichnet sich eine Verspätung von mehr als einer Stunde ab, kann der Reisende auf die Fahrt verzichten und den kompletten Fahrpreis zurückverlangen. Ebenso kann er die Fahrt zu einem späteren Zeitpunkt beginnen und dann auch eine andere Streckenführung wählen.
Das Beschwerdeformular ist in den Servicezentren der Deutschen Bahn oder im Internet unter www.fahrgastrechte.info erhältlich. Das Formular können Reisende in den Fahrkarten-Verkaufsstellen an den Bahnhöfen einreichen. Die Bahn muss Beschwerden von Fahrgästen nach spätestens einem Monat bearbeitet haben. Bei Streitfällen vermittelt die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) zwischen Kunden und Unternehmen. Entschädigungen muss die Bahn auf Wunsch bar auszahlen, ansonsten per Gutschein oder Überweisung.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass bei Streiks im Luftverkehr höhere Gewalt vorliegt. Also gilt die EU-Fluggastrechteverordnung, die Entschädigungen vorsieht, nicht. Im Bahnverkehr ist das anders: Die Bahn kann bei Streiks oder Unwettern keine höhere Gewalt geltend machen. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus September 2013 ist sie dazu verpflichtet. Bahnchef Rüdiger Grube hat sich vergeblich um eine Änderung bemüht.
Auch der Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Matthias Wissmann, sagte der „Bild“-Zeitung, bei derart langen Streiks stelle sich die Frage der Verhältnismäßigkeit. „Sie schaden Wirtschaft und Verbrauchern gleichermaßen.“
Ähnlich kritisch äußerten sich Vertreter der SPD in der „Rheinischen Post“ vom Mittwoch. „Die GDL hat jedes Maß verloren. Das hat mit Tarifpolitik nichts mehr zu tun“, sagte SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel. Er forderte die Gewerkschaft zudem auf, die Verhandlungen mit der Bahn wieder aufzunehmen.
Der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig (SPD), nannte den Streik einen „Schlag ins Gesicht von Millionen Menschen, die ohne die Bahn nicht zur Arbeit, Schule oder Hochschule kommen“. Eine „verantwortungsvolle Gewerkschaft“ würde sich anders verhalten. (afp)