Raum Halle-Leipzig Raum Halle-Leipzig: DB Regio bekommt Zuschlag für S-Bahn
Halle/MZ - Erneuter Paukenschlag im mitteldeutschen Regionalbahnverkehr: Die Deutsche Bahn wird künftig weiter allein auf dem S-Bahn-Netz im Raum Halle-Leipzig fahren. Die Privatbahn Abellio zog überraschend ihr Angebot wegen Zeitverzögerung bei der Vergabe zurück, teilte der Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt (Nasa) gestern Abend mit. Damit erhalte DB Regio den Zuschlag, ab 2015 den Fahrbetrieb zu übernehmen.
Den Milliarden-Auftrag für den Betrieb des sogenannten S-Bahn-Netzes II hatte Bahn-Konkurrent Abellio so gut wie in der Tasche. Eine Entscheidung der 2. Vergabekammer am Landesverwaltungsamt in Halle wendete das Blatt aber offenbar zu Gunsten von DB Regio.
Das ist passiert: Die Länder Sachsen-Anhalt, Brandenburg und der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig hatten Anfang März Abellio, einer Tochter der niederländischen Staatsbahn, den Zuschlag gegeben, ab Ende 2015 mit eigenen Zügen auf dem S-Bahn-Netz II zu fahren. Auftragswert: 1,1 Milliarden Euro.
Neubewertung der Angebote
Die DB Regio Südost focht den Zuschlag für Abellio bei der Vergabekammer an. Diese entschied am Montag: „Die Wertung der Angebote muss wiederholt werden“, sagte Laurent Oanea, Vorsitzender der 2. Vergabekammer in Halle. Dabei müsse die Rechtsauffassung der Kammer beachtet werden. Die Gründe für die Neubewertung nannte Oanea nicht. Die Nasa sollte also neu entscheiden.
Stellen werden gestrichen
Unerwartet zieht sich Abellio nun aber zurück. „Wegen dieses erneuten Zeitverzugs und der damit verbundenen wirtschaftlichen und qualitativen Risiken ist das Unternehmen Abellio, das den Zuschlag erhalten sollte, nun nicht mehr bereit, sein Angebot aufrechtzuerhalten“, teilte Nasa-Chef Klaus Rüdiger Malter mit. Offenbar geht Abellio nicht davon aus, dass es aufgrund der unsicheren Rechtslage 2015 pünktlich starten kann. Allein für neue Züge müssen Millionen investiert werden. Wird die Ausschreibung, die nagelneue Züge mit Klimaanlage und Ticketautomat an Bord verlangt, nicht erfüllt, drohen hohe Vertragsstrafen. Ob noch andere Gründe Abellio zum Rückzug bewogen, ist unklar. „Beide Angebote, die am Ende noch im Rennen waren, hatten sehr gute Qualität und lagen nahezu gleichauf“, sagte Malter.
Der neue DB-Regio-Südost-Chef, Frank Klingenhöfer, kann einen großen Erfolg verbuchen, ist aber dennoch vorsichtig: „Wir freuen uns, dass nun der Zuschlag (...) an DB Regio angekündigt ist“, teilte Klingenhöfer mit. Der Verkehrsvertrag sichere zwischen 2015 und 2030 rund 270 Arbeitsplätze.
Für DB Regio steht viel auf dem Spiel: Zuletzt ging das Saale-Thüringen-Südharz-Netz ab 2015 an Abellio. Zudem verlor die Bahn das Ostsachsen-Netz. Klingenhöfer kündigte den Abbau von mehr als 900 der 3 000 Stellen bei DB Regio Südost an. Nur ein Teil davon kann zu den neuen Bahnbetreibern wechseln. Aufgrund von Tarifverträgen sind Kündigungen bei der Bahn zwar ausgeschlossen - die Mitarbeiter können aber in anderen Bundesländern eingesetzt werden. Der DB-Regio-Betriebsrat schlug Alarm: „800 Eisenbahnerfamilien bangen um ihre Existenz in Sachsen-Anhalt.“ Einige können jetzt aufatmen.