Rapsanbau in Sachsen-Anhalt Rapsanbau in Sachsen-Anhalt: Gelbe Ölfelder

Halle (Saale)/MZ - Blühendes Gelb so weit das Auge reicht. Bei der Fahrt von der Goldenen Aue bei Nordhausen durchs Mansfelder Land nach Halle reihen sich die Rapsfelder aneinander. In Sachsen-Anhalt wächst in diesem Jahr auf etwa 175 000 Hektar die Ölfrucht. Die Anbaufläche hat sich vor allem wegen der Produktion von Biokraftstoffen in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt.
Das gelbe Ölmeer hält die Agrarexpertin Reinhild Benning von der Umweltschutzorganisation BUND für „höchst bedenklich“. Die Landwirte würden zunehmend beim Rapsanbau die Fruchtfolge unterschreiten. „Die Folge ist, dass es mehr Schädlinge wie etwa den Rapsglanzkäfer gibt, der mit Pestiziden bekämpft werden muss“, sagt Benning. Die Pflanzen-Schädlinge wiederum würden Resistenzen bilden, so dass immer mehr Chemie eingesetzt werden müsse.
Eigentlich nachhaltig und ressourcenschonend
Vom Grunde her ist der Rapsanbau nachhaltig und ressourcenschonend. Seit Jahrhunderten wird er wegen des hohen Ölgehaltes seiner Samenkörner kultiviert. Der Ölanteil der Rapssaaten beträgt etwa 40 Prozent. Nach dem Abtrennen des Öls bleibt ein eiweißreicher Rapskuchen übrig, der als hochwertiges Futtermittel für Schweine und Rinder dient.
Raps ist allerdings nicht selbstverträglich, das heißt, dass man nach dem Anbau das Feld vier bis fünf Jahre nicht mehr mit Raps bepflanzen soll, um ein vermehrtes Auftreten spezifischer Pflanzenkrankheiten und -schädlinge zu vermeiden. Die Bauern sprechen von der Fruchtfolge.
Notzulassung von Pestiziden
Auch die Interessensvertretung „Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen“ (Ufop) räumt ein, dass etwa in Agrarländern wie Mecklenburg-Vorpommern Fruchtfolgegrenzen erreicht werden. „Dort wird inzwischen auf 25 Prozent der Fläche Raps angebaut“, sagt Ufop-Referent Dieter Bockey.
Vor allem der Schädling Rapsglanzkäfer wird zum Problem. Im Jahr 2012 musste das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eine sogenannte Notfallzulassung des Pflanzenschutzmittels Avaunt vornehmen. „Zunehmend wurden Flächen mit Starkbefall registriert, auf denen die bis dahin zugelassenen Pflanzenschutzmittel keinen ausreichenden Wirkungsgrad erzielten“, sagte BVL-Sprecher Florian Kuhlmey der MZ. Zu der Zeit habe es für den Zweck keine verfügbaren Alternativen gegeben. Inzwischen habe dieses Mittel eine reguläre Zulassung erhalten. In den vergangenen Jahren sind laut BVL zudem eine Reihe weiterer Mittel zugelassen worden, um gegen resistente Schädlinge vorzugehen.
In Sachsen-Anhalt wurde der Rapsanbau in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. Im Jahr 1998 wurde die Ölpflanze nach Angaben des Statistischen Landesamtes in Halle auf knapp 90 000 Hektar angebaut. Im vergangenen Jahr wuchs Raps auf 179 000 Hektar. Insgesamt wurden 714 000 Tonnen geerntet. In Deutschland steht Raps auf insgesamt 1,4 Millionen Hektar. Im Durchschnitt werden etwa fünf Millionen Tonnen Rapssaat von den Feldern geholt. (sth)
In Sachsen-Anhalt sieht der Landesbauernverband die Fruchtfolge beim Raps eingehalten. „Auf etwa 17 Prozent der Ackerfläche im Land wird in diesem Jahr Raps angebaut“, sagt Hauptgeschäftsführer Fritz Schumann. Zum Vergleich: Auf mehr als 60 Prozent der Fläche wächst Getreide. „Die gelbe Blüte im April und Mai vermittelt nur den optischen Eindruck, dass überall Raps steht“, so Schumann.
Bei der Agrargenossenschaft Rösa unweit von Bitterfeld steht in diesem Jahr auf 120 von 1 030 Hektar Raps. „Wir nehmen die Krankheitsanfälligkeit ernst und halten die Fruchtfolge ein“, sagt der stellvertretende Geschäftsführer Hartmut Schumann. Doch auch der Landwirt beobachtet, dass in einigen Regionen auf 30 Prozent der Äcker Raps steht. „Raps wächst auf fast allen Böden und ist finanziell lukrativ“, sagt er. Nach der Zuckerrübe sei die Ölpflanze derzeit preislich die attraktivste Pflanze - noch vor Weizen. Daran ändere auch nichts, dass die Notierungen zuletzt gesunken sind. Eine Tonne Raps wird an den Börsen für 350 Euro gehandelt. Im Jahr 2012 waren es in der Spitze 500 Euro, 2009 dagegen nur 250 Euro. Die gestiegene Nachfrage geht vor allem auf die vielen neuen Ölmühlen zurück, die Biodiesel produzieren. Sie sind zu einem gewaltigen Abnehmer großer Mengen Raps geworden.
Viele Ölmühlen im Land
In Deutschland wurden im vergangenen Jahr 2,6 Millionen Tonnen Biodiesel hergestellt. Der in Deutschland insgesamt angebaute Raps würde nicht ausreichen, um den Bedarf der Biosprit-Hersteller zu decken. Doch Raps dient nicht nur als Energiepflanze, sondern ist ein wichtiges Pflanzenöl in der Lebensmittel-Herstellung. In Sachsen-Anhalt wird die Problematik besonders sichtbar: Allein die Ölmühle Magdeburg kann jährlich 700 000 Tonnen Raps verarbeiten. Dies entspricht der gesamten Jahresproduktion von Raps in Sachsen-Anhalt. Große Biodiesel-Hersteller sitzen allerdings auch noch in Bitterfeld-Wolfen und in Wittenberg. Damit ist klar, dass große Mengen über weite Strecken transportiert werden müssen. „Die meisten Ölmühlen kaufen im europäischen Ausland zu“, sagt Ufop-Referent Bockey. Durch EU-Richtlinien sei jedoch gesichert, dass ein nachhaltiger Anbau stattfinde.