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Pâtisserie muss sich umbenennen Pâtisserie muss sich umbenennen: Kein Pardon für "Café Merci"

Von Martin Brust 28.01.2015, 08:08
Seit Jahren betreibt Anja Klügling das Café Merci in Bad Soden und verkauft Gebäck unter diesem Namen. Nun muss sie ihn ändern.
Seit Jahren betreibt Anja Klügling das Café Merci in Bad Soden und verkauft Gebäck unter diesem Namen. Nun muss sie ihn ändern. Martin Weis Lizenz

Frankfurt - Man könnte diese Geschichte mit David und Goliath beginnen. Zumal Süßwarenhersteller Storck, der die Rolle Goliaths einnehmen würde, ein Schokokaramell namens „Riesen“ im Angebot hat. Aber das Bild stimmt nicht, denn es geht nicht um die Storck Riesen. Es geht auch nicht um Knoppers, Nimm 2, Toffifee oder Dickmann’s, und es gewinnt auch nicht David. Es geht darum, wie unterschiedlich Juristen und andere Menschen den Begriff „Verwechslung“ verstehen können.

Hoher Bekanntheitsgrad

Seit 1965 ist Storck mit der Marke „merci“ auf dem Markt. Laut einer vom Unternehmen beauftragten Umfrage bringen 93 Prozent der Deutschen diese Marke mit Schokolade in Verbindung. Storck hat seit 2012 zwei Klagen gegen das „Café Merci“ aus dem hessischen Bad Soden mit gleichnamigen Ablegern in Eschborn, Kronberg und Bad Homburg angestrengt, zuerst wegen Rufausbeutung, dann wegen Verwechslungsgefahr der Marken. Nach zwei Niederlagen vor dem Land- und Oberlandesgericht Frankfurt hat Storck im dritten Urteil im November 2013 Recht erhalten. Die von der Bad Sodener Café-Betreiberin Anja Klügling eingelegte Berufung endete Anfang 2015 mit einem Vergleich, nachdem die Richter durchblicken ließen, dass Storck wohl auch im Berufungsverfahren Recht bekomme. Klügling hat nun bis Januar 2016 Zeit, um das Wort „Merci“ aus ihrem Firmennamen, von Speisekarten, Verpackungen, Schirmen oder Fußmatten zu tilgen. Mit den Anwaltsrechnungen wird sie wohl über 200 000 Euro Kosten stemmen müssen, für die anstehende Umfirmierung wohl einen Bankkredit aufnehmen.

„Ich war schockiert“, sagt Anja Klügling über den Moment, in dem sie das erste Schreiben der Storck-Anwälte erhielt. Seit 23 Jahren betreibt sie in Bad Soden ein Café, lange unter dem Namen Café Bonjour. „Das war mehr Hobby von mir und meinem Mann“, sagt sie. Von einen auf den anderen Tag musste sie daraus einen Lebensunterhalt machen, als 2006 ihr Mann starb. Sie änderte den Namen und das Konzept, weil sie und ihre beiden Töchter – die im Sommer ihre Studien abschließen und in das Familiengeschäft einsteigen wollen – damit Dankbarkeit ausdrücken wollten, wie sie sagt.

Ab 2009 begann Klügling zu expandieren. Mit Liebe und Leidenschaft für die französische Küche serviert und vertreibt sie handwerklich hergestellte Produkte mit frischen Zutaten und auf hohem Niveau. Das belegen Auszeichnungen der Zeitschrift „Der Feinschmecker“, die ihr Café 2013 unter die besten Bäcker Deutschlands einreihte. Rund 60 Arbeitsplätze hängen an den Cafés, der Herstellung und dem Lieferservice für Großkunden.

Was in den Gerichtsurteilen steht und was die Pressestelle von Storck zu dem Verfahren sagt, lesen Sie auf Seite 2.

Thomas Herbst, Klüglings Co-Geschäftsführer, sagt zum Verfahren mit Storck: „Die Richter haben gesagt, dass es keine reale Verwechslungsgefahr der Produkte gebe, aber es zählt eben der Buchstabe des Gesetzes.“

Im Landgerichtsurteil zu Gunsten von Storck von November 2013 steht, es sei „nicht erforderlich, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen der bekannten Marke und dem von Dritten benutzten Zeichen so hoch ist, dass eine Verwechslungsgefahr besteht.“ Letztlich sagt das Gericht also, dass alleine das Wort „Merci“ beim Verbraucher eine gedankliche Verbindung entstehen lasse zwischen der Storck-Marke „merci“ – entgegen der Markeneintragung kleingeschrieben und mit Herz statt i-Punkt – und der Marke „Café Merci“ – trotz unterschiedlicher grafischer Gestaltung und der Zusätzen Café sowie Pâtisserie und Boulangerie. „Die Umstände reichen bereits aus, um festzustellen, dass ein Verbraucher sich an die Klagemarke erinnert, wenn er das Zeichen der Beklagten, Café Merci, sieht und liest. Das genügt für eine gedankliche Verknüpfung. Eine Verwechslungsgefahr ist nicht erforderlich.“

Keine Verwechslungsgefahr

Die Pressestelle von Storck reagiert schon mit dem Vorwurf der Voreingenommenheit, weil in der Frage an sie die Handwerksprodukte aus dem Café als „kaum zu verwechseln“ mit der industriell hergestellten „merci“-Schokolade bezeichnet werden. Ob Storck Pläne für eigene Cafés hat, beantwortet Unternehmenssprecher Bernd Rößler nicht. Der Frage, ob Storck eine echte Verwechslungsgefahr zwischen seinen Produkten und denen von Anja Klügling sieht, weicht Rösler aus. Storck sei fest davon überzeugt, dass Kunden bei der Bezeichnung Café Merci an die Marke des eigenen Hauses denken, dies sei Rufausbeutung. Es gehe auch nicht um die Frage, ob die Waren identisch seien, sondern einzig um den für die Marke „merci“ eingetragen Schutzbereich. Denn Stork habe viel Zeit und Geld in die Marke investiert. (mz)