CO2-Bilanz Paketbranche setzt zunehmend auf Elektro-Transporter
Wenn die Paketfirmen DHL, Hermes und DPD Pakete ausliefern, hat ihr Fahrzeug meistens noch einen Verbrennungsmotor. Das soll sich nun ändern - nicht nur auf der „letzten Meile“.
Bonn - Der Logistiker DHL möchte die Anzahl seiner Elektrotransporter in Deutschland deutlich erhöhen. „Derzeit sind es etwa 32.400 und zum Jahresende sollen es rund 37.000 sein“, sagte die für den Bereich Post & Paket Deutschland zuständige DHL-Vorständin Nikola Hagleitner der dpa in Bonn. Vor knapp zwei Jahren waren es nur rund 24.000 Stromer. „Mit unseren Investitionen in die Elektromobilität kommen wir beim Klimaschutz zügig voran“, sagt Hagleitner. Man wolle Vorreiter bleiben.
Die Konkurrenz setzt ebenfalls stärker auf Elektro, liegt aber deutlich hinter Marktführer DHL: Hermes hat derzeit in Deutschland nach eigenen Angaben 1.200 Elektrotransporter im Einsatz, DPD 300. Beide Firmen wollen mehr Stromer für die „letzte“ Meile anschaffen, also für die Strecke bis zur Zustellung. Auch Wettbewerber GLS setzt zunehmend auf E-Fahrzeuge. Außerdem schickt die Paketbranche noch elektrisch betriebene Cargobikes auf die Straße.
Konkurrenz liegt weit zurück
DHL hat derzeit in Deutschland circa 67.600 Transporter für die Paketzustellung im Einsatz, der Elektroanteil liegt damit bei 48 Prozent. Bei Hermes liegt der Anteil von Elektrotransportern bei 11,4 Prozent, mit steigender Tendenz. Man wolle „seinen Beitrag zur Dekarbonisierung des Transportsektors“ leisten, heißt es von Hermes. Bei DPD liegt der Elektro-Anteil in der Transporterflotte zwar nur bei 3,5 Prozent, doch auch dort soll es steil bergauf gehen. Am Jahresende sollen es 15 Prozent sein und 2030 schon 85 Prozent.
Ein DPD-Sprecher weist darauf hin, dass Elektrotransporter mittlerweile serienmäßig produziert werden und sie weniger fehleranfällig seien als andere alternative Antriebe. „Wir haben auch Fahrzeuge mit Wasserstoffantrieb getestet, aber deren Zuverlässigkeit konnte bislang nicht mit der von Elektrofahrzeugen mithalten.“
Ein Grund für den Vorsprung von DHL ist, dass der Konzern mit seiner Tochterfirma Streetscooter einst selbst Elektrotransporter gebaut hat. Doch das Vorzeigeprojekt des vergangenen Jahrzehnts kam ins Stocken, die eigene Produktion wurde 2022 eingestellt. Zwar hat DHL noch immer viele Streetscooter in seiner Transporterflotte, der Konzern kauft inzwischen aber auch bei größeren Herstellern ein, etwa bei Ford.
„Null Emissionen“ als Ziel ausgegeben
Wann ist die Zustellung komplett elektrisch? „Wir möchten unsere Zustellflotte kontinuierlich weiter elektrifizieren und haben als Zwischenschritt auf dem Weg zu null Emissionen das Ziel ausgegeben, bis 2030 80 bis 90 Prozent auf Elektroantrieb umgestellt zu haben“, sagt DHL-Managerin Hagleitner. Man müsse aber die Kosten im Blick behalten. „Wir können nur so viel investieren, wie wir im Post- und Paketgeschäft in Deutschland verdienen.“ Bei Investitionen müsse man abwägen zwischen Kapazitätsausbau, Klimaschutz und Verbesserungen für die Beschäftigten.
Die Stromer werden im Bereich der Zustellung eingesetzt, also auf der Strecke vom Zustelldepot bis zur Abgabe der Sendung - ob an der Haustür, an einem Paketautomaten oder einer Postfiliale, wo der Empfänger später vorbeikommt und die Sendung abholt. Sie haben pro Tag in der Regel zwischen 20 bis 30 Kilometer zu bewältigen - die Reichweite auf der letzten Meile ist also relativ gering, wodurch sich die Stromer besonders gut eignen.
Elektro-Lastwagen werden getestet
Separat hierzu schafft DHL in diesem Jahr testweise 10 Elektro-Lastwagen an, die pro Fahrt eine Strecke von 250 bis 500 Kilometern zurücklegen sollen. In Berlin und Umland sind bereits 13 Elektrolastwagen unterwegs, die aber kleiner sind und eine kürzere Reichweite haben. Ein weiterer E-Lkw fährt im Regionalverkehr in Hamburg. Die Elektrifizierung der längeren Routen ist nach Darstellung Hagleitners deutlich schwieriger als auf der letzten Meile bis zum Kunden, schließlich seien viel größere und schwerere Mengen zu transportieren.
Ausreichend Ladepunkte, um die großen Batterien schnell aufzuladen, seien eine Herausforderung. Sollten sich die größeren Elektrolastwagen als geeignet erweisen, könnten mehr davon angeschafft und die CO2-Bilanz auf den Langstrecken deutlich reduziert werden, so Hagleitner. Sie weist aber auch darauf hin, dass die Elektrotrucks „signifikant teurer“ seien.
Biogas-Lkw auf den weiten Distanzen
Auf den Langstrecken setzt DHL in Deutschland derzeit auf Lastwagen, die mit komprimiertem Biogas betrieben werden (Bio-CNG), derzeit sind circa 450 im Einsatz. „Dieses Jahr wollen wir die CNG-Flotte um 120 aufstocken“, sagt Hagleitner.
Diese Lastwagen haben zwar einen Verbrennermotor. Ihr Bio-CNG wird aber aus Abfall- und Reststoffen gewonnen. „Bei der Verbrennung des Kraftstoffs im Lkw-Motor wird nur so viel CO2 freigesetzt, wie zuvor bei der Produktion des Kraftstoffs aus der Umwelt aufgenommen wurde“, sagt Hagleitner. „Mit dem ausschließlichen Einsatz von Bio-CNG aus Abfall- und Reststoffen ist CO2-reduzierter Transport möglich.“ Die CNG-Lkw haben eine Reichweite von 500 bis 700 Kilometern.
Umweltschützer sind nicht restlos überzeugt
Umweltschützer werten die anziehende Elektromobilität in der Paketbranche positiv, sind aber skeptisch. „Auch wenn Elektro-Transporter besser sind für das Klima, so bleiben die Paketmassen problematisch - sie sind Teil unserer Wegwerfgesellschaft, die Ressourcen verschwendet“, sagt Viola Wohlgemuth vom Bündnis Exit Plastik.
Verbraucherinnen und Verbrauchern sollten aufgrund des steigenden Elektroanteils in der Paketbranche nicht das Gefühl bekommen, dass ihre Online-Bestellungen völlig unproblematisch seien, denn in jedem Produkt steckten Ressourcen und Energie für die Herstellung. „Weniger Bestellungen und eine lange Nutzung von Produkten sind ein Schlüssel, um die Ressourcenverschwendung einzudämmen.“