Nur Coca-Cola noch beliebter Nur Coca-Cola noch beliebter: Rotkäppchen erobert die Welt

Leipzig - Eine starke Marke fördert den Verkauf. Ein englischer Star-Werber formulierte es einmal so: „Ein Produkt ist etwas, das in einer Fabrik hergestellt wird. Eine Marke ist etwas, das von den Kunden gekauft wird. Ein Produkt kann vom Wettbewerber schnell kopiert werden. Eine Marke ist einzig.“
Von daher ist verständlich, dass viele Unternehmen viel Geld investieren, um eine starke Marke aufzubauen. Beim angesehenen Preis „Best Brands 2016“ wurden zuletzt die beliebtesten Marken in Deutschland gekürt. In der Kategorie Produkte hießen die ersten drei: Nivea, Coca-Cola und Samsung. Überraschend schaffte es Rotkäppchen auf Platz vier. Überraschend deswegen, weil dahinter kein Konzern mit einem sehr hohen Werbebudget steht.
Hilfreich ist die Marken-Popularität für das Geschäft gerade auch dann, wenn es darum geht neue Produkte erfolgreich einzuführen. Das zeigt die Rotkäppchen-Bilanz 2015, die Unternehmenschef Christof Queisser am Dienstag in Leipzig vorstellte, anschaulich. Die nackten Zahlen lesen sich zunächst recht unspektakulär: Der Absatz von Sekt, Spirituosen und Wein aus dem Hause Rotkäppchen-Mumm stieg um 2,8 Prozent auf 253 Millionen Flaschen. Der Umsatz kletterte von 897,2 Millionen Euro 2014 auf 911,9 Millionen Euro im Vorjahr.
Die Rotkäppchen-Vertriebsmannschaft, um den nun in Ruhestand gehenden Geschäftsführer Manfred Hilpert musste aber hart arbeiten, um diese Zahlen überhaupt zu erreichen. Zum einen stagniert der deutsche Sekt- und Spirituosenmarkt insgesamt. Zum anderen besitzen die Freyburger mit ihren Marken Rotkäppchen, Mumm, Jules Mumm, MM Extra und Geldermann im Einzelhandel bereits einen Marktanteil von 54,9 Prozent. Zuwächse sind da nur noch schwer zu erreichen. Im klassischen Sektgeschäft verlor das Unternehmen auch leicht Absatz. Dem steht allerdings ein deutliches Verkaufsplus von 29 Prozent bei den weinhaltigen Getränken gegenüber. Seit Frühjahr 2014 bietet das Unternehmen sogenannte Fruchtseccos an, die unter der Marke Rotkäppchen verkauft werden. Der Trend kommt aus der Gastronomie. Dort wurde zuerst Prosecco mit Holunderblüten-Sirup gemixt und unter dem Namen „Hugo“ verkauft. Vor allem die weibliche Kundschaft greift zu, die zuvor vielleicht klassischen Sekt getrunken hat. Queisser sprach von veränderten Konsumgewohnheiten. „Auf diese hat die Sektkellerei rechtzeitig reagiert und fährt nun die Erfolge ein“, sagte ein Branchenexperte am Dienstag in Leipzig. 21,6 Millionen Flaschen weinhaltige Getränke verkaufte das Unternehmen 2015. Dass die Fruchtsecco bei den Verbrauchern erfolgreich sind, hängt sicher auch mit der starken Marke Rotkäppchen zusammen, unter der diese verkauft werden. „Wir erreichen mit unserer Dachmarke Rotkäppchen so viele Konsumenten wie nie zuvor“, so Queisser. In jeder Minute würden - rein rechnerisch - im Handel 328 Flaschen verkauft.
Der Handel könnte den Managern der Sektkellerei in den kommenden Jahren aber auch noch Kopfzerbrechen bereiten. Denn neben Kaffee und Waschpulver ist auch Sekt ein beliebter Artikel für sogenannte Sonderaktionen. Dabei bieten die großen Handelsketten Tiefstpreise an, um Kunden in ihre Märkte zu locken. Rotkäppchen-Sekt wird mitunter für 2,65 Euro verkauft. Zieht man einen Euro Sektsteuer ab, dürfte für Hersteller und Händler nur wenig Gewinn übrig bleiben. Queisser kommentierte dies nur knapp: „Die Preise werden vom Handel gemacht.“ Das ist richtig. Doch die Hersteller müssen für solche Sonderaktionen, die meist zu einem zusätzlichen Ordervolumen führen, auch die Ware zur Verfügung stellen. Dauerhaft niedrige Preise für Rotkäppchen-Sekt dürften dem Marken-Image am Ende nicht guttun. Auch der Handel insgesamt profitiert langfristig nicht von der Aktions-Politik, weil sich die Kunden auf dauerhafte Niedrigpreise einstellen. Schnäppchen-Mentalität nennt man dies.
Um künftig zu wachsen, setzt Rotkäppchen-Mumm auf Geschäfte im Ausland. Im vergangenen Jahr ist das Unternehmen auf den tschechischen Markt eingestiegen. „Tschechien ist ein Sektland“, begründete Queisser dies. Nach MZ-Informationen profitiert die Sektkellerei hier aber auch vom deutschen Handel. Kaufland soll mit seinen tschechischen Märkten als Türöffner mit fungiert haben.
Am Dienstag hatte Queisser auch erstmals die Messlatte beim Export genannt, über die das Unternehmen springen will. Bis 2025 solle das Auslandsgeschäft einen zweistelligen Absatzanteil beisteuern. Zuletzt waren es höchstens ein bis zwei Prozent. Das heißt, sollte Rotkäppchen-Mumm nicht im Inland Absatz verlieren, ist weiteres Wachstum fest eingeplant. (mz)