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222 Millionen Euro Neymar-Transfer: Ökonom bewertet 222-Millionen-Euro-Ablöse als Fehlinvestition

Von Stefan Sauer 16.10.2017, 16:33
Fußballspieler Neymar war für 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain gewechselt.
Fußballspieler Neymar war für 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint-Germain gewechselt. AFP

Berlin - Der Scheich ist reich. Diese Erkenntnis ist nicht neu, ebenso wenig wie der Umstand, dass der brasilianische Fußballer Neymar im August für 222 Millionen Euro vom FC Barcelona zu Paris Saint Germain (PSG) gewechselt ist, mit großzügiger Unterstützung des Emirats Katar, dessen Staatsfond 70 Prozent an PSG hält. Unabhängig von ethischen Erwägungen oder der Frage, ob Transfers Neymarscher Dimension der Zukunft des Fußballsports zuträglich sind (sind sie nicht), haben sich israelische Wirtschaftswissenschaftler einer simplen aber bedeutsamen Frage zugewandt: Lohnt die Investition in den 25-jährigen Ballkünstler? Was müsste er PSG pro Jahr einbringen, um seine Anstellung zu einem profitablen Geschäft zu machen?

Der Ökonom Eran Yashiv von der Eitan Berglas School of Economics der Uni Tel Aviv hat sich dem Thema mit betriebswirtschaftlicher Nüchternheit angenähert. Und zusammengerechnet: 222 Millionen Euro verteilt auf den fünf Jahre laufenden Vertrag des Brasilianers ergeben pro Saison 44,4 Millionen Euro. Hinzu kommt das Nettogehalt von jährlich 30 Millionen Euro, das den Arbeitgeber PSG wegen des hohen französischen Spitzensteuersatzes von 75 Prozent bis zu 90 Millionen kosten könnte. Für Vermittlungs- und Beraterprovisionen setzt Yashiv 38 Millionen Euro an. Auf der Habenseite notiert der Wissenschaftler steigende Einnahmen aus TV-Geldern, Fan-Shop- und Ticketverkäufen.

Neymar müsste Einnahmen um mehr als 50 Prozent steigern

Mit den Daten fütterte Yashiv den Computer seines Forschungsinstituts, und der hat nun geliefert: Selbst bei „Lohnkosten“ von nur 45 Millionen Euro pro Jahr (was einer Steuerbelastung von 50 Prozent entspräche) müsste der Mann die Einnahmen seines Vereins in jedem Geschäftsjahr seiner Vertragslaufzeit bis Mitte 2022 um mindestens 151 Millionen Euro steigern. Was das bedeutet, zeigt ein Vergleich mit den bisherigen PSG-Finanzen: 2016 nahm der Club nach Angaben der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte aus dem laufenden Geschäft 296 Millionen Euro ein. Neymar müsste PSG mithin ein Einnahmeplus von mehr als 50 Prozent bescheren, um seine Kosten herein zu spielen. „Es ist höchst unwahrscheinlich, dass Neymar dies schafft“, stellt der Wissenschaftler fest. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit werde Neymar zu einer Fehlinvestition – aus rein betriebswirtschaftlicher Sicht.

Und die ist durchaus von Belang. Ob Neymar sich rechnet oder nicht, ist nämlich nicht bloß eine unterhaltsame Frage für den Akademikerstammtisch. Sie berührt unmittelbar die Financial-Fairplay-Regularien der Uefa. Sie besagen vereinfacht, dass Fußballvereine auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben dürfen, als sie kommerziell einnehmen. Damit sollen steinreiche Oligarchen, Scheichs und Unternehmer daran gehindert werden, nach Belieben Geld in „ihre“ Vereine zu pumpen und so den sportlichen Wettbewerb zu einer Meisterschaft der Milliardäre zu verunstalten. Genau dies geschieht bei PSG und anderen europäischen Top-Clubs aber seit Jahren.

PSG drohen unangenehme Folgen durch Prüfverfahren

Bei PSG kaufte sich 2011 Qatar Sports Investments ein, Ableger des Katarischen Staatsfonds QIA mit einem Vermögen von 335 Milliarden Euro. Mehr als zwei Drittel der PSG-Anteile hält der Sportfonds vom Golf seither, dessen Geschäftsführer Nasser al-Khelaifi zugleich Präsident des französischen Hauptstadtclubs ist. In diesem Jahr hat man, neben der Transferrekordsumme für Neymar, gleich auch den zweitteuersten Spielerwechsel aller Zeiten finanziert: Für insgesamt 180 Millionen Euro wurde der französische Jungstar Kylian Mbappé vom AS Monaco verpflichtet, wobei PSG den Deal als Leihgeschäft bis 2018 mit anschließender Kaufoption tarnte, um die Financial-Fairplay-Maßgaben der Uefa nicht allzu offensichtlich zu verletzen.

Ob das hilft, ist zweifelhaft. Die Uefa brachte wegen des Neymar-Transfers Anfang September ein Prüfverfahren auf den Weg, das durchaus unangenehme Folgen für PSG haben könnte: von Strafzahlungen in Zig-Millionenhöhe über die erzwungene Beschränkung des Spielkaders bis zu Transferlimits für kommende Spielzeiten. PSG müsse nachweisen, dass der Club „innerhalb von drei Jahren keinen größeren Verlust als 30 Millionen Euro vorzuweisen“ habe, sagte der italienische Uefa-Lizensierungschef Andrea Traverso zum Start des Prüfverfahrens. Wie PSG das anstellen wolle, sei ihm unklar. Vielleicht sollte sich der Signore mal mit der Uni Tel Aviv in Verbindung setzen.