Neue Regelung ab Juli Neue Regelung ab Juli: Weniger Mütterrente für Frauen im Osten

Berlin - Mütter mit kurzen Babypausen und guten Arbeitseinkommen werden von der neuen Mütterrente ab Juli dieses Jahres nur wenig oder gar nicht profitieren. Betroffen sind Frauen der Jahrgänge 1950 bis 1972, die bereits ein Jahr nach der Geburt ihres Kindes wieder einer Erwerbstätigkeit nachgingen. Ihr Rentenanspruch aus dem damals erzielten Einkommen wird nämlich mit der Mütterrente verrechnet.
Im Extremfall können Frauen im Osten so bis zu 316,68 Euro Rente pro Jahr verloren gehen, im Westen sind es sogar 343,32 Euro. Bei einer Rentenbezugsdauer von 25 Jahren kommen so erkleckliche Beträge von 8583 Euro im Westen und 7917 Euro im Osten zusammen, die erwerbstätigen Müttern mit guten Verdiensten gegenüber reinen Hausfrauen verloren gehen. Brisant ist diese Regelung, weil fast ausschließlich ostdeutsche Frauen zu den Benachteiligten zählen.
Um den Zusammenhang zu verdeutlichen, ist ein Blick auf die geltende Rechtslage hilfreich: Jeweils einem Elternteil – zumeist der Mutter – werden für jedes nach 1991 geborene Kind drei Erziehungsjahre für die Rentenberechnung gut geschrieben.
Rund sechs Euro Rente weniger pro Kind
Dabei tut die Rentenversicherung so, als habe die Mutter in den ersten drei Lebensjahren des Kindes ein durchschnittliches Einkommen erzielt, wofür sie pro Jahr einen Rentenpunkt erhält, also drei Punkte pro Kind. Der Wert eines Rentenpunktes beträgt ab 1. Juli im Westen 28,61 Euro, im Osten sind es 26,39 Euro. Für ein nach 1991 geborenes Kind gibt es also monatlich bis zu 85,83 Euro Mütterrente im Westen und 79,17 Euro im Osten.
2014 wird Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, zwei statt einen Rentenpunkt gutgeschrieben. Kosten: 6,5 Milliarden Euro im Jahr.
Die soll erhalten, wer mindestens 45 Beitragsjahre einschließlich Zeiten der Arbeitslosigkeit vorweisen kann. Kosten: langfristig 3,5 bis 4,5 Milliarden Euro.
Wer aus Krankheitsgründen vorzeitig in Rente gehen muss, soll besser als bisher gestellt sein. Die Anhebung der sogenannten Zurechnungszeit um zwei Jahre wirkt sich so aus, als ob ein Betroffener bis zur Vollendung des 62. (bisher: des 60.) Lebensjahres in die Rente eingezahlt hat. Kosten: langfristig knapp zwei Milliarden Euro mehr.
Sollen von 2017 an jene bekommen, die (nach einer Übergangszeit bis 2023) 40 Jahre lang in die Rentenkasse eingezahlt und zusätzlich privat vorgesorgt haben, aber nicht auf 30 Rentenentgeltpunkte kommen. Für die Aufstockung sollen die Steuerzahler aufkommen, damit also auch Gutverdiener. Kosten: langfristig etwa drei Milliarden Euro.
Allerdings können Rentenanwartschaften aus Arbeitseinkommen die Mütterrente mindern. Es werden nämlich für die Erziehungsjahre nur so viele Rentenpunkte angerechnet, wie ein Arbeitnehmer höchstens hätte erzielen können. Ein Beispiel: im Jahr 1995 konnte ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter mit Einkommen über der damals geltenden Beitragsbemessungsgrenze (umgerechnet rund 45.000 Euro) maximal 1,83 Rentenpunkte ansammeln. Mehr ging nicht.
Eine Mutter, die in diesem Jahr mit ihrem Arbeitseinkommen einen Rentenanspruch von 1,1 Punkten erwarb, erhält mithin nicht einen vollen Rentenpunkt Mütterrente, sondern nur 0,73 Punkte. Sie kommt damit auf die maximal in diesem Jahr erreichbare Rentenpunktzahl von 1,83. Damit gehen ihr 0,27 Rentenpunkte „verloren“, was im Osten monatlich mit 7,13 Euro, im Westen mit 7,73 Euro zu Buche schlägt. Diese Regelung galt und gilt auch weiterhin für alle Eltern in Ost und West.
Höhere Frauenerwerbsquote im Osten
Die neue Mütterrente, die am 1. Juli in Kraft tritt, bezieht sich auf Kinder, die vor 1992 geboren wurden. Bisher wurde für jedes dieser Kinder ein Erziehungsjahr, also ein Rentenpunkt, gutgeschrieben. Künftig sollen es zwei Jahre pro Kind sein – und das macht die Sache so brisant. Denn in der DDR gingen rund 90 Prozent aller Frauen im erwerbsfähigen Alter arbeiten. Sie wurden zudem angehalten, nach einer einjährigen Babypause wieder in den Beruf zurück zu kehren. Folglich arbeiteten die allermeisten Frauen im Osten im zweiten Jahr nach der Geburt wieder und erzielten ein Einkommen.
Im Westen dagegen lag die Frauenerwerbsquote in den 60er Jahren noch unter 20 Prozent und erreichte bis zur Wiedervereinigung lediglich 37 Prozent. Zudem arbeiteten im Westen – anders als in der DDR – nur wenige Frauen in Vollzeit. Folglich erzielten Frauen im Osten viel häufiger höhere Arbeitseinkommen, die sich nun mindernd auf die Mütterrente auswirken. Bei sozialversicherungspflichtigen Einkünften über der Beitragsbemessungsgrenze im Erziehungsjahr entfällt die Mütterrente komplett.
Als wäre das nicht kompliziert genug, wird dabei aber nach „Bestandsrentnerinnen“, die bis zum 30. Juni in Rente gehen, und neuen Neurentnerinnen ab 1. Juli unterschieden: Die Verrechnung der Rentenanwartschaften mit der Mütterrente wird nämlich nur bei den Neurentnerinnen durchgeführt. Altrentnerinnen erhalten pauschal einen Entgeltpunkt gutsgeschrieben, also monatlich 26,39 oder 28,61 Euro mehr, egal was sie damals verdienten. Begründet wird dies damit, dass andernfalls Millionen bereits berechneter Renten neu justiert werden müssten, was schlechterdings kaum zu leisten sei.