Motel One in Magdeburg Motel One in Magdeburg: Billighotel will Markt aufrollen

Magdeburg/Halle (Saale) - Eine überdimensionale Halbkugel mit historischen Zeugnissen der Experimente von Otto von Guericke ziert als Lampe das Foyer. Kontrastiert von modernen dunklen Möbeln und türkisen Farbakzenten. Von der Wand blickt derselbe Mann, dessen Name mit Buchstaben in einem der Regale aufgestellt wurde. Otto von Guericke ist das Motto des neuen Motel One in Magdeburg. Es ist das erste Haus der Billighotel-Kette in Sachsen-Anhalt.
Ende Dezember zählte das Unternehmen von Dieter Müller 54 Hotels mit 12.800 Zimmern in sechs europäischen Ländern. Das Konzept ist denkbar einfach: Ein Hotel in Toplage mit modernem Ambiente zu günstigen Preisen. „Man bekommt viel mehr, als man gezahlt hat. Das ist die höchste Form des Marketings“, wirbt Müller am Donnerstagabend bei der offiziellen Hoteleröffnung in Magdeburg.
Dieter Müller: 60 Jahre, schlank, hochgewachsen, graues Haar. Jahrelang arbeitete er als Manager für Hotel-Konzerne, bevor er im Jahr 2000 seine eigene Kette gründete. Mit dem Konzept des Billig-Hotels mit Preisen ab 60 Euro mischt er seither den deutschen Markt auf. Dabei geht es nicht nur um günstige Preise. Er spricht davon, dass sich seine Hotels auf das Wesentliche konzentrieren. Es gibt kein Hotelrestaurant, keinen Wellnessbereich oder Tagungsräume. Aber das was es gibt, hat Qualität. Die Standardzimmer mit 16 Quadratmetern haben einen Flatscreen-Fernseher, ein großes Bett, aber keinen Schrank. Nur Regale. Und auch das Bad ist klein, allerdings mit einer Rainshower-Dusche ausgestattet.
Historisches Gebäude bezogen
Der Anspruch, den Müller an seine zahlreichen Hotels richtet, ist dagegen groß. „Wir bringen einen neuen Impuls in die Stadt“, sagt er selbstbewusst. Denn er glaubt, viele seiner Gäste von den nicht mehr zeitgemäßen oder nicht sanierten Hotels abwerben zu können. „In den letzten 20 Jahren ist in Magdeburg im Hotelbereich nicht mehr viel passiert.“ Daher rührt auch der Anspruch, zehn Prozent des Marktanteils in der Landeshauptstadt haben zu wollen. Müller ist überzeugt von seinem Produkt, und dennoch hört man ihn nie von sich sprechen, das „Wir“ steht immer im Vordergrund.
Das Hotel gehört zu seinen jüngsten Projekten. Es besteht aus einem Gebäude, das im Jahr 1728 errichtet wurde und einem Neubau. Darin befinden sich 90 der 150 Zimmer. In einem Teil des Hotels ragt noch immer eine Mauer der alten Dombefestigung empor und gibt dem Haus einen gewissen Charme.
Welche preiswerten Hotelketten zurzeit den Markt in Deutschland bestimmen und wie die Situation in der Hotellerie in Sachsen-Anhalt ist, lesen Sie auf der nächsten Seite.
Motel One ist nicht der einzige Billig-Anbieter, der rasant wächst. Wie Pilze schießen die sogenannten Low-Budget-Häuser derzeit in Deutschland aus dem Boden. Besonders stark sind die Marken Ibis, B&B und Holiday Inn. Hatten diese Anbieter 2012 insgesamt erst 275 solcher Billig-Hotels, so waren es 2014 bereits 349. Der Hotelkonzern Marriott eröffnete kürzlich in Kooperation mit dem Möbelriesen Ikea das erste Design-Hotel in Mailand (Italien). 2015 soll „Moxy“, so der Name, auch nach Deutschland kommen. „Bisher liegt der Marktanteil im einstelligen Bereich“, sagt Ulrike Schüler, Geschäftsführerin des Beratungsunternehmens PKF Hotelexperts. Schüler hält es aber für gut möglich, dass die Low-Budget-Häuser in Großstädten künftig einen Marktanteil von 30 bis 40 Prozent erreichen. „Neben Städtetouristen übernachten auch immer mehr Geschäftsreisende in solchen Hotels“, sagt Schüler.
Noch nie haben so viele Menschen in Deutschland Urlaub gemacht oder eine Geschäftsreise unternommen. Im Jahr 2013 zählte der Hotelverband Deutschland 412 Millionen Übernachtungen. Der Zimmerpreis ohne Frühstück und Mehrwertsteuer lag im Schnitt bei 94 Euro. Die Hotelpreise liegen damit deutlich unter dem europäischen Durchschnitt von 101 Euro. Die Hotellerie kam zuletzt auf einen Umsatz von 21,2 Milliarden Euro.
Insgesamt gibt es in Deutschland rund 36 600 sogenannte Beherbergungsstätten, davon rund 11 000 klassische Hotels. Der Rest sind Gasthöfe und Pensionen. Vor allem der Markt für Billighotels wächst. Allein die Anbieter Ibis, B&B, Motel One und Holiday Inn haben inzwischen 349 Häuser. Insgesamt beschäftigt die Branche in Deutschland rund 468 000 Mitarbeiter. Die Zahl hat in den vergangenen Jahren zugenommen.
Müller strebt jedenfalls nach mehr. Neben der europäischen Expansion schaut er sich auch weiter in Deutschland um. Ob vielleicht auch ein Hotel in Halle entstehen könnte? „Ich kenne die Situation dort nicht, aber ich werde sie mir anschauen“, sagt er mit einem Lächeln auf den Lippen.
Niedrige Bettenauslastung im Land
Die Situation auf dem hiesigen Markt ist alles andere als einfach, weshalb die Ketten bisher auch einen Bogen um das Land machten. „Die Auslastungsquote liegt unter 40 Prozent“, sagt Antje Bauer, Geschäftsführerın der Industrie- und Handelskammer Halle-Dessau (IHK). Das heißt, im Durchschnitt sind nur vier von zehn Betten belegt. Zum Vergleich: Motel One gibt seine Auslastung mit über 75 Prozent an. Die geringe Auslastung führt nach Worten von Bauer auch dazu, dass die Preise in Sachsen-Anhalt eher moderat sind. Die Low-Budget-Hotels können da kaum punkten. Allerdings gibt es im Hotelgewerbe einen Investitionsstau. Laut IHK schieben einige Häuser Modernisierungen aus Kostengründen auf. Das bietet neuen Konkurrenten Angriffsmöglichkeiten.
Kleine, oft familiengeführte Hotels können nach Ansicht von Bauer allerdings mit ihrem Service punkten. „Gäste werden persönlich betreut, auf ihre Wünsche wird eingegangen“, sagt sie. Das kann beim speziellen Frühstücksei beginnen und endet bei Zimmern mit individueller Note.
Wie Motel One in Magdeburg ankommt, wird sich zeigen. In Leipzig funktioniert das Konzept bereits bestens. Nach der Eröffnung des ersten Hauses 2009 folgte 2014 das zweite - beide Standorte in bester Innenstadtlage.