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Mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt Mehr Pflanzenschutzmittel eingesetzt: Chemiekeule für gelbe Rapsfelder

Von Steffen Höhne 14.05.2015, 09:18
Ein Landwirt spritzt Pflanzenschutzmittel auf ein Rapsfeld.
Ein Landwirt spritzt Pflanzenschutzmittel auf ein Rapsfeld. dpa Lizenz

Halle (Saale) - Strahlend gelbe Rapsfelder soweit das Auge reicht. Die Ölpflanze ist für die Landwirte wirtschaftlich attraktiv und wird daher auf 180.000 Hektar in Sachsen-Anhalt angebaut. Doch Schädlinge bereiten den Bauern in diesem Jahr große Probleme. Vor allem Rapserdflöhe bedrohen die Ernte, die Landwirte greifen daher deutlich öfter zur chemischen Keule.

Die Agrargenossenschaft „Am Kyffhäuser“ in Riethnordhausen (Mansfeld-Südharz) baut in diesem Jahr auf 650 Hektar Raps an. „Im Herbst mussten wir deutlich mehr Pflanzenschutzmittel einsetzen als sonst“, sagt Vorstand Gerhard Maul. Für den Betrieb ist dies zeit-, vor allem aber kostenaufwendig.

Die Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in Bernburg hat ermittelt, dass sich der Einsatz von Schutzmitteln vervierfacht hat. Den Hintergrund erläutert Dezernent Christian Wolff: Es gebe seit vergangenem Jahr ein EU-weites Einsatzverbot für drei der verbreitetsten Neonikotinoide - Nervengifte.

Es besteht der Verdacht, dass durch das Pestizid der Orientierungssinn und die Fruchtbarkeit von Bienen gestört wird. Das Gift soll mit zum Bienensterben in Deutschland beitragen. Wissenschaftlich ist dies allerdings umstritten. Bei Honigbienen fehlt dafür ein unumstößlicher Nachweis. Zuletzt ermittelten Forscher der Universität Newcastle (Großbritannien) aber in einer Untersuchung, dass Wildbienen durch die Mittel sterben. Umweltschützer befürchten auch negative Auswirkungen auf Vögel und Fische.

Jetzige Praxis umweltschonender

In der Vergangenheit wurde Rapssaatgut mit dem Insektizid vorbehandelt. Es verteilt sich beim Wachstum auf die gesamte Pflanze, ist also später auch im Pollen und Nektar zu finden. Die Landwirte mussten daher selbst weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen. Das spart Geld.

Der Pestizid-Experte Tomas Brückmann vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hält die jetzige Praxis für umweltschonender. Die Bauern würden jetzt zwar selbst mehr Pflanzenschutzmittel einsetzen, aber nur wenn es wirklich nötig sei. Bei vorbehandelten Saatgut gelange das Pestizid auf jeden Fall in die Umwelt. „Bei Neonikotinoide handelt es sich um Nervengifte, die nichts auf den Feldern zu suchen haben“, sagt Brückmann. Der Chemiekonzern Bayer wollte dem BUND zwar gerichtlich untersagen, zu behaupten, dass die eingesetzten Mittel für „Bienen gefährlich“ sind. Der Konzern unterlag im März 2015 allerdings vor dem Landgericht Düsseldorf.

Um gegen Schädlinge vorzugehen, bleibt den Landwirten nun nur der Einsatz von Sprühmitteln, erläuterte zuletzt Christian Apprecht, Sprecher des Bauernverbandes Sachsen-Anhalt. Die eingesetzten Spritzmittel seien auf Bienenverträglichkeit getestet. Häufig gebe es auch Absprachen mit Imkern, wann gespritzt werden könne.

Der Vorsitzende des Imker-Verbandes Sachsen-Anhalt, Falko Breuer, sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Bienen seien vor allem tagsüber von etwa 9 bis 18 Uhr unterwegs. In dieser Zeit sollte nicht gespritzt werden. Viele Bauern sähen es gerne, wenn die Imker ihre Bienenvölker an den Rapsfeldern abstellten, weil es höhere Erträge bringe, wenn die Bienen auf den Feldern seien. Die Imker könnten im Gegenzug guten Rapshonig ernten.

In Sachsen-Anhalt wurde der Rapsanbau in den vergangenen Jahren deutlich ausgeweitet. Die Anbaufläche verdoppelte sich seit dem Jahr 2000 (siehe Grafik). Die gestiegene Nachfrage geht vor allem auf die vielen neuen Ölmühlen zurück, die Biodiesel produzieren. Allein in Sachsen-Anhalt gibt es drei große Biodieselwerke. (mz)