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Lebensversicherung Lebensversicherung: Fragen und Antworten zum schrumpfenden Garantiezins

10.01.2014, 19:30
Die Lebensversicherung ist für Millionen Deutsche der wichtigste Baustein der privaten Altersvorsorge. Die niedrigen Zinsen nagen aber seit Jahren an den Erträgen.
Die Lebensversicherung ist für Millionen Deutsche der wichtigste Baustein der privaten Altersvorsorge. Die niedrigen Zinsen nagen aber seit Jahren an den Erträgen. dpa Lizenz

Halle (Saale)/MZ - Lebensversicherungen sind ein Klassiker der Altersvorsorge. Rund 90 Millionen Verträge gibt es derzeit in Deutschland. Seit geraumer Zeit reißen die schlechten Nachrichten jedoch nicht ab: Die Assekuranzen sind wegen der Niedrigzinsen in der Bredouille und kürzen die Gewinnbeteiligung. Nun empfehlen Versicherungsmathematiker auch noch, den Garantiezins für Neuverträge (die MZ berichtete) ab 2015 von derzeit 1,75 auf 1,25 Prozent zu senken - in den 1990er Jahren waren es noch vier Prozent. Die Verunsicherung bei den Kunden wächst. Unser Redakteur Jürgen Badstübner sprach mit Sven Kretzschmar, Versicherungsexperte bei der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt.

Wird die Lebensversicherung ein Auslaufmodell?

Kretzschmar: Wenn der Garantiezins bei Lebensversicherungen, wie jetzt von einem Expertengremium vorgeschlagen wurde, ab 2015 gesenkt werden sollte, werden Lebens- und Rentenversicherung noch unattraktiver als sie bislang schon sind. Damit könnten diese tatsächlich zum Auslaufmodell werden.

Was passiert mit bestehenden Verträgen und lohnt sich

eine Kündigung?

Kretzschmar: Für bestehende Lebens- und Rentenversicherungen ändert sich nichts, da weiterhin der Garantiezins zu Grunde gelegt wird, der bei Vertragsabschluss vereinbart wurde. Vertraglich Zugesichertes muss also eingehalten werden, egal wie tief die Zinsen sinken. Das Risiko trägt in diesem Fall der Versicherer. Nur für Neuverträge hat eine Garantiezinssenkung entsprechende Auswirkungen. Kunden, die bereits seit Jahren in eine Lebensversicherung einzahlen beziehungsweise deren Vertrag in absehbarer Zeit ausläuft, sollten sich nicht verunsichern und zur Kündigung überreden lassen. Nur im Einzelfall kann ein vorzeitiger Ausstieg aus solchen Alt-Versicherungsverträgen notwendig und sinnvoll sein. Wer beispielsweise einen älteren Versicherungsvertrag mit einer Verzinsung von drei Prozent oder mehr hat, kann durchaus dabeibleiben. So viele Zinsen bekommen Kunden mit einer sicheren Geldankage nicht. Wer aber Schulden hat, zum Beispiel weil er ein Haus gekauft hat, kann das Geld der Lebensversicherung auch zur Sondertilgung nutzen. Das ist immer günstiger, als hohe Kreditzinsen zu zahlen.

Die Verzinsung von Lebensversicherungen setzt sich vor allem aus dem Garantiezins und der Überschussbeteiligung zusammen. Mit dem Garantiezins können Kunden nach Abzug von Vertragskosten sicher rechnen. Die Versicherungsmathematiker legen für ihre Berechnungen die Rendite von europäischen Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren und einer sehr guten Bonität zugrunde, zum Beispiel Bundesanleihen. Der Garantiezins darf höchstens 60 Prozent dieses Werts betragen. Das Problem: Seit Anleger in der Euro-Schuldenkrise in die als sicher geltenden Papiere flüchten und die Europäische Zentralbank im Kampf gegen die Krise die Märkte mit günstigem Geld flutet, ist die Rendite dieser Staatsanleihen kräftig gesunken. Ob der Garantiezins tatsächlich auf 1,25 Prozent gesenkt wird, entscheidet das Bundesfinanzministerium. Der Zeitpunkt steht noch nicht fest.

Die Branchenriesen Allianz und Ergo bieten inzwischen auch Lebensversicherungen mit abgespeckten Renditegarantien an und stellen höhere Zinsen in Aussicht, wenn das Zinsniveau wieder ansteige. Was halten Sie von solchen Angeboten?

Kretzschmar: Nicht viel. Verschiedene Versicherer versuchen hier aus den Garantiezinsversprechen heraus zu kommen und nur den Erhalt der eingezahlten Beiträge zumindest zum Ende der Vertragslaufzeit zu garantieren. Das bedeutet, dass es bei solchen Angeboten keinen Mindestzins mehr gibt, dafür aber die Aussicht auf eine höhere Überschussbeteiligung als bei bisherigen Lebensversicherungen. Doch die Überschüsse können schwanken und sind nicht garantiert. Jede vorzeitige Kündigung dieses neuen Produktes führt außerdem zu deutlich höheren Verlusten als bei einer Sparanlage.

Welche Alternativen zur Lebensversicherung können Sie Verbrauchern empfehlen?

Kretzschmar: Alternativen hängen von mehreren individuellen Faktoren ab: Den Lebensumständen, den Anlagezielen, der Risikoneigung und Anlegermentalität sowie der Frage nach Verfügbarkeit und Sicherheit. Dafür gibt es nicht das Produkt, sondern einen Mix aus verschiedenen Anlageformen als eine sinnvolle Form des Vermögensaufbaus. Neben Spareinlagen wie Tages- und Festgeld, sind zum Beispiel Fonds eine Alternative. Auch ein Immobilienerwerb kann eine Alternative sein, um fürs Alter vorzusorgen. Hier muss aber genügend Eigenkapital vorhanden und eine langfristige Finanzierung gewährleistet sein. Die Möglichkeit staatlicher Förderung über Riester-und Rürup-Rente, Arbeitnehmer-sparzulage oder Wohnungsbauprämie zu nutzen, können gegebenenfalls Argumente für entsprechende Angebote sein. Es ist auf jeden Fall empfehlenswert, sich zu den verschiedenen Anlagemöglichkeiten ausführlich und unabhängig beraten zu lassen.

Weitere Infos im Netz: www.vzsa.de