Köstritzer Schwarzbierbrauerei Köstritzer Schwarzbierbrauerei: Thüringer Edel-Biere

Bad Köstritz - Im Sudhaus der Köstritzer Schwarzbierbrauerei riecht es fast süßlich. In einem meterhohen Edelstahltank wird Malz mit Wasser gemischt. Hier beginnt die Herstellung von Deutschlands beliebtesten Schwarzbier. Die Kessel sind auch Ausgangspunkt der Pils-Herstellung. Seit einigen Monaten werden in Bad Köstritz jedoch auch Pale Ale, ein Witbier, und neuerdings auch ein Red Lager gebraut. Das Thüringer Unternehmen setzt auf einen neuen Trend in der deutschen Bierbranche: die sogenannten Craft-Biere.
„Craft“ bedeutet Handwerk, wer „Kraftbier“ versteht, liegt auch nicht falsch. In den USA entstanden in den vergangenen zehn Jahren hunderte kleine Brauereien, die hopfenbetonte oder fruchtige Biere herstellen. Während für 100 Liter Bier durchschnittlich 100 Gramm Hopfen eingesetzt werden, ist es bei den Craft-Bier-Brauern mitunter das zehnfache. Auch Deutschland kommt langsam auf den Craft-Bier-Geschmack. Vor allem in Großstädten wie Hamburg, Berlin und München sprießen Mini-Brauereien aus dem Boden. Sie heißen Ratsherrn, Heidenpeters oder Camba Bavaria.
Auch Beck’s steigt in den Markt ein
Mit Köstritzer, die zur Bitburger Braugruppe gehört, ist seit vorigem Jahr nun eine größere Brauerei in das Geschäft eingestiegen. „Wir sind mit unserem Schwarzbier ohnehin eine Spezialitätenbrauerei“, sagt Geschäftsführer Andreas Reimer. „Von daher passen die neuen Spezialbiere gut zu uns.“ Neben einem neuen Kellerbier werden drei sogenannte „Meisterwerke“ angeboten. Nach Worten von Reimer sind die Biere in der Versuchsbrauerei in Bitburg und in Bad Kösen kreiert worden. „Wir haben die Rezeptur entwickelt und es hat gleich funktioniert“, sagt Alfred Pitschel, technischer Geschäftsführer. Die Rezeptur ist freilich geheim. Doch soviel verrät Pitschel: Im Pale Ale sei viermal soviel Hopfen wie in einem normalen Pils. Das Witbier werde unter anderem mit Koriander gebraut. Mit dem deutschen Reinheitsgebot ist dies nicht vereinbar und läuft daher unter dem Label Spezialbier. „Wir stehen zum deutschen Reinheitsgebot. Dies sollte uns aber nicht völlig limitieren“, sagt Reimer. Im Handel lässt Köstritzer die bereits prämierte Edition „Meisterwerke “ beim Handelsriesen Real testen. Der Preis für vier Flaschen liegt mit 4,99 Euro deutlich über dem von Schwarzbier. Nach Einschätzung des Köstritzer-Chefs werden die neuen Biere auf absehbare Zeit ein Nischengeschäft bleiben. Doch würden mit den Sorten nicht nur klassische Bierfreunde angesprochen, sondern auch junge Konsumenten, die bisher wenig Bier trinken.
Die Fußball-Weltmeisterschaft, milde Temperaturen im ersten Halbjahr und ein freundliches Konsumklima haben die Deutschen 2014 wieder öfter zum Bier greifen lassen. Pro Person lag der Konsum von alkoholhaltigem und alkoholfreiem Bier im Schnitt bei 107 Litern, wie der Deutsche Brauer-Bund mitteilte. Damit sei der Pro-Kopf-Verbrauch nach einem kontinuierlichen Rückgang seit vielen Jahren erstmals wieder leicht gestiegen.
Insgesamt sind in den mehr als 1 300 deutschen Braustätten im vergangenen Jahr rund 95 Millionen Hektoliter alkoholhaltige und alkoholfreie Biere produziert worden. Im Jahr 2013 hatte der Absatz bei etwa 94,6 Millionen Hektolitern gelegen, so der Brauer-Bund. Im Jahr 2006, als die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland ausgetragen wurde, waren es noch 106,8 Millionen Hektoliter gewesen. Trotzdem ist Deutschland mit Abstand die größte Brauerei-Nation in Europa.
Die Frage ist, ob auch größere Brauereien glaubwürdig für Craft-Biere stehen können. Mitte März hat der Bierriese AB Inbev mit seiner deutschen Marke Beck’s drei Craft-Biere in den Handel gebracht. So wird unter anderem ein Beck’s Pale Ale angeboten. Der kleine Hamburger Craft-Bier-Hersteller Ratsherrn sieht die Konkurrenz durchaus positiv. „Die großen Brauereien haben mehr finanzielle Kraft, die Biersorten bekannt zu machen. Davon profitieren am Ende auch wir“, sagt Jan Hrdlichka von Ratsherrn. Das breite Angebot an Hopfensorten könnten die größeren Wettbewerber ohnehin nicht anbieten.
Ist US-Trend übertragbar?
Viele Bierfachleute sind allerdings skeptisch, ob der US-Boom auf Deutschland übertragbar ist. Hierzulande gibt es über 1 300 Braustätten. Gerade in Süddeutschland stellen hunderte Unternehmen sehr individuelle Biere her. „Ist ein helles Bockbier nicht auch eine Spezialität“, fragt ein Bierexperte. Der deutsche Biermarkt sei viel vielfältiger als der in den USA. Noch besitzen die Craft-Biere einen Marktanteil unter einem Prozent, doch das Wachstum ist hoch. Laut der Gesellschaft für Konsumforschung ist der Umsatzanteil regionaler Biere im ersten Halbjahr 2014 um vier Prozentpunkte gestiegen, während nationale Pilsmarken 0,6 Prozent verloren.
Die Köstritzer mit 160 Mitarbeitern setzen auf Wachstum. Zu DDR-Zeiten stellte der Betrieb 12 000 Hektoliter Schwarzbier her. Dieses gab es meist nur unter dem Ladentisch. Heute sind es 400 000 Hektoliter. In dem Segment ist Köstritzer mit einem Marktanteil von 30 Prozent Marktführer. „Den Erfolg wollen wir auf die neuen Sorten übertragen“, sagt Reimer. „Mit unserer Braukompetenz brauchen wir den Vergleich mit den Craft-Bierbrauern sicher nicht scheuen“. (mz)