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Konkurrenz privater Anbieter Konkurrenz privater Anbieter: Lotto bangt um sein Monopol und das Gemeinwohl

Von Simon Berninger 17.09.2018, 15:06
Eine Kundin füllt einen Eurojackpot-Lotterie-Schein aus. (Symbolbild)
Eine Kundin füllt einen Eurojackpot-Lotterie-Schein aus. (Symbolbild) dpa

Berlin - Für Torsten Meinberg, Geschäftsführer des Deutschen Lotto- und Totoblocks (DLTB), ist sich sicher: „Andere Unternehmen würde ordentlich auf den Putz hauen und ihre guten Taten natürlich sofort nach außen stellen. Das tun wir aber nicht.“ Kaum verwunderlich, denn der Glücksspielstaatsvertrag, auf dem Lotto basiert, verbietet dem DLTB exzessive Werbung für die eigene Sache. Um „das Entstehen von Glücksspielsucht und Wettsucht zu verhindern“ und den „Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken“, heißt es im Gesetz.

40 Prozent der Spieleinnahmen fließen an die Bevölkerung zurück

Darum hält der DLTB auch weithin hinter dem Berg damit, dass rund 40 Prozent der Spieleinnahmen von „6 aus 49“, Eurojackpot und Co. über Lotterieabgaben an die Bevölkerung zurückfließen. Das ist das sogenannte Gemeinwohlmodell für den guten Zweck: Im vergangen Jahr gingen vom 7,05 Milliarden schweren DLTB-Umsatz rund 2,8 Milliarden Euro an Wohlfahrt, Sport, Kultur und Umweltschutz.

Einer der Empfänger ist das Deutsche Rote Kreuz (DRK), das am Montag zusammen mit dem DLTB zu einer Pressekonferenz in Berlin eingeladen hat. Anlass war die gemeinsame Sorge um das Gemeinwohlprinzip, von dem alle beteiligten Partien profitieren: der DLTB, der seinem Zweck gerecht werden will, und das DRK, das sich der Fördergelder seitens des DLTB sicher sein will. Dem machen private Anbieter im Internet zunehmend einen Strich durch die Rechnung. Bei Unternehmen wie „Lottland“, „Lottohelden“ oder „Tipp24“ wetten die Spieler beispielsweise auf den Ausgang einer staatlichen Lotterie. Die versprochene Gewinnsumme ist die Gleiche – und der Gewinn des Anbieters enorm, weil er weder Steuern noch Gemeinwohlbeiträge abführt.

Ein Fall von „Produktpiraterie“?

Für Meinberg ein klarer Fall von „Produktpiraterie“: „Die Unternehmen gaukeln den Spielern vor, sie würden deutsches Lotto spielen. In Wirklichkeit gehen die Gelder komplett ins Ausland.“ Denn die Unternehmen haben ihren Firmensitz nicht in Deutschland. Nach Zahlen der deutschen Glücksspielaufsichten flossen so im Jahr 2016 rund 600 Millionen Euro an Spieleinsätzen ins Ausland. Abzüglich der ausgeschütteten Gewinne lag der Unternehmensgewinn bei fast 300 Millionen Euro. Unter dem Strich „eine Größenordnung, die mittlerweile gesellschaftsschädlich ist“, findet Meinberg.

Das sieht DRK-Generalsekretär Christian Reuter, Nutznießer des Gemeinwohlprinzips, genauso: „Das sind natürlich Gelder, die in der Wohlfahrtsarbeit fehlen.“ Wenn Spielwütige bei privaten Anbietern statt beim DLTB tippen, „reißt das Löcher unter anderem bei uns ein“. Diese könnten von keiner anderen Seite aufgefangen werden. „Denn es ist eine Illusion zu glauben, dass Vater Staat mehrere hundert Millionen einfach nachschießt.“

Glücksspielmarkt in Deutschland liberalisieren?

Umso ärgerlicher für den DLTB und dessen caritative Profiteure, dass derzeit debattiert wird, den Glücksspielmarkt in Deutschland sogar für private Anbieter zu liberalisieren und Anbieter der de facto existierenden Online-Angebote nicht ins Ausland zu drängen. Zuletzt scheiterte eine Reform des aktuellen Glücksspielstaatsvertrags, nachdem Schleswig-Holstein das bisher geltende Verbot von Online-Glücksspielen nicht mehr mittragen wollte. Rechtlich ist das kein unumstrittenes Verbot, unter anderem deshalb, weil verfassungsrechtliche Verbote privater Angebote im Ausland nicht vollstreckbar sind. Andere Sanktionen – etwa das Blockieren der Zahlungsströme – halten Juristen für rechtswidrig.

Trotzdem hält Meinberg nichts von Liberalisierungen auf dem Glücksspielmarkt, die etwa Dänemark bereits auf den Weg gebracht hat. Ein Negativbeispiel für den DLTB-Geschäftsführer angesichts des „riesigen Werbeaufwands“, der der Preis der Liberalisierung sei: „Die staatlichen, gemeinwohlorientierten Lotterien mussten mittlerweile ihren Werbedruck erhöhen, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden.“ Davon sei die Bevölkerung genervt, gleichzeitig sei die Zahl der spielsuchtgefährdeten Personen enorm gestiegen. „Wenn man das auf Deutschland übertragen würde, sind wird dann nicht mehr weit weg von einer Zockerrepublik.“
Eine Aussicht, die weder Meinberg noch Reuter gefällt. Beide hoffen daher, dass die Bundesministerkonferenz Ende Oktober eine Liberalisierung abwendet.