Keine Subventionen mehr Keine Subventionen mehr: Hunderte Windkraftanlagen in Sachsen-Anhalt vor dem Aus

Halle (Saale) - Der Ausbau der Windkraft könnte ins Stocken geraten: Jede zehnte Windkraftanlage in Sachsen-Anhalt droht nach dem Jahr 2020 die Verschrottung. Das sind rund 300 von derzeit 3 000. „Der wirtschaftliche Betrieb der voll funktionsfähigen Windmühlen rechnet sich dann wahrscheinlich nicht mehr“, warnt Ruth Brand-Schock vom Landesvorstand Sachsen-Anhalt des Bundesverbandes Windenergie (BWE).
Hintergrund ist: Ab 2021 läuft die 20-jährige Förderung aller Windkraftanlagen aus, die vor dem Jahr 2000 gebaut wurden. Diese müssen dann ohne Subventionen wirtschaftlich betrieben werden. „Beim aktuellen Börsenstrompreis wäre das aber nicht möglich“, so Brand-Schock.
In ganz Deutschland sind tausende Anlagen betroffen, ergab eine Studie der Beratungsfirma Wind-Guard im Auftrag von Naturstrom und Deutscher Umwelthilfe (DUH). Allein am 31. Dezember 2020 endet für rund 6 000 Windenergieanlagen die EEG-Vergütung. Bis 2026 kommen von da an jährlich rund 1 600 Windräder in diese Situation.
Windräder in Sachsen-Anhalt: Förderung läuft 2021 aus
Zwar scheint 2021 noch weit weg. „Viele Windmüller stehen aber schon jetzt vor der Frage, ob sie Weiterbetriebsgutachten in Auftrag geben und Service- sowie Pachtverträge neu aushandeln“, erläutert Anna-Kathrin Wallasch von Wind-Guard.
Die EEG-Förderung sichert den Windmüllern aktuell staatlich festgelegte Einspeisevergütungen von etwa 8,5 Cent je Kilowattstunde für Neuanlagen. In den 2000er Jahren waren die Anlagen weniger effizient, dafür die Vergütung aber auch noch höher.
Wie Wind-Guard errechnet hat, benötigen die alten Windräder je nach Typ und Lage zwischen drei bis fünf Cent je Kilowattstunde Erlöse, um künftig auch ohne Förderung rentabel weiter zu laufen. Die Börsenstrompreise lagen 2016 im Mittel aber nur bei knapp drei Cent je Kilowattstunde Strom.
Verschärft wird die Situation dadurch, dass beispielsweise in Sachsen-Anhalt rund 1 000 ältere Anlagen außerhalb sogenannter Vorranggebiete stehen. Das heißt, an diesen Standorten dürfen keine neuen Anlagen alte ersetzen. Die Lebensdauer eines Windrades liegt laut Fachleuten bei etwa 25 Jahren. Nur in den Windvorranggebieten darf noch gebaut werden, doch da ist der Platz knapp und teuer.
DUH-Energieexperte Peter Ahmels zeichnet düstere Szenarien: „Es wird bei der Windenergie schlimmstenfalls Jahre brauchen, um die wegfallenden alten Anlagen durch Neubau auszugleichen.“ DUH und der Windenergie-Verband BWE fordern daher die Abschaltung von Kohlekraftwerken, die besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid ausstoßen. Gehen große Kohlemeiler vom Netz, so die Annahme, verknappt sich das Stromangebot und die Börsenpreise steigen.
Wirtschaftsforscher Joachim Ragnitz vom Ifo-Institut in Dresden hält diese Ansicht für „reinen Lobbyismus“. Die veralteten Windräder hätten den Betreibern satte Gewinne eingebracht. „Warum sollen die abgeschriebenen Anlagen durch neue Markteingriffe noch einmal Zusatzgewinne abwerfen?“, fragt Ragnitz.
Er sehe dafür keinen Grund. Zudem seien für den niedrigen Börsenstrompreis, bei dem sich auch Kohle- und Gaskraftwerke nicht rentieren, die Windmüller mit verantwortlich. So fällt in sehr windstarken Zeiten aufgrund eines Überangebots von Strom der Börsenpreis mitunter in den negativen Bereich. (mz)