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Kaufhof-Chef Neuwald im Interview Kaufhof-Chef Roland Neuwald im Interview: "Alle müssen helfen Kaufhof fit zu machen"

Von Evelyn Binder 26.06.2018, 17:13
Kaufhofchef Roland Neuwald
Kaufhofchef Roland Neuwald Grönert

Köln - Roland Neuwald, Jahrgang 1964, ist seit November 2017 Vorsitzender der Geschäftsführung der Galeria Kaufhof GmbH in Köln. Der gelernte Einzelhandelskaufmann, der in Hilden wohnt, arbeitete lange bei Coop, Allkauf und der Metro-Tochter Real. Von 2013 bis zu seinem Wechsel zu Kaufhof war er als Berater für verschiedene Unternehmen tätig.

Herr Neuwald, was ist dran an den Gerüchten über eine Übernahme von Kaufhof durch Karstadt-Eigner Benko? HBC hat vor wenigen Monaten noch betont, man stehe zu Kaufhof.

Spekulationen hat es immer wieder geben, wir kommentieren das aber nicht. Unser Interesse ist voll und ganz auf das Wohl der Mitarbeiter und die Zukunft von Galeria Kaufhof gerichtet.

Was bedeutet das für Ihr Sanierungsprogramm und die Gespräche mit Verdi?

Wir haben das klare Ziel, Kaufhof für die Zukunft erfolgreich aufzustellen. Dafür haben wir Anfang 2018 ein Sanierungs- und Transformationsprogramm aufgesetzt und erste Fortschritte erzielt. Diesen Kurs setzen wir konsequent fort.

Als HBC übernommen hat, wurde Kaufhof als Perle gelobt. Zwei Jahre später ist das Unternehmen ein Sanierungsfall. Das ist höflich formuliert schon erklärungsbedürftig.

Das Warenhaussegment und der innerstädtische Handel haben sich nicht gerade zu unseren Gunsten entwickelt. Der Druck der Online-Anbieter hat rasant zugenommen. Wenn Sie dieser Entwicklung dann mit steigender Kostenbasis begegnen müssen, ist das schwer lösbar.

„Wasser unter den Kiel kriegen“

Deshalb verhandeln Sie mit Verdi über einen Sanierungstarifvertrag. Wie ernst ist die Lage?

Wir müssen wieder Wasser unter den Kiel kriegen und ein solides Geschäftsmodell aufbauen. Deshalb brauchen wir eine Entlastung bei den Personalkosten. Das ist aber nur eine Säule unseres Sanierungsprogramms: Wir modernisieren Filialen, bringen das Online-Geschäft voran und wollen Umsatz und Ertrag steigern. Bis 2020 wollen wir eine schwarze Null erreichen. Bis 2022 soll das Programm seine volle Wirkung entfalten.

Herbe Einschnitte haben Sie angekündigt: 400 von 1600 Stellen werden in der Kölner Hauptverwaltung gestrichen. Wie weit sind Sie?

In einer ersten Phase wollen wir 300 Stellen abbauen. Für 95 Prozent dieser Stellen haben wir bereits Lösungen gefunden – über Abfindungszahlungen und Altersteilzeit etwa. Das greift schon dieses Jahr. Bis 2020 sollen weitere 100 Stellen wegfallen. Dafür müssen wir aber noch andere Prozesse implementieren. Mehr digital, weniger analog.

Aber die Zentrale bleibt in Köln?

Galeria Kaufhof hat seine Wurzeln in Köln, daran wollen wir nicht rütteln.

Welchen Beitrag leisten die Arbeitgeber?

Alle müssen helfen, Kaufhof fit für die Zukunft zu machen: Eigentümer, Arbeitnehmer, Vermieter. Auch Lieferanten, bei denen wir einen Sanierungsbeitrag von zwei Prozent erreichen wollen.

Geholfen hätte ja auch, wenn HBC die Mieten für die Warenhäuser gesenkt hätte.

HBC gehören nur 40 von 96 Standorten. Die HBC-Mieten sind auf marktüblichem Niveau. Wir haben bereits mit vielen Vermietern niedrigere Mieten vereinbaren können.

Aber nicht mit HBC?

Das ist nicht erforderlich. Der Großteil der Mieten verbleibt ja im Unternehmen und wird reinvestiert.

Von einst 110 Filialen sind 96 geblieben. Planen Sie weitere Schließungen? Auch in NRW?

Selbstverständlich schauen wir uns bei jedem auslaufenden Mietvertrag an, wie wirtschaftlich der Standort ist und ob es noch Sinn macht, ihn weiter zu betreiben. Eine Mietreduzierung hilft. Es ist denkbar, dass noch der eine oder andere Standort aufgegeben wird. Ein großes Schließungsprogramm ist aber nicht geplant.

„Wir müssen emotionaler werden“

Hat denn das Warenhaus aus Ihrer Sicht eine Zukunft? Und wie sieht die aus?

Das Warenhaus hat definitiv eine Zukunft. Aber wir brauchen eine stärkere Differenzierung der Sortimente und individuelle Lösungen von Standort zu Standort. Wir müssen emotionaler werden und stationär noch mehr Dinge bieten, die uns vom Internet unterscheiden. Kunden erwarten ein Erlebnis. Externe Partner wie Sephora und Top Shop machen uns für Kunden attraktiver. In mittleren und kleineren Städten haben Warenhäuser auch eine wichtige Nahversorgerfunktion.

Wo haben Sie Investitionen geplant?

Digitalisierung ist ein großes Thema. Aber wir müssen auch in die Warenhäuser investieren. NRW wird in diesem Jahr mit 50 Millionen Investitionsschwerpunkt. Alle Großprojekte sind in NRW: Bonn, Köln (Hohe Straße), Düsseldorf, Aachen, Oberhausen, Düren. Aktuell leiden wir vielerorts unter einer schlechten städtebaulichen Planung. Die Zeiten, in denen wir allein aus nostalgischen Gründen ein Warenhaus in vielen Nebenstädten betreiben, sind vorbei.

Hintergrund: Galeria Kaufhof betreibt 96 Filialen in Deutschland

Galeria Kaufhof betreibt 96 Filialen in Deutschland und beschäftigte zuletzt knapp 17.000 Mitarbeiter. In der Kölner Zentrale sollen bis 2020 rund 400 von 1600 Arbeitsplätzen „sozialverträglich“ gestrichen werden. 2015 wurde die Kette für 2,8 Milliarden Euro vom Düsseldorfer Metro-Konzern an die kanadische Hudson's Bay Company (HBC) verkauft. Zahlen nur für Kaufhof werden nicht mehr veröffentlicht. HBC meldete aber, dass in Europa die Verkaufserlöse des Konzerns im zweiten Quartal um 6,6 Prozent eingebrochen sind.

Wettbewerber Karstadt eröffnet in wenigen Monaten die 81. Filiale in Berlin. Das Unternehmen kommt aus der Insolvenz, schreibt aber dank eines harten Sanierungskurses inzwischen wieder Gewinn. Karstadt zahlt aktuell nicht nach Tarif, will aber in den nächsten Jahren dahin zurückkehren. Aktuell liegen die Personalkosten bei Karstadt nach Angaben von Kaufhof um 15 Prozent unter denen des Kölner Warenhauskonzerns.

Im Jahr 2014 hatte die Signa-Holding des österreichischen Investors René Benko den angeschlagenen Karstadt-Konzern von Nicolas Berggruen übernommen. Nach Galeria Kaufhof streckt Benko nun schon seit längerem die Fühler aus. Bislang wurden die Offerten immer abgelehnt – sowohl vom Voreigentümer Metro als auch von HBC aus Kanada.