Kaiser's Tengelmann Kaiser's Tengelmann: Kartellamt will Verkauf an Edeka verbieten
Köln - Das Kartellamt will dem Tengelmann-Konzern den Verkauf seiner defizitären 451 Supermärkte an Branchenprimus Edeka verbieten. Das geht aus dem sogenannten Entscheidungsentwurf hervor, den die Bonner Behörde gerade verschickt hat. Die bisherigen Ermittlungen hätten ergeben, dass die geplante Übernahme der Kaiser’s-Tengelmann-Kette „zu einer Verdichtung der ohnehin stark konzentrierten Marktstrukturen führen würde“, sagte Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts. Das treffe insbesondere auf Berlin, München und einzelne größere Städte im Ruhrgebiet zu. Gemeint ist damit, dass Edeka und der Rivale Rewe nebst ihrer Discounter Netto und Penny in vielen Kommunen als einzige Lebensmittelmittelketten übrig bleiben würden, die die Funktion von Nahversorgern in den Stadtteilen mit umfänglichem Warensortiment und vielen Markenartikeln erfüllen. Bei solch einem stark eingeschränkten Wettbewerb ist die Gefahr groß, dass die beiden Anbieter, ohne sich ausdrücklich absprechen zu müssen, die Preise für die Kunden in die Höhe treiben. Edeka würde nach Einschätzung des Kartellamts durch den Deal in der Hauptstadt und in München Marktanteile von deutlich mehr als zehn Prozent hinzu gewinnen.
Auch auf die Lieferanten der Handelsketten hätte die Übernahme aus Sicht der Wettbewerbsexperten gravierende Auswirkungen: Den Herstellern würde eine „Absatzalternative“ wegbrechen. Edeka hätte also bei den Verhandlungen über Liefer-Konditionen eine noch stärkere Position, könnte die Einkaufspreis weitere drücken. Ein Verschwinden von Tengelmann verschlechtert laut Kartellamt überdies die Lage von mittelständischen Händlern. Denn diese würden einen Partner verlieren, mit sie die derzeit noch den Einkauf gemeinsam organisieren, um Rabatte bei den Herstellern herauszuschlagen. Die Behörde spricht von „einer erheblichen Behinderung des wirksamen Wettbewerbs auf verschiedenen Beschaffungsmärkten“.
Transaktion im Oktober angekündigt
Mit dieser vorläufigen Einschätzung ist Tengelmann und Edeka noch nicht endgültig die Rote Karte gezeigt worden. Die Unternehmen können bis zum 26. Februar nun Stellungnahmen abgeben. Zudem können sie den Deal ummodeln, um doch noch das Ja-Wort aus Bonn zu bekommen. Die Frist für die endgültige Entscheidung läuft bis zum 6. März; sie kann aber verlängert werden, was als wahrscheinlich gilt.
Edeka und Tengelmann hatten die Transaktion im Oktober 2014 angekündigt. Schon damals hatte Mundt massive Bedenken kundgetan. Jede weitere Konzentration in der Branche werfe schwerwiegende wettbewerbsrechtliche Fragen auf, sagte Mundt seinerzeit dieser Zeitung. Er verwies dabei auf die einige Wochen zuvor vorgelegte Untersuchung desdeutschen Lebensmitteleinhandels. Das Ergebnis: Die Branchenriesen Edeka, Rewe, Aldi sowie die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) kommen auf einen Marktanteil von 85 Prozent. Jeder weitere Erwerb eines Lebensmitteleinzelhändlers durch einen der Vier bedürfe einer „vertieften Prüfung“, heißt es in dem Papier. Die Kartellexperten befürchten, dass der Lebensmittelhandel hierzulande gewissermaßen kippen und der Wettbewerb erheblich an Intensität verlieren könnte. Edeka-Chef Markus Mosa hatte hingegen bei einflussreichen Bundestagsabgeordneten Werbung für die Übernahme gemacht - mit dem Argument, Beschäftigte und Verbraucher profitierten von der Transaktion.
Keine Perspektive mehr
Die Tengelmann-Gruppe versucht seit geraumer Zeit, eine Lösung für die Lebensmittelsparte zu finden, die seit Jahren tiefrote Zahlen schreibt. Das Management sehe keine Perspektive mehr, die Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen, sagte Tengelmann-Chef Karl-Erivan Haub im Oktober. Mit einem Marktanteil von nur 0,6 Prozent sei die Supermarktsparte zu klein, um am Markt eine Chance zu haben. Der Konzern verdient längst sein Geld vor allem mit den Obi-Baumärkten und dem Kik-Textildiscounter.
Unter den Beschäftigten der Kaiser’s- und Tengelmann-Supermärkte kursiert seit Monaten die Angst, dass ein Verbot der Übernahme zur Schließung von Filialen in großem Stil und dem Abbau von vielen Arbeitsplätzen führen könnte. Das muss nach Ansicht von Insidern aber nicht zwangsläufig so sein. Denn erstens hätte Tengelmann immer noch die Möglichkeit Filiale für Filiale beispielsweise an Mittelständler zu verkaufen, was allerdings ein sehr mühsames Unterfangen wäre. Zudem besteht zweitens die Möglichkeit, dass ein Teil der Märkte aus dem Verkauf an Edeka herausgenommen wird, um einen Kompromiss mit dem Kartellamt zu finden. Dabei könnte es womöglich um Standorte in Berlin und München gehen. Schließlich hebt die Behörde in ihrer Mitteilung hervor, dass die Bedeutung von Kaiser’s Tengelmann „als einem regional stark aufgestellten Unternehmen deutlich über dessen - relativ geringen – bundesweiten Marktanteil hinausgeht.“ Gut möglich, dass dann für Märkte in Berlin oder München dann wiederum andere Käufer gesucht werden müssen.