IT-Firma aus Halle IT-Firma aus Halle: Itelligence AG erwirbt Gisa-Mehrheit

Halle (Saale)/MZ - Mehrere Monate zogen sich die Übernahmeverhandlungen hin. Am Freitagmittag um 13 Uhr wurden dann die Unterschriften unter die Verträge gesetzt und damit ist es nun auch amtlich: Das hallesche IT-Unternehmen Gisa wird mehrheitlich von der Itelligence AG aus Bielefeld (NRW) übernommen. 51 Prozent der Anteile hat die Itelligence vom bisherigen Mehrheitsgesellschafter Envia-M erworben.
Der Kaufpreis wurde nicht genannt. „Die Gisa ermöglicht uns den Eintritt in die Energiewirtschaft und das kommunale Geschäft. Beide Firmen ergänzen sich hervorragend“, sagte Itelligence-Vorstand Herbert Vogel. Gisa-Geschäftsführer Michael Krüger sieht durch den neuen Anteilseigner „noch größere Wachstumschancen.“
Gegenseitige Lobpreisungen gehören bei solchen Transaktionen meist dazu. Doch was bringt der Gisa, die eines der größten IT-Unternehmen Sachsen-Anhalts ist, der neue Gesellschafter und warum steigt der alte zumindest teilweise aus? Ein Blick in die Geschichte ist zur Beantwortung der Frage hilfreich: Die Gisa ist 1993 aus der Datenverarbeitung beim früheren Energiekombinat hervorgegangen und hat ihren Schwerpunkt im Geschäft mit Energieversorgern und Kommunen. So betreut sie unter anderem Abrechnungssysteme. Von einst 70 Mitarbeitern ist die Firma auf 600 Beschäftigte angewachsen. Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr auf 84,2 Millionen Euro, der Gewinn lag bei 5,2 Millionen Euro. Dennoch entfällt zwei Drittel des Geschäftes weiter auf die Envia-M, die bisher 74,9 Prozent der Anteile hielt.
Envia-M bleibt an Bord
Den Verkauf der Mehrheit begründet Envia-M-Vorstand Ralf Hiltenkamp am Freitag so: „Durch die Energiewende gibt es dramatische Veränderungen in der Energiewirtschaft. Wir müssen verstärkt ins Kerngeschäft investieren - Gisa gehört nicht dazu.“ Die Itelligence biete Gisa da eine gute Perspektive. Dies ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Wie Branchenkenner der MZ berichteten, sitzt die Envia-M-Mutter RWE auf einem hohen Schuldenberg, der abgebaut werden muss. „Da wird auch Tafelsilber abgegeben, das nicht unbedingt benötigt wird“, sagt ein Insider.
Verzichten kann Envia-M freilich auf seinen IT-Dienstleister keineswegs. Daher wurden nach Angaben von Hiltenkamp die Verträge bis 2019 verlängert. Für die Gisa bedeutet dies Planungssicherheit für die kommenden fünf Jahre. Zudem bleiben die Envia-M und der Zusammenschluss der Kommunen (Kowisa) weiter Anteilseigner. Wichtige unternehmerische Entscheidungen können nicht gegen ihren Willen beschlossen werden.
Itelligence-Vorstand Vogel sagte: „Wir wollen keine weiteren Anteile kaufen - vorerst.“ Dies macht deutlich, dass die Bielefelder durchaus gewillt sind, mehr zu bekommen. Dem kommunalen Anteilseigner Kowisa machte Itelligence aber bisher kein Angebot. „Wir sehen dies als positives Zeichen, dass man mit den Partnern vor Ort gut zusammenarbeiten will“, sagte Kowisa-Geschäftsführer Detlef Hillebrand.
Noch wichtiger für die Gisa-Mitarbeiter und die Region dürfte aber eine anderer Satz Vogels sein: „Die Gisa bleibt eigenständig.“ Das heißt, wichtige Management- und Vertriebsfunktionen, die bei Übernahmen oft in der Zentrale konzentriert werden, bleiben offenbar in Halle. Nach Worten von Vogel will die Itelligence dabei helfen, die Gisa zu entwickeln. Gerade im Geschäft mit Kommunen erwartet der Itelligence-Chef ein hohes Wachstum in den kommenden Jahren: Städte und Gemeinden würden zunehmend ihre Leistungen den Bürger über Internet anbieten. „Das Smartphone ersetzt den Gang zum Amt“, schwärmt Vogel. Doch dazu sei im Hintergrund ein IT-Dienstleister nötig.
Mutterkonzern sitzt in Japan
Die finanzielle Kraft, die Gisa voranzubringen, besitzt die Itelligence AG. Deren Ursprünge reichen bis 1989. Das Unternehmen mit einem Umsatz von 457,1 Millionen Euro hat nach eigenen Angaben mehr als 3 000 Mitarbeiter in 22 Ländern, 1 200 davon in Deutschland. Das Unternehmen arbeitet als Dienstleister etwa für Industriekunden, die SAP-Anwendungen für die Lagerhaltung oder Kundenmanagement verwenden.
Im vergangenen Jahr wurde Itelligence selbst von der NTT Data übernommen - ein auf IT spezialisiertes Unternehmen des japanischen Weltkonzerns NTT. Das heißt am Ende auch, dass Entscheidungen im fernen Tokio künftig auch bis nach Halle Auswirkungen haben könnten.