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Im Vergleich zum EU-Durchschnitt Im Vergleich zum EU-Durchschnitt: Arbeitskosten in Deutschland teurer geworden

Von Stefan Sauer 08.09.2015, 13:12
Arbeit in Deutschland ist im Frühjahr erneut teurer geworden. (Symbolbild)
Arbeit in Deutschland ist im Frühjahr erneut teurer geworden. (Symbolbild) dpa Lizenz

Berlin - Die Arbeitskosten in Deutschland sind mit einem Plus von 2,8 Prozent zum Vorjahresquartal in den ersten drei Monaten dieses Jahres kräftiger gestiegen als im EU-Durchschnitt. Für das zweite Quartal meldet das Statistische Bundesamt sogar einen Zuwachs von 3,1 Prozent.

Damit dürften die Lohnkosten im laufenden Jahr den zu erwartenden Produktivitätszuwachs deutlich übertreffen. Welche Konsequenzen hat das? Die Berliner Zeitung beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wie setzen sich die Arbeitskosten zusammen?

Sie bilden die Bruttoverdienste der Arbeitnehmer pro Stunde sowie die Lohnnebenkosten ab. Die Angaben der Statistiker sind um Wochenenden und Feiertage kalenderbereinigt. 2014 stiegen die Arbeitskosten in Deutschland um 1,9 und im Jahr davor um 1,7 Prozent. In diesem Jahr wird das Plus voraussichtlich höher ausfallen. Die Bruttoverdienste stiegen im zweiten Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 3,4 Prozent, die Lohnnebenkosten legten um zwei Prozent zu.

Maßgeblich für den Anstieg sind die guten Lohnabschlüsse. Dass die Lohnnebenkosten weniger stark steigen als die Bruttolöhne liegt an den Beitragsbemessungsgrenzen für die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen - und Rentenversicherung. Auf Einkommen oberhalb dieser Grenzen werden keine Sozialbeiträge erhoben.

Wie haben sich die Lohnkosten in anderen Ländern entwickelt?

Im EU-Durchschnitt sind die Arbeitskosten in den ersten drei Monaten 2015 um 2,5 Prozent gestiegen, im Euroraum waren es 2,2 Prozent. Deutschland liegt mit 2,8 Prozent gleichauf mit Großbritannien im oberen Mittelfeld. Die höchsten Zuwächse verzeichneten Lettland (plus 7,3 Prozent), Rumänien (7,1 Prozent) und Bulgarien( 6,9), gefolgt von Litauen (5,9), Estland (5,0) und anderen mittelosteuropäischen Staaten, wo die Lohnkosten zwischen 3,4 Prozent (Ungarn) und 4,7Prozent (Polen) stiegen. In großen Volkwirtschaften wie Spanien (1,2), Frankreich (1,6) und Italien (1,1) steigen die Lohnkosten dagegen langsamer als in Deutschland.

Büßt die deutsche Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit ein?

Zunächst einmal nicht. Waren aus Deutschland sind international gefragt wie nie, für 2015 wird erneut Ausfuhrrekord erwartet. Allerdings spielt hierbei der niedrige Eurokurs eine wesentliche Rolle. Im Jahresvergleich büßte die Währung gegenüber dem Dollar fast ein Fünftel ihres Wertes ein, was deutsche Exportgüter im Ausland außerhalb des Euroraums entsprechend verbilligt.

Zudem sind die Lohnstückkosten, die die Arbeitsproduktivität pro Arbeitnehmer mit der Lohnentwicklung ins Verhältnis setzt, in Deutschland nach der Jahrtausendwende über viele Jahre hinweg gesunken. Erst mit Ausbruch der Weltfinanzkrise gingen die Lohnstückkosten - vor allem wegen der Kurzarbeit – kurzfristig kräftig nach oben, um 2010 erneut zurück zu gehen. Anschließend stiegen die Arbeitnehmerentgelte dann stärker als die Produktivität: 2011 betrug das Plus der Lohnstückkosten 0,7 Prozent, 2012 waren es 3,3 Prozent, 2013 wurden 2,4 und 2014 noch 1,9 Prozent registriert.

Diese Zuwächse führen bisher aber nicht zu einer nachhaltigen Schwächung der internationalen Konkurrenzfähigkeit. Zudem kommt der damit verknüpfte Lohnanstieg, der den Beschäftigten abzüglich der Teuerungsrate mehr im Portemonnaie lässt, auch der Wirtschaft zugute, weil die Binnennachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steigt.