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Zu viel Müll, zu wenig Tonne Hausmüll darf in Deutschland nicht selber gepresst werden: Hersteller verschweigen Verbot

Von Stefan Sauer 20.12.2016, 11:00
Besonders nach den Feiertagen sind die Tonnen voll. (Symbolbild)
Besonders nach den Feiertagen sind die Tonnen voll. (Symbolbild) imago stock&people

Berlin - Weihnachten ist Müllsaison. In keiner anderen Zeit des Jahres fallen binnen weniger Tage so große Mengen Verpackungsabfälle an wie nach Heiligabend. Vielerorts quellen die Tonnen über, obwohl die nächste Leerung erst im neuen Jahr ansteht. Eine Lösung des Problems versprechen Abfallpressen, die meist mittels einfacher Hebelwirkung den privaten Hausmüll ordentlich zusammenstauchen. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit: Die Anbieter werben mit Einsparungen von jährlich mehreren hundert Euro, die sich durch den Umstieg auf kleinere Tonnen oder längere Abfuhrintervalle erzielen ließen.

Große Einsparungen

So bietet der Hersteller AGU Direkt aus dem niedersächsischen Bad Iburg auf seiner Internetseite einen „Abfallrechner“ an, der die Gebühren sparenden Effekte der firmeneigenen Müllverdichter in beziffert: Danach könnten Privathaushalte mit einer 240 Liter-Tonne bei wöchentlicher Abholung durch den Einsatz der AGU-Presse jede Menge Geld sparen.

In Berlin sind es demnach 188 Euro pro Jahr, für Frankfurt am Main gibt AGU die Ersparnis mit 298 Euro an, in Halle wären es 353, in Köln 368 und in Bremen sagenhafte 558 Euro. Andere Hersteller wie Kitchenwonder werben damit, den privaten Restmüll auf ein Fünftel des  ursprünglichen Volumens zu verdichten, was entsprechend kleinere Müllbehälter ermögliche. Der Anbieter Allpress Ries bedient sich dazu des kuriosen Slogans: „Lassen Sie die Luft aus Ihrem Abfall – und aus Ihren Kosten.“ Luft aus Kosten? Naja.

Zusammenquetschen ist verboten

Was die Hersteller der Pressen, für die zwischen 30 und einigen hundert Euro verlangt werden,  allesamt verschweigen: Das Zusammenquetschen des Hausmülls ist vielerorts verboten und kann als Ordnungswidrigkeit mit hohen Bußgeldern belegt werden. In einer stichprobenartigen Sichtung kommunaler Abfallsatzungen stellte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen fest, dass in Großstädten wie Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, Essen, Köln und Wuppertal das Pressen privaten Hausmülls untersagt und Verstöße in der Regel mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden können. Die Stadt Essen kann sogar 100.000 Euro verhängen. Auch außerhalb Nordrhein-Westfalens ist die Abfallverdichtung in vielen Kommunen mit Strafzahlungen bewehrt, etwa in Hannover, Leipzig und München. Manche Städte ersticken zudem schon den Versuch, die von den Herstellern verheißenen Einspareffekte zu erzielen, im Keim: In Dortmund zum Beispiel müssen Privatleute, die auf eine kleinere Mülltonne umsteigen wollen, verbindlich erklären, dass die Abfälle „nicht verdichtet (gestampft) werden“.

Die Tonnen leiden

Für die Verbote führen die Kommunen mehrere Gründe ins Feld. Zum einen werde die Lebensdauer der Tonnen durch das regelmäßige Pressen deutlich reduziert. Zum zweiten reiche die Schwerkraft in vielen Fällen kaum mehr aus, um den hochverdichteten Müll aus der Tonne zu befördern – sehr zum Verdruss der Müllwerker. Wichtiger noch ist, drittens, deren starke körperliche Belastung durch die hohen Gewichte.

Auch hier haben viele Kommunen aber vorgebaut: Nach Recherchen der NRW-Verbraucherzentrale liegt die Obergrenze für eine 120-Liter-Tonne in Düsseldorf bei 60 Kilogramm, in Dortmund ist schon bei 35 Kilo Schluss. Dabei sind die Entsorgungsbetriebe berechtigt, übergewichtige Tonnen einfach stehen zu lassen. Fällig ist dann eine gebührenpflichtige Sonderentleerung. So werden vermeintliche Spareffekte schnell zunichte gemacht.  Ähnliches gilt für Beschädigungen der Tonne, die sich auf den Einsatz von Müllpressen zurückführen lassen. Für einen zerstörten 240-Liter-Behälter werden laut Verbraucherzentrale rund 90 Euro berechnet.

Was ist erlaubt?

Das Zusammendrücken des Mülls mit Händen oder einem Spaten ist im Übrigen nicht untersagt, solange durch die Verdichtung  das Höchstgewicht nicht überschritten und die Abholung des Abfalls nicht beeinträchtigt wird. Vor dem Erwerb einer Müllpresse sollten Verbraucher aber unbedingt den kommunalen Abfallentsorger konsultieren. Sonst kann das Gebührensparen richtig teuer werden. 

37,3 Millionen Tonnen Abfälle haben private Haushalte im vergangenen Jahr in die Tonne geworfen.  Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren das  0,2 Millionen Tonnen weniger als 2014. Im Durchschnitt wurden 2015 rund 454 Kilogramm Haushaltsabfälle pro Einwohner erfasst. (sts)