Jetzt rollen Köpfe statt Kugeln Halloren: Jetzt rollen Köpfe statt Kugeln

Halle (Saale) - Paul Morzynski ist ein vielbeschäftigter Mann. Der Wirtschaftsprüfer aus Hannover erwarb Ende Juni an der Ostseeküste das Hotel Prinzenpalais in Bad Doberan. Erst 2013 übernahm der 67-Jährige das Grand Hotel Heiligendamm im ältesten deutschen Seebad. Auch die Süßwarenkette Arko mit 280 Geschäften gehört ihm.
Nur für Deutschlands älteste Schokoladenfabrik, Halloren, fühlt sich der umtriebige Unternehmer offenbar zu alt. Anfang August verkaufte er seinen 29-Prozent-Anteil an den zweiten Großaktionär Darren Ehlert. Der 43-jährige Deutschkanadier hält nun über die Gesellschaft Charlie Investors 75 Prozent der Halloren-Aktien. „Es wurde Zeit für einen Generationswechsel“, sagte Morzynski der MZ.
Halloren einer der großen Schokoladen-Produzenten Deutschlands
Die Halloren Schokoladenfabrik AG ist sein Baby. Vor 25 Jahren erwarb Morzynski das hallesche Unternehmen von der Treuhand. Heute gehört Halloren zu den großen mittelständischen Schokoladen-Produzenten Deutschlands. Die Halloren-Kugel ist eine starke Marke. Das ist auch ein Verdienst von Halloren-Aufsichtsratschef Paul Morzynski. Viele Mitarbeiter verstehen daher seinen Rückzug nicht.
„Zwei Häuptlinge sind einer zu viel“, sagte Morzynski. Er habe über Jahre Halloren gelenkt und mitgeprägt. Mit Darren Ehlert habe es nun aber einen noch größeren Aktionär gegeben, der seine eigenen Ideen zur Entwicklung des Unternehmens besitzt. „Ursprünglich gab es für mich die Option, 2019 auszusteigen. Das habe ich nun um zwei Jahre vorgezogen“, so Morzynski. Es sei im Einvernehmen geregelt worden.
Dezember 2016: Das Unternehmen wird von der Frankfurter Börse genommen
Um die Vorgänge besser zu verstehen, lohnt ein Blick zurück. Im Dezember 2014 stiegen die Brüder Darren und Kenneth Ehlert, die bis dahin in Deutschland nur im Immobilien-Geschäft tätig waren, in das noch börsennotierte Unternehmen ein. Die Ehlerts investierten Millionen und wurden in kurzer Zeit größte Aktionäre.
Ihr Ziel ist es unter anderem, mit belgischen Pralinen der Halloren-Tochter Bouchard den US-Markt zu erobern. Doch die Expansion stockt. Anstatt neue Großaufträge zu ergattern, verlor Bouchard in den USA einen wichtigen Kunden. 2015 wies Halloren daher erstmals einen Verlust von 1,64 Millionen Euro aus. Das ostdeutsche Erfolgsunternehmen verlor an Glanz, Vorstandschef Klaus Lellé stand unter Druck. Übernahmegerüchte machten die Runde. Die Halloren-Führung entschloss sich daher, im Dezember 2016 das Unternehmen von der Frankfurter Börse zu nehmen.
Seit dem Börsenrückzug hüllt sich das Unternehmen in Schweigen
Die Aktien können seither nur noch im Freiverkehr über Handelsplattformen gehandelt werden. Ehlerts Firmenanteile stiegen auf 46 Prozent. Als größter Einzelaktionär dominierte er die Schokoladenfabrik, Morzynskis Einfluss schrumpfte dagegen. Daher verkaufte er nun.
Auf MZ-Anfrage äußert sich Ehlert nicht zum Anteilskauf. Seit dem Börsenrückzug hüllt sich das Unternehmen zudem in Schweigen, wie die Geschäfte laufen. Die jährliche Hauptversammlung im Juni in Halle wurde abgesagt, ein neuer Termin steht noch nicht fest. „Böse Überraschungen wird es aber nicht geben“, versichert Morzynski.
Standort Halle soll weiter mit Investitionen gestärkt werden
Nach MZ-Informationen soll der Standort Halle weiter mit Investitionen gestärkt werden. Aktuell ist Ehlert dabei, die Halloren-Führung neu zu ordnen. Es ist noch unklar, ob er den frei werdenden Posten des Aufsichtsratschefs anstrebt. Finanzvorstand Andreas Stuhl trat bereits im Frühjahr zurück, obwohl sein Vertrag erst 2016 um drei Jahre verlängert wurde. Einkaufsleiter Udo Hungerland musste laut „Leipziger Volkszeitung“ seinen Hut nehmen.
Dafür hat Ehlert zwei Vertraute in den Vorstand berufen. Jay Binder (49) soll das Finanzressort führen, Brandon Frehner (34) kümmert sich um die Produktion. An der Spitze der Firma steht weiter Klaus Lellé. Er ist seit Jahren das Gesicht von Halloren. Wie fest er im Sattel sitzt, lässt sich wegen fehlender Informationen derzeit nicht einschätzen.
Schokoladen-Markt hart umkämpft: Geld zu verdienen, fällt Halloren schwer
Sicher dürfte sein, dass Ehlert nach den investierten Millionen eine entsprechende Rendite erwartet. Doch Geld zu verdienen, fällt Halloren schwer. Der Umsatz stieg seit 1997 um 1 100 Prozent auf 122,4 Millionen Euro in 2015, doch die Gewinne blieben stets im niedrigen einstelligen Millionenbereich. Das lag nicht nur an der Expansion, sondern auch daran, dass der Schokoladen-Markt hart umkämpft ist. Erst auf der kommenden Hauptversammlung wird die Firma mitteilen, ob sie 2016 in die schwarzen Zahlen gekommen ist.
Ein Wettbewerber lauert bereits, der Halloren gern übernehmen würde. Das Unternehmen Katjes, bekannt durch die Lakritz-Katzen, hat Anteile von zehn Prozent erworben. Neben Ehlert ist Katjes der letzte verbliebene Großaktionär. Katjes bietet Ehlert an, Halloren „als Partner langfristig zu begleiten“. Doch als Indianer unter Häuptling Ehlert sieht sich Katjes langfristig wohl auch nicht.
(mz)