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Haar in Suppe: Was in der Gastronomie Recht ist

Von Neela Richter 11.12.2008, 09:02

Berlin/Hamburg/dpa. - Kalte Speisen, lange Wartezeiten oder verschwundene Garderobe: Die Liste möglicher Ärgernisse in der Gastronomie ist lang. Was Gäste hinnehmen müssen, wie sie richtig reklamieren und welche Rechte sie haben, ist aber oft nicht genau geregelt.

Meist wird danach entschieden, was üblich ist. Wer ein Essen in einer Gaststätte bestellt, geht juristisch betrachtet eine Mischung aus mehreren Verträgen ein. Dementsprechend schwierig gestaltet sich manchmal die Rechtsprechung: «Vieles wird per Gewohnheitsrecht geregelt: Was ist üblich, was entspricht dem alltäglichen Empfinden?», erklärt Julius Wagner vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA Bundesverband) in Berlin.

Die Wartezeit zum Beispiel sollte in der Pommesbude kürzer sein als im Sternerestaurant - entscheidend dafür sind vor allem das Essen und seine Zubereitung. «Diese Fälle sind aber grundsätzlich kompliziert, da gibt es keine Richtlinien», sagt Edda Castelló, Juristin bei der Verbraucherzentrale Hamburg. Der Kunde könne auch nicht einfach gehen, wenn es ihm reicht. Er muss eine Nachfrist setzen. Wenn die abgelaufen ist und das Essen immer noch nicht da, dann kann er aufstehen und gehen - und muss nur die schon verzehrten Speisen und Getränke bezahlen.

In einem Durchschnittsrestaurant sei für ein Durchschnittsgericht eine Wartezeit von bis zu einer halben Stunde hinnehmbar, sagt Julius Wagner. Danach könne man über Preisminderung nachdenken. Gängiger Rechtsprechung folgend seien 30 Prozent angemessen. Dasselbe Verfahren gilt für das Essen selbst: Falls das Steak zu blutig oder die Suppe versalzen ist, müssen Gäste das Service-Personal ansprechen und dem Gastronom die Gelegenheit zum Nachbessern geben. Sie dürfen also nicht einfach gehen, ohne zu bezahlen.

Bei drastischen Mängeln wie Porzellansplittern im Essen oder einer Schnecke im Salat muss man nicht bezahlen, sollte aber seine Adresse hinterlassen. «Sonst setzen Sie sich möglicherweise dem Vorwurf des Betrugs aus, wenn es zu einer Gerichtsverhandlung kommt», sagt Castelló. Einen solchen Vorwurf räumen Gäste in der Gastronomie am leichtesten aus dem Weg, indem sie ihre Adresse hinterlassen - das beweist, dass die Absicht zu bezahlen da war. So weitreichend ist das Gesetz - und als Grund für eine Reklamation reicht ein «Schmeckt nicht so toll» daher nicht aus.

Selbst am Ende des Restaurantbesuchs kann es noch Auseinandersetzungen geben: Wenn die Rechnung trotz mehrmaliger Aufforderung nicht kommt, ist es keine Lösung, einfach aufzustehen und zu gehen, sagt die Rechtsanwältin Grit Andersch aus Berlin. «Erst wenn das Restaurant sagen würde: 'Wir wollen das Geld nicht', dann müssen Sie nicht bezahlen.»

Entweder gehen wartende Gäste also zum Tresen und zahlen dort. Oder sie hinterlassen ihre Adresse und sagen, dass sie gern bezahlen würden. Und wenn der Mantel weg ist, haftet zwar nicht immer der Gastronom. Der Satz «Wir haften nicht für die Garderobe» gilt allerdings nur, wenn der Gast seinen Mantel von seinem Platz aus auch im Auge behalten kann.

Abgesehen von aller Juristerei: Restaurantgäste sollten sich korrekt verhalten. «Unfreundlichkeit gegenüber dem Service ist unangemessen, schließlich hat die Bedienung das Essen nicht gekocht», sagt Agnes Jarosch vom Deutschen Knigge-Rat in Bonn. Besser sei es, sachlich zu bleiben und zum Beispiel zu sagen «Die Suppe ist kalt, würden Sie sie bitte in der Küche für mich reklamieren?» Ein Gastgeber sollte besonders aufmerksam sein und sicher gehen, dass die Speisen seiner Gäste einwandfrei sind. Ist etwas nicht in Ordnung, sei es Gastgeber-Aufgabe, beim Service zu reklamieren.