Gründer-Interview Gründer-Interview : Bionade war erst Trend dann Familienhorror

Herr Kowalsky, Sie und Ihre Familie haben das Trend-Getränk „Bionade“ entwickelt. Mittlerweile gehört die Limo zum Oetker-Konzern. Viele sehen Ihr Unternehmen deshalb als gescheitert an. Aber Sie waren doch eigentlich erfolgreich, oder nicht?
Peter Kowalsky: Es stimmt, für uns ist unsere Vergangenheit mit Bionade auch eine erfolgreiche Geschichte. Erfolg besteht ja nicht nur aus Geld. Es war auch eine schöne Zeit und wir bekamen viel Anerkennung. Die Stimmung ist dann aber an dem Punkt gekippt, als wir die Kontrolle verloren haben. Und das war schon sehr früh.
Wann genau?
Wir hatten bereits 1985 die Idee für Bionade, sind 1996 an den Markt gegangen. Neun Jahre später ging es aber erst richtig los mit dem Erfolg. Es gab immer mehr Lebensmittelskandale, und Bio hat eine ganz andere Relevanz bekommen. Das Wachstum kam wie von selbst. Doch dann bekamen wir das Angebot, an einer Marktforschung teilzunehmen, im Gegenzug bekamen wir Werbung finanziert. Dann ist die Stimmung gekippt. Die Leute haben Bionade nicht mehr als Geheimtipp empfunden. Wir standen da, wie alle anderen Marken auch. Enttäuschung und letztendlich Kaufverweigerung schlugen uns entgegen. Wir sind zum Mainstream geworden und haben unseren Charme verloren.
Was folgte daraus?
Wir mussten uns auf einmal mit Dingen beschäftigen, für die wir keine Strukturen hatten. Wir hatten kein Geld für Werbung oder einen großen Vertrieb. In der Öffentlichkeit standen wir da, als wären wir die Reichen, die den Hals nicht voll bekommen. Ab einer gewissen Größe ist man einfach nicht mehr sympathisch – zumindest in Deutschland. Nach und nach ist uns das Wachstum um die Ohren geflogen. Wenn man wächst, muss man permanent investieren – dadurch haben wir uns in die Hände von Investoren begeben und damit Freiheiten abgegeben.
Und dann kam es zum Kollaps.
2007 waren wir unglaublich groß – so groß wie Fanta auf dem deutschen Markt. Doch dann stand einer unserer Anteilseigner am Rande der Insolvenz. Die Auflage der Bank des Anteilseigners war, seine Bionade-Anteile zu verkaufen. Diese kaufte dann der Oetker-Konzern. Plötzlich arbeiteten wir mit einem Unternehmen zusammen, das eine komplett konträre Kultur zu uns hatte.
Zwei Ideale prallen aufeinander
Hätten Sie die Anteilsübernahme durch Oetker ablehnen können?
Oetker war für den Bankenpool die erste Wahl. Oetker versteht, wie eine Marke funktioniert und wir dachten, dass sie auch wissen, dass eine Marke vom Image lebt und Zeit für eine entsprechende Reputation braucht. Doch im Endeffekt wollte Oetker mit Bionade nur sein Segment für alkoholfreie Getränke ausbauen. Wir wollten aber das innovative Softdrink-Unternehmen sein und für Ernährungsbewusstsein, Zusammenarbeit mit Landwirten und ähnliches stehen.
Was würden Sie nun anders machen?
Alles was wir in meinem neuen Unternehmen Inju nun auch versuchen: die Geschwindigkeit herausnehmen und das Unternehmen kontrolliert wachsen lassen. Ansonsten ist man nicht mehr man selbst. Außerdem ist es immer schwierig mit Schulden zu starten. Bionade war der Rettungsanker für eine verschuldete Brauerei. Außerdem mache ich so viel wie möglich selbst und arbeite mit einem kleinen talentierten Team zusammen, wie am Anfang bei Bionade.
Das hört sich sehr geerdet hat.
Naja, letztendlich entscheidet der Verbraucher. Wenn er das Produkt kauft, ist es gut – egal ob mit oder ohne Werbung. Und ein gutes Produkt ist das beste Werbemittel.
Haben Sie Angst, Bionade könnte das einzige gewesen sein, was Sie können?
Ja, für eine Weile, damals, nachdem wir alles verkauft hatten. Ich hatte unheimlich Angst, ob das alles ist, was ich kann. Aber das war auch in Ordnung so. Das Gegenteil davon ist Größenwahn. Aber Menschen können mehr, als sie sich vorstellen. Es fehlt nur oft an denjenigen, die einen ermutigen. Oder es fehlt an Vertrauen, dass man eine Idee umsetzen kann.
Das klingt nicht sehr ermutigend für junge Unternehmer.
Die Leute müssen wissen, dass es viele Jahre dauert, bis man etwas zurückbekommt. Das fällt nicht alles vom Himmel. Aber es gibt immer eine Chance, es anders zu machen. Scheitern ist nicht das Ende, sondern der Anfang.
Vom Scheitern lernen
Peter Kowalsky (48) ist Diplom-Brauingenieur. Er hat das alkoholfreie Getränk Bionade mitentwickelt – eine Limonade, die durch einen Gärprozess aus Malz gewonnen wird. Dabei werden vor allem biologisch gewonnene Rohstoffe verwendet. Bionade gibt es in sieben Sorten. 2012 übernahm der Oetker-Konzern Bionade. Heute führt Kowalsky „Inju“, den Hersteller eines Energie-Getränks.
Am Donnerstag, 21. April, spricht Kowalsky auf der Veranstaltung „Vom Scheitern lernen – Erfolgsgeschichten vom Hinfallen und Aufstehen“ des Marketing Clubs Köln-Bonn über seinen Aufstieg und Absturz mit Bionade.
Das Gespräch findet ab 19 Uhr in der Evangelischen Philippus-Kirchengemeinde Köln-Raderthal, Albert-Schweitzer-Straße 3-5, statt. Der Eintritt ist nach vorheriger Anmeldung über die Website oder unter der Rufnummer 02234/911 77 21 frei.