Geldhaus Geldhaus: Commerzbank spart sich Dividende

Frankfurt - Martin Blessings Stimmung kann durchaus als Parameter genutzt werden, um zu beurteilen, wie es um die Commerzbank steht. Denn gut verstellen – wie viele Branchenkollegen – konnte sich der Chef der zweitgrößten deutschen Bank noch nie. War er in den schlimmsten Jahren der Finanzkrise gegenüber Journalisten oft ungehalten, so ist er seit dem vergangenen Jahr in Anwesenheit der Pressevertreter meist entspannt und zu Scherzen aufgelegt.
Ob er denn an der Postbank interessiert sei, sollte die Deutsche Bank sie tatsächlich verkaufen, fragte ihn ein Journalist nun auf der Jahrespressekonferenz der Commerzbank. „Das ist mir aber jetzt sehr sympathisch, dass Sie das fragen. Sonst werden wir eigentlich immer nur gefragt, an wen wir verkauft werden“, scherzte Blessing daraufhin – beantwortete die Frage allerdings nicht.
Tatsächlich geht es bei der Commerzbank aufwärts, wenn auch nur in Tippelschritten. Allerdings wäre eine andere Richtung angesichts der katastrophalen Lage, in die das Institut in der Krise geraten war, auch kaum denkbar. Der Staat hatte die Bank 2009 mit 18,2 Milliarden vor dem Kollaps Euro gerettet, in dem Jahr machte sie einen Verlust von 4,5 Milliarden Euro. Inzwischen hält der Bund über die Börse noch rund 17 Prozent an der Commerzbank.
Stärkung des Eigenkapitals statt Dividenden-Ausschüttung
Ein Zeichen für die Verbesserung ist, dass die Bank erstmals seit 2007 für das vergangene Jahr wieder dividendenfähig ist – dass sie also aufsichtsrechtlich überhaupt in der Lage wäre, eine Ausschüttung vorzunehmen. Freuen können sich die Aktionäre allerdings dennoch nicht. Denn Blessing machte klar, dass er mit dem Geld lieber das Eigenkapital der Bank stärken will.
Auch für dieses Jahr legte er sich nicht auf eine Dividendenzahlung fest. Wutanfälle von Anlegern, wie sie seit 2009 auf den Hauptversammlungen des Instituts üblich sind, dürfte es also auch dieses Jahr wieder geben.
Unter dem Strich verdiente die Commerzbank im vergangenen Jahr 602 Millionen Euro, nach 81 Millionen Euro 2013. Allerdings hatten 2013 hohe Umbaukosten, vor allem im Privatkundengeschäft, das Ergebnis belastet. Zudem kann es sein, dass die Bank ihr Ergebnis für 2014 noch einmal nach unten korrigieren muss. Die Bank befinde sich in intensiven Gesprächen mit Behörden in den USA, sagte Finanzvorstand Stephan Engels. Dort kommen Strafzahlungen im mindestens dreistelligen Millionenbereich auf die Bank zu, da sie US-Sanktionsvorschriften zum Iran und anderen Ländern sowie Geldwäschegesetze gebrochen hat. Die müssten noch 2014 verbucht werden, sofern die Einigung bald erfolgt.
Insgesamt hat die Bank 1,4 Milliarden Euro für alle ihre Rechtsfälle zurückgelegt, davon alleine 484 Millionen Euro 2014. Das dürfte aber nicht reichen. Dennoch stehen ihre Rechtsrisiken in keinem Vergleich zu denen der skandalumwitterten Deutschen Bank.
Bearbeitungsgebühren unzulässig
Das zeigt sich auch an der Vorsorge, die die Geldhäuser 2014 treffen mussten, um Kunden zu entschädigen. Der Bundesgerichtshof hatte zuletzt entschieden, dass Bearbeitungsgebühren für Verbraucherkredite, die fast alle Banken zumindest zeitweise berechneten, unzulässig sind und erstattet werden müssen.
Insgesamt 94 000 Commerzbank-Kunden haben Rückforderungen geltend gemacht, so Privatkundenvorstand Martin Zielke. Dafür hat die Bank 75 Millionen Euro zurückgestellt. Bei der Deutschen Bank sind es 450 Millionen Euro.
Wie alle Banken (und grundsätzlich alle Anleger) kämpft die Commerzbank mit dem Niedrigzinsumfeld. Sie hat einen hohen Einlagenüberschuss – sie hat also mehr Einlagen, als sie Kredite ausgegeben hat – und muss dieses Geld anlegen. Rendite ohne Risiko gibt es aber kaum noch. Das Zinsergebnis der Bank ist daher 2014 leicht gesunken, das Provisionsergebnis tritt auf der Stelle.
Die Commerzbank rechnet nicht damit, dass der Staat seinen Anteil an dem Geldhaus in naher Zukunft verkaufen wird. „Ich vermute mal, dass der Bund im Moment keine Refinanzierungsprobleme mit seinem Paket hat“, sagte Bankchef Blessing. Der Bund könne bei der Refinanzierung seines 17-prozentigen Anteils an der Commerzbank derzeit sogar Geld verdienen. „Deshalb vermute ich, dass der Bund jetzt nicht in Eile ist und sich das genau anguckt.“
Für sein Geldhaus gebe es im Geschäft keine Einschränkungen, weil der Staat an Bord sei, sagte Blessing. „Der Bund verhält sich wie ein guter großer institutioneller Anleger.“ Nichtsdestotrotz sei klar, dass der Staat schon aus ordnungspolitischen Gründen irgendwann aussteige. (dpa)
Wegen der guten Wirtschaftslage sinkt immerhin die Risikovorsorge für faule Kredite. Die Eigenkapitalrendite nach Steuern lag bei mäßigen 7,3 Prozent. Das Jahresergebnis sei „insgesamt wenig beeindruckend, die Rentabilität der Bank bleibt gering“, urteilte Corinna Dröse, Analystin der DZ Bank.
Für 2016 hatte sich die Commerzbank bereits 2012 ambitionierte Ziele gesetzt. Viele Beobachter bezweifeln aber, ob diese angesichts der schwierigen Marktlage noch zu erreichen sind. „Gleich am Anfang der zweiten Halbzeit die Ziele abzumelden halte ich für schwierig“, antwortete Blessing auf die Frage, ob er die Ziele einkassieren werde. „Wir wollen kämpfen.“