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G7-Sherpa Lars-Henrick Röller G7-Sherpa Lars-Henrick Röller: Angela Merkels wichtigster Berater im Hintergrund

Von Markus Sievers 20.05.2015, 11:40
Lars-Hendrik Röller ist Angela Merkels wirtschaftspolitisch wichtigster Berater.
Lars-Hendrik Röller ist Angela Merkels wirtschaftspolitisch wichtigster Berater. dpa Lizenz

Berlin - Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ihre Berater mit einer Stellenanzeige suchen würde, dürften drei Eigenschaften im Anforderungsprofil nicht fehlen. Loyal, sachlich, uneitel sollten die Bewerber schon sein. Lars-Hendrik Röller, Merkels oberster wirtschaftspolitischer Berater, bringt diese Tugenden mehr als ausreichend mit. Sherpa nennt er sich, weil er als Chefunterhändler der Kanzlerin die großen internationalen Gipfel vorbereitet wie gerade das G 7-Treffen Anfang Juni im bayerischen Elmau. Und im Kanzleramt geht der Spott um, Röller habe diese Berufsbezeichnung zu wörtlich verstanden.

Gegenstück zu Jens Weidmann

Große Auftritte ihrer Zuarbeiter mag Merkel nicht. Aber es fällt doch auf, wie wenig  Röller in Erscheinung tritt und wie er sich darin von seinem Vorgänger Jens Weidmann, dem heutigen Bundesbank-Präsident, unterscheidet. Der wurde als Merkels Wirtschaftsberater zur öffentlichen Figur, als er gemeinsam mit seinem Mitspieler Jörg Asmussen vom Finanzministerium Deutschland durch die  Finanz- und Eurokrise steuerte. Zu groß können die Fußstapfen für Röller eigentlich nicht sein.  Mit dem Familienvater  holte sich Merkel vor vier Jahren einen Ökonom mit internationaler Reputation ins Haus. In den USA studierte und lehrte er. In Brüssel profilierte er sich als Berater des legendären  Wettbewerbskommissars Mario Monti und erwarb sich intime Kenntnisse von Europa. 

Wie die Vorstandschefs der deutschen Topkonzerne ticken, lernte der Sohn vom langjährigen  Dresdner Bank-Chef Wolfgang Röller schon als Kind kennen. Diese Nähe zu den Topadressen pflegte er  in seiner Zeit an der Spitze der Berliner Elitehochschule ESMT. Schließlich lassen sich lassen die Topkonzerne von Allianz über Deutsche Bank bis  Volkswagen dort am Schlossplatz im ehemaligen Staatsratsgebäude der DDR mitten in der Hauptstadt ihren Führungsnachwuchs ausbilden.

Politik ein ungewohntes Terrain

Dennoch war es für Röller ein großer Sprung, als Merkel ihn vor vier Jahren ins Zentrum der Macht holte. Als gelegentlicher Gast von ihren Runden im Kanzleramt gefiel er als kenntnisreicher, ausgleichender Gesprächspartner. In seiner neuen Rolle aber fremdelte er mit dem Politikbetrieb, den er zuvor mit Distanz beobachtet hatte. Wenn Röller redet, analysiert er ruhig und nüchtern das Für und Wider von Entscheidungen, statt klare Botschaften auszusenden. Und so hinterließ er allzu oft verwirrte Zuhörer, die sich fragten, was Merkel und ihr Chefberater nun eigentlich wollen. 

Da verwechsle einer die Politik mit einem Hauptseminar, hieß es schnell in Merkels Umgebung. Der Start verlief holprig, auch weil Röller  Versäumnisse angelastet wurden, etwa als Merkel zu spät französische Vorschläge für einen Umbau der Eurozone zurückwies. Erst als ausgerechnet ihr alter Berater Weidmann als Bundesbankchef gegen den Vorstoß aus Paris  protestiere, wachte Merkel auf. Da zeigte sich, dass Röller nicht nur mit den politischen Mechanismen fremdelte, sondern auch mit der großen Wirtschaftspolitik.

Als  Volkswirt interessierten ihn die Wettbewerbsökonomie, die einzelnen Märkte, weniger die Debatten über Konjunktur, Finanzmärkte, Wachstum oder Staatsschulden. Und so überraschte es nicht wenige, als Merkel nach der Bundestagswahl an ihm fest hielt. Bis heute verbinden selbst in Berlin viele den Namen Röller eher mit seinem Bruder Ulf-Jensen, den ZDF-Journalisten und Washington-Korrespondenten. Und doch hat Röller als einer der ganz wenigen Ökonomen das Vertrauen Merkels erworben. Er soll für sie auch die große Bühne bereiten, wenn Deutschland wie erhofft rechtzeitig zur Bundestagswahl 2017 den Vorsitz der G 20 erhält. Dann winken Merkel schöne Bilder mit den Staatschefs aller führenden Industrie-  und Schwellenländer und Röller der Dank einer Chefin, die seinen Vorgänger immerhin an die Spitze der Bundesbank beförderte.