Flughafen Leipzig/Halle Flughafen Leipzig/Halle: Bald weniger Antonov-Flüge?

Halle (Saale)/Leipzig - Flüge der Antonov 124 (AN) am Flughafen Leipzig/Halle erzeugen noch immer viel Aufmerksamkeit. Hobby-Fotografen postieren sich am Rand des Rollfeldes, um die größte in Serie gebaute Frachtmaschine der Welt zu fotografieren.
Um die Flüge der AN 124 ist jedoch ein politischer Streit zwischen Russland und der Ukraine ausgebrochen, der sich am Ende sogar negativ auf die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr auswirken könnte. Nach MZ-Informationen wird das russisch-ukrainische Gemeinschafts-Unternehmen Ruslan Salis, das Flüge für das westliche Militärbündnis Nato übernimmt, Ende des Jahres in dieser Form aufgelöst. Noch ist unklar, wie es dann weiter geht.
Um die Bedeutung dieser Entwicklung zu verstehen, muss man einen Blick zurückwerfen: Hinter Ruslan Salis stehen die russische Unternehmensgruppe Volga Dnepr Airlines und die ukrainische Antonov Design Bureau. Beide zusammen verfügen über insgesamt 19 AN 124, die je bis zu 150 Tonnen Fracht aufnehmen können.
Zum Vergleich: Die der Bundeswehr derzeit zur Verfügung stehenden Militärtransporter vom Typ Transall können nur acht Tonnen Fracht tragen. Auch der neue Militärtransporter A400M kann nur maximal 30 Tonnen transportieren. Kurz: Will die Bundeswehr schweres und sperriges Gerät fliegen, muss sie die Antonov ordern.
Waffenlieferungen in den Nordirak
Seit 2006 fliegt die Gesellschaft im Auftrag der Nato und EU-Nationen beispielsweise Panzer, Haubitzen oder Gewehre nach Afghanistan, Mali oder in den Kongo. 2014 etwa übernahm die Firma für die Bundeswehr auch Waffenlieferungen in den Nordirak. In der Vergangenheit gab es jährlich etwa 100 Transporte für das Bündnis. Ruslan Salis muss immer sechs Flugzeuge einsatzbereit halten. Die Maschinen sind am Flughafen Leipzig/Halle stationiert und werden dort auch in einem Wartungszentrum von Volga Dnepr regelmäßig überholt. Zuletzt wurde der Vertrag 2014 bis Ende 2016 verlängert.
Durch die Ukraine-Krise verlief die Partnerschaft bei Ruslan Salis schon in den vergangenen Jahren nicht reibungslos. Doch nun hat offenbar Antonov-Chef Alexander Kotsuba die Kooperation für beendet erklärt. Das Luftfahrt-Portal „Airliners“ berichtet darüber, dass die russische Seite Ersatzteile für die AN 124 herstellt, die eigentlich nur Antonov herstellen darf. Das soll zumindest für Kotsuba der Anlass gewesen sein, getrennte Wege zu gehen. Es gibt aber auch Stimmen, die behaupten, die ukrainische Führung macht Druck, die Zusammenarbeit zu beenden.
Die Nato Support and Procurement Agency hat die Aufträge neu ausgeschrieben. Wie ein Insider der MZ sagte, bewerben sich nun die russische Volga Dnepr und das ukrainische Antonov Design Bureau getrennt um den Auftrag von 2017 bis 2019. Auf Anfrage sagte ein Bundeswehrsprecher, dass bis Ende September eine Entscheidung angestrebt wird.
Nato braucht die Antonov
Die Nato steht vor einem Dilemma: Um ihr schweres Gerät zu transportieren, ist sie auf die AN 124 angewiesen. Die Russen verfügen über zwölf einsatzfähige Flieger, könnten also die Einsatzbereitschaft von sechs Maschinen garantieren. Die Politik und die Nato-Generäle wollen sich in dem sensiblen Feld aber wohl nicht komplett abhängig von einem russischen Unternehmen machen. Die Ukrainer haben nur sieben AN 124, was die Einsatzbereitschaft in Frage stellt. Laut dem Insider überlegt die Nato daher, beide Unternehmen getrennt voneinander zu beauftragen.
Basis bleibt auf dem Flughafen Leipzig/Halle
Volga Dnepr will nach eigenen Angaben die Flugbasis künftig auch weiter am Flughafen Leipzig/Halle beibehalten. Vom mitteldeutschen Airport werden auch viele zivile Güter wie U-Bahnen, Autos oder Ölbohrgeräte in alle Welt geflogen. Vor vier Jahren hat die Gesellschaft am Flughafen zudem eine 40 Millionen Euro teure Wartungsbasis eröffnet.
Welchen Weg künftig das ukrainische Antonov Design Bureau geht, ist unklar. Das Unternehmen nutzt auch das Schkeuditzer Wartungszentrum. Die Verlagerung der Flüge an einen anderen Airport wäre mit hohen Kosten verbunden. Zudem gibt es wahrscheinlich langfristige Verträge zur Wartung der Maschinen. Ausgeschlossen ist eine Verlagerung aber nicht. (mz)