Ethikbank-Chef ruft zum Streik auf Ethikbank,Streik,Banken

Eisenberg - Der Vorstandschef der bundesweit agierenden Ethikbank, Klaus Euler, sieht Genossenschaftsbanken und Sparkassen am Rand der Belastungsgrenze und will deswegen mit seinen Mitarbeitern in Streik treten. Er kritisiert die Politik der niedrigen Zinsen. Mit Euler sprach Steffen Höhne.
Die Ethikbank zahlt keine Zinsen mehr auf Einlagen bei Tagesgeldkonto. Warum sollen die Kunden noch ihr Geld zu ihnen tragen?
Euler: Gute Frage. Es ist derzeit eigentlich egal, ob der Kunde sein Geld unter das Kopfkissen legt oder zur Bank bringt. Bei der Bank ist es besser vor Diebstahl von Räubern geschützt.
Warum zahlt Ihr Institut keine Zinsen mehr bei kurzfristigen Einlagen?
Euler: Wir haben heute die irrwitzige Situation, dass die Zinsen in vielen Bereichen bereits negativ sind. Bei Bundesanleihen mit einer Laufzeit von bis zu acht Jahren, durch die sich der deutsche Staat finanziert, zahlen die Käufer drauf. Gleiches gilt, wenn Banken ihr Geld bei der Europäischen Zentralbank anlegen. Dann müssen sie einen negativen Zins zahlen, der morgen wahrscheinlich noch einmal erhöht wird. Das heißt, viele Banken subventionieren heute schon die Zinsen für ihre Kunden. Besonders betroffen von der Notenbankpolitik sind regionale Institute mit einem soliden Geschäft.
Warum trifft es die kleinen Bankhäuser besonders?
Euler: Die regionalen Banken sind doppelt betroffen. Erstens betreiben sie ein grundehrliches Geschäft. Sie nehmen Einlagen und vergeben regional Kredite. Sie leben vom Zinsgeschäft, das derzeit wegbricht. Großbanken können dies teilweise durch Spekulationsgeschäfte etwa mit Währungen oder Derivaten ausgleichen. Zweitens trifft uns die maßlose Regulierungswut der Europäischen Union besonders. Ich kann dies an einem Beispiel erklären.
Bitte.
Euler: Die sogenannte Wohnimmobilienkreditrichtlinie soll künftig die Beratung von Baufinanzierungen regeln. Wir haben dies mal durchgespielt. Für die Beratung eines Ehepaars über eine Baufinanzierung entstünden samt Informationsblättern, Erklärungs- und Beratungsprotokollen 290 Seiten Papier. Das nützt keinem Kunden.
Als kleines Institut können Sie dagegen wenig machen.
Euler: Richtig. Wir wollen aber mit unserem Streiktag im Frühjahr eine breite Öffentlichkeit auf die repressive Zinspolitik und die überbordende Kontrollbürokratie hinweisen. Denn diese hat auch sehr negative Auswirkungen auf die Bankkunden. Nicht die Gewerkschaft, sondern der Arbeitgeber wird zum Streik aufrufen. Die Anregung kam aber aus unserer Belegschaft.
Die EZB macht die Niedrigzinspolitik ja nicht zum Spaß. Sie will den Zusammenbruch südeuropäischer Staaten verhindern.
Euler: Die Negativzinspolitik ist Folge einer verschleppten Staatsschuldenkrise. Das ist richtig. Die Notenbank will mit niedrigen Zinsen zunächst Investitionen und dadurch Wachstum erzeugen. Doch am Ende können die Probleme in Südeuropa nur durch Reformen des dortigen Staats- und Wirtschaftssystems gelöst werden. In der Konsequenz führt diese Geldpolitik allerdings auch dazu, dass sich wieder neue Blasen etwa am Immobilienmarkt bilden. Zudem findet eine Umverteilung von Vermögen statt. Weg vom Sparer und Steuerzahler hin zu den Staaten. (mz)