Ernteausfälle in Deutschland Ernteausfälle in Deutschland: Landwirte schwitzen nicht nur wegen der Hitzewelle

Berlin - Wenn Vertreter von Wirtschaftsverbänden klagen, muss das in der Regel mit Vorsicht genossen werden. Meist geht es um Jammern auf hohem Niveau - zumal in der gegenwärtig nicht gerade schlechten Konjunktursituation. Doch die am Montag vorgetragenen Klagen des Deutschen Bauernverbandes müssen ernst genommen werden. Den deutschen Landwirten geht es tatsächlich nicht besonders gut.
Da wären als größte Probleme zunächst Hitze und Trockenheit. Die Getreideernte fiel mit 45,5 Millionen Tonnen im Bundesdurchschnitt um elf Prozent niedriger aus im vergangenen Jahr. In den Regionen mit besonders wenig Regen in der Mitte Deutschlands mussten Betriebe laut Bauernverband sogar Ertragseinbußen von 40 bis 50 Prozent wegstecken. Einzelne Betriebe hätten durchaus auch stärkere Einbußen zu verzeichnen, so Verbandspräsident Joachim Rukwied.
Die anhaltende August-Trockenheit hinterlässt zudem ihre Spuren an Mais, Zuckerrüben und Futterpflanzen. Letzteres bereitet Sorgen, weil die Ernte dann nicht mehr für die Versorgung der Kühe ausreicht. Deshalb müssen die Bauern Futter zukaufen, was die Kosten treibt.
Russisches Embargo schadet den Bauern
Der Rückgang bei der Ernte müsste nach ökonomischen Gesetzen eigentlich dazu führen, dass die Preise und damit die Erlöse für die Landwirte steigen. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Die Preise sind auf breiter Front zurückgegangen. Nach Darstellung des Bauernverbandes addiert sich der Preisverfall insbesondere bei Schweinefleisch, Milch, aber auch bei Getreide, Obst und Gemüse seit dem Jahresbeginn auf eine Größenordnung von deutlich über drei Milliarden Euro, die den Bauern im Vergleich zum Vorjahr fehlen. Das entspricht laut Verband einem Drittel der gesamten landwirtschaftlichen Einkommen.
Für den Preisdruck sorgen insbesondere zwei Faktoren: Zum einen gab es im Vorjahr eine Rekordernte, weshalb die Lager EU-weit noch voll sind, zum anderen wirkt sich der Importstopp Russlands immer stärker aus. Seit gut einem Jahr lässt Moskau keine Lebensmittel aus der EU und den USA mehr ins Land, eine Reaktion auf die Wirtschaftssanktionen in der Ukraine-Krise. Der Landwirtschaft fehlt damit ein wichtiger Exportmarkt. Der Bauernverband schätzt den bisherigen Schaden auf durch das Embargo auf 600 bis 800 Millionen Euro.
Politik ist gefragt
Zusätzliche Sorgen bereitet den Bauern die drastisch gestiegenen Kauf- und Pachtpreise für landwirtschaftliche Flächen. Ursache ist unter anderem, dass Anbauflächen zur Gewinnung von Bio-Kraftstoffen gefragt sind. Außerdem sind insbesondere in Ostdeutschland Finanzinvestoren auf dem Bodenmarkt aktiv, was die Preise treibt.
Es versteht sich von selbst, dass der Bauernverband angesichts der Vielzahl von Problemen finanzielle Hilfen für die Landwirte verlangt. Die Forderungen sind aber eher moderat: Eine Exportoffensive der EU für Lebensmittel und Agrargüter, Liquiditätshilfen in Form von Bürgschaftsprogrammen des Bundes oder die Stundung von Steuerschulden. Die EU-Agrarminister beziehungsweise die Bundesregierung sollten dies wohlwollend prüfen. Zumindest bei der Bewältigung des russischen Importstopps ist die Politik in der Verantwortung. Es kann nicht sein, dass die Landwirte die Folgen allein ausbaden müssen.