Erbrecht Erbrecht: Von Pflichtteil bis Schenkung
Halle/MZ. - Philipp M., Bernburg: Wie sieht die neue Regelung bei Pflichtteil-Ergänzungsansprüchen im Fall von Schenkungen aus?
Antwort: Bisher gilt, dass Schenkungen erst zehn Jahre nach Vollzug der Schenkung nicht mehr zum Nachlass des Erblassers gehören. Bis dahin können sie zu hundert Prozent als Pflichtteil-Ergänzungsanspruch geltend gemacht werden. Vom 1. Januar 2010 an gilt die neue Regelung, wonach Pflichtteil-Ergänzungsansprüche bei Schenkungen jährlich abschmelzen. Stirbt der Schenkende ein Jahr nach der Schenkung, können Pflichtteilergänzungsansprüche nur noch zu 90 Prozent geltend gemacht werden, zwei Jahre danach zu 80 Prozent, nach drei Jahren zu 70 Prozent und so weiter.
Roland P., Burgenlandkreis: Meine verstorbene Frau hat zwei Kinder in die Ehe mitgebracht. Als Ehepartner haben wir uns gegenseitig als Erben eingesetzt. Bezieht sich der den Kindern meiner Frau zustehende Pflichtteil auch auf die auf meinen Namen geführten Geldkonten?
Antwort: Die Kinder Ihrer verstorbenen Frau haben einen Pflichtteilsanspruch auf das Vermögen Ihrer Frau zu deren Todestag, nicht aber auf Ihr Vermögen, also auch nicht auf die auf Ihren Namen laufenden Geldkonten.
Brigitte B., Dessau-Roßlau: Meine Tochter ist zu hundert Prozent geistig behindert. Im Fall meines Todes möchte ich, dass sie mein Haus und mein Erspartes erbt und dies nicht dem Sozialhilfeträger zufällt. Lässt sich das regeln?
Antwort: Es gibt ein sogenanntes Behindertentestament. Das ist eine Kombination aus Vor- und Nacherbfolge mit Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Damit dieses Testament in Ihrem Sinn wirksam wird, sollten Sie sich von einem Fachanwalts für Erbrecht oder einem Notar beraten lassen.
Bernhard K., Naumburg: Unser Sohn war verheiratet und hat ein eheliches Kind. Nach seinem Tod stellte sich heraus, dass das Kind nicht von ihm stammt. Könnte das Kind nach dem Tod von uns als Großeltern einen Pflichtteilsanspruch geltend machen? Ließe sich das mit einer Klage auf Vaterschaftsanerkennung des uns bekannten leiblichen Vaters verhindern?
Antwort: Wird ein Kind in der Ehe geboren, gilt die Vermutung, dass es aus der Ehe stammt. Damit ist Ihr Sohn rechtlich der Vater des Kindes. Sollten Sie als Großeltern sterben, würde dem Kind ein Pflichtteilsanspruch zustehen. Ob ein Vaterschaftsanfechtungsrecht besteht, muss geprüft werden.
Erich L., Bernburg: Der Stiefonkel meiner Frau ist gestorben. Es existieren keine anderen Verwandten. Ist sie erbberechtigt? Ein Testament liegt nicht vor.
Antwort: Die gesetzliche Erbfolge beruht mit Ausnahme des Ehegatten auf Blutsverwandtschaft. Da Ihre Frau zu dem Stiefonkel in keinem blutsverwandtschaftlichen Verhältnis steht, ist sie kein gesetzlicher Erbe.
Petra K., Merseburg: Wie lange habe ich Zeit für eine Erbausschlagung? Wie erfolgt sie?
Antwort: Ab dem Zeitpunkt, da Sie wissen, dass Sie Erbe geworden sind, gilt für die Erbausschlagung eine Frist von sechs Wochen. Die Erbausschlagung ist eine formbedürftige Erklärung zu Protokoll des Nachlassgerichts oder in notariell beglaubigter Form.
Karin M., Wittenberg: Wegen Überschuldung haben wir das Erbe der Eltern ausgeschlagen. Bis zu welchem Grad müssen wir als Kinder in dem Fall für Sonstiges wie Bestattungs- oder Mietkosten aufkommen?
Antwort: Das Bestattungsgesetz regelt, wer zunächst für die Bestattung aufkommen muss: der überlebende Ehegatte beziehungsweise die volljährigen Kinder. Diese sind im Todesfall verpflichtet, die Bestattung zu bezahlen. Sie haben jedoch einen Ausgleichsanspruch gegenüber den Erben. Gibt es wegen Überschuldung keine Erben, bleiben die Erstgenannten auf den Kosten sitzen. Auch wenn sie nicht Erbe sind (wegen Ausschlagung), haben die Kinder die Bestattungskosten zu übernehmen. Alle anderen noch bestehenden Verpflichtungen, beispielsweise Mietzahlungen, müssen nicht übernommen werden.
Elke F., Saalekreis: Unser Sohn hat sich um uns als Eltern nicht gekümmert. Wir möchten daher seinen Pflichtteilsanspruch minimieren. Geht das?
Antwort: Der Pflichtteil steht gesetzlich zu. Allerdings gibt es gesetzlich normierte Pflichtteil-Entziehungsgründe. Beispielsweise, wenn der Erbe zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wurde (gilt ab 1. Januar 2010), wenn der Erbe einen Tötungsversuch am Erblasser unternommen hat oder wenn schwere körperliche Misshandlungen stattgefunden haben. Wirksam werden Pflichtteil-Entziehungsgründe aber nur dann, wenn sie detailliert im Testament stehen. Ein nicht Kümmern um die Eltern, wie Sie es anführen, ist kein Pflichtteil-Entziehungsgrund.
Edith H., Bitterfeld: Ich möchte mein beim Nachlassgericht hinterlegtes Testament ändern. Kann ich zu Hause ein neues handschriftliches Testament aufsetzen? Muss ich das alte einziehen und das neue beim Nachlassgericht abgeben?
Antwort: Das Hinterlegen eines Testaments beim Nachlassgericht ist nur eine Aufbewahrungsform. Sie können Ihr Testament jederzeit abändern oder widerrufen und es auch zu Hause hinterlegen. Wichtig ist nur, dass die Erben im Todesfall das neue Testament beim Nachlassgericht einreichen.
Gertrud M., Halle: Wie ist das Erbverhältnis im Fall des Todes meines Mannes? Wir haben eine gemeinsame Tochter.
Antwort: Wenn es keinen Ehevertrag gibt und sie in gesetzlicher Gütertrennung leben, erben Sie und Ihre Tochter je zur Hälfte.
Christine K., Mücheln: Kann ein gemeinschaftlich errichtetes Testament nach dem Tod des Ehegatten vom überlebenden Ehepartner geändert werden?
Antwort: Ein gemeinschaftlich errichtetes Testament, bekannt als Berliner Testament, ist nach dem Tod eines Ehegatten nicht abänderbar. Es sei denn, dies ist in dem gemeinsam errichteten Testament ausdrücklich festgehalten.
Ute B., Zeitz: Unser Sohn erbt laut unserem gemeinsamen Testament unser Haus und will es verkaufen. Wir möchten, dass der Verkaufserlös seinem Kind, unserer Enkelin, zugute kommt. Wie geht das?
Antwort: Sie müssten Ihr Testament durch ein gemeinsames handschriftliches Vermächtnis ergänzen. Darin verfügen Sie, dass ein Verkaufserlös der Immobilie als Vermächtnis Ihrer Enkeltochter zugewendet werden soll. Das Vermächtnis können Sie auf einem Extrablatt handschriftlich gemeinsam anfertigen.
Fragen und Antworten notierten
Christoph Beyer und Dorothea Reinert.
Das fragten die Chatter
berta: Kann die im Testament festgelegte Teilungsanordnung von einem Erben abgelehnt und dafür von ihm der Pflichtteil verlangt werden? Die Erben sind Geschwister, Erblasser ist die Mutter.
Antwort: Den Pflichtteil kann nur derjenige verlangen, der durch eine Verfügung von Todes wegen, also zum Beispiel durch ein Testament, von der Erbfolge ausgeschlossen wurde. Wer jedoch die Erbschaft ausschlägt, weil ihm die Teilungsanordnung nicht gefällt, kann den Pflichtteil nicht verlangen (Paragraph 2303 BGB).
Gast: Ich bin testamentarische Alleinerbin von meinem verstorbenen Lebenspartner. Er war in einer Erbengemeinschaft. Da ich mit dieser Verwandtschaft keine Verbindung mehr habe, möchte ich aus dieser Erbengemeinschaft austreten. Was muss ich tun?
Antwort: Sofern Sie nicht Erbe Ihres Lebenspartners sein wollen, müssen Sie die Erbschaft ausschlagen. Mit der wirksamen Ausschlagung, die an das Nachlassgericht zu richten ist, sind Sie aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden.
jana: Habe ich als Stiefkind den selben Freibetrag wie ein leibliches Kind mit oder auch ohne Testament?
Antwort: Die erbschaftsteuerlichen Freibeträge sind für leibliche Kinder und Stiefkinder gleich.
Nina: Habe eine Erbschaft angetreten, im Nachhinein stellt sich heraus, dass auf dem Erbe Schulden lasten. Die Zeit der Erbausschlagung ist vorbei (sechs Wochen). Was kann ich tun, um da raus zu kommen?
Antwort: Sie können die Nachlassverwaltung oder in bestimmten Fällen auch die Nachlassinsolvenz beantragen. Für ein Nachlassinsolvenzverfahren müssen entweder Zahlungsunfähigkeit, Überschuldung oder drohende Zahlungsunfähigkeit gegeben sein.
schieli: Ich pflege Onkel und Tante (80 Jahre), wurde durch Testament als Erbe eingesetzt. Kinder haben beide nicht. Können andere Verwandte Ansprüche haben?
Antwort: Falls Sie mit "Ansprüchen" Pflichtteilsansprüche meinen, so ist die Antwort eindeutig: nein. Denn pflichtteilsberechtigt sind nur Abkömmlinge, Ehegatten und, sofern Kinder des Verstorbenen nicht vorhanden sind, noch lebende Eltern des Verstorbenen.