Energiebörse EEX in Leipzig Energiebörse EEX in Leipzig: Zeitenwende im Gashandel

Leipzig/MZ - Seit Jahren nimmt die Leipziger European Energy Exchange (EEX) für sich in Anspruch, eine der führenden Energiebörsen Europas zu sein. Doch so richtig bedeutend war sie bisher lediglich im Handel mit Strom. In der Branche wurde daher auch meist nur von der Strombörse gesprochen. Dies dürfte sich nun vielleicht ändern. Mit beachtlichen Schritten geht die EEX im Gasgeschäft voran: Im vergangenen Jahr wurden über den Handelsplatz 110,1 Terawattstunden Gas verkauft - ein Sprung von 46 Prozent zum Vorjahr. Noch besser lief es in den ersten drei Monaten dieses Jahres. Das Volumen erhöhte sich um 180 Prozent auf 83,4 Terawattstunden.
„Im Gasmarkt vollzieht sich ein Strukturwandel“, berichtet Börsenchef Peter Reitz. Große Energieversorger und Stadtwerke würden zunehmend Erdgas über Handelsplätze einkaufen, anstatt mit einzelnen Versorgern langfristige Lieferverträge mit Ölpreisbindung abzuschließen. Das rasante Wachstum zum Jahresanfang führt Reitz auch auf Unsicherheiten in der Gasbranche wegen der Ukraine-Krise zurück.
„Marktteilnehmer sichern sich über Termingeschäfte stabile Preise in der Zukunft“, so Reitz. Mehr als ein Drittel des deutschen Gasverbrauchs kommt aus Russland. Ungefähr die Hälfte dieser Gasimporte fließt bisher durch die Ukraine. Nach Worten von Reitz sind alle großen europäischen Gas-Unternehmen an der Börse tätig. Er sieht im Markt noch „enormes Potenzial für die EEX, denn der börsliche Anteil insgesamt am Gashandel liegt erst bei etwa fünf Prozent“.
Rekord im Stromgeschäft
Im Strommarkt besitzen die Energiebörsen bereits eine bedeutende Stellung. 20 Prozent des Gesamthandels wird über sie abgewickelt. Am Börsenpreis orientieren sich alle Marktteilnehmer - er gilt als Referenzpreis. An der Leipziger Energiebörse wurden im vergangenen Jahr 1 263 Terawattstunden allein im Terminmarkt gehandelt - ein Plus von 36 Prozent zum Vorjahr. Stadtwerke kaufen beispielsweise 2013 Strom ein, den Kraftwerksbetreiber erst 2014 physisch ausliefern. „Über unsere Börse wird häufig der beste Preis angeboten, dies zieht Teilnehmer an“, erläuterte Reitz das Wachstum. Der Stromhandel sei insgesamt geschrumpft, die EEX habe gegen den Trend Marktanteile gewonnen.
Dies spiegelt sich auch in der finanziellen Bilanz des Unternehmens. Nach Angaben von Finanzvorstand Iris Weidinger stieg der Umsatz um 30 Prozent auf rund 62,2 Millionen Euro. Unter dem Strich verdiente die EEX 13,7 Millionen Euro. Dies entspricht einer Umsatzrendite von 22 Prozent - ein Wert, von den Industriebetriebe nur träumen können. Auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wird sich über das Ergebnis freuen. Die EEX überweist nach eigenen Angaben im Jahr fünf Millionen Euro Gewerbesteuer an die Messestadt. Von den 161 Mitarbeitern der Börse arbeiten zudem 149 am Standort Leipzig.
Neues Büro in Mailand
Zum Wachstum setzt die Energiebörse jedoch auf die Expansion im Ausland. Nach Büros in Paris, London und Brüssel kommt nun Mailand hinzu. Die EEX will so neue Kunden in Italien gewinnen.
Zudem hat die Energiebörse im vergangenen Jahr die Mehrheit bei der Terminbörse Cleartrade Exchange mit Sitz im Stadtstaat Singapur (Asien) und London erworben. Dort wird nicht nur mit Strom, Gas und Kohle gehandelt. Die Marktteilnehmer können beispielsweise auch Eisenerz, Frachtkapazität und Emissionsrechte erwerben.
