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Hamburg Elbphilharmonie: Spektakuläre Fassade von Guardian Glas aus Thalheim

Von Steffen Höhne 11.01.2017, 12:00
Die Scheiben für die 16 000 Quadratmeter große Fassade liefen bei Guardian über das Band.
Die Scheiben für die 16 000 Quadratmeter große Fassade liefen bei Guardian über das Band. X02840

Bitterfeld-Wolfen - Die Hamburger Elbphilharmonie ist weit mehr als nur ein Konzerthaus. Das gläserne Gebäude mit seiner geschwungenen Dachlandschaft ist wahrscheinlich der architektonisch spektakulärste Neubau in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren.

Der wellenförmige Glasbau der Schweizer Architekten Herzog & de Meuron ist an der höchsten Stelle 110 Meter hoch - fast so hoch wie der Hamburger Michel mit 132 Meter. Die millionenteure Glasfassade erstreckt sich über 16 000 Quadratmeter und kommt: aus Sachsen-Anhalt. Genauer gesagt von Guardian Glas aus Thalheim - einem kleinen Ortsteil von Bitterfeld-Wolfen.

Guardian aus Thalheim lieferte Glas mit spezieller Beschichtung für Elbphilharmonie Hamburg

So spektakulär das Konzerthaus in Hamburg ist, so nüchtern sieht das Glas-Werk aus, in dem die Scheiben hergestellt wurden. Von außen fällt lediglich auf, dass die Fabrikhalle sehr lang ist. Im Inneren wird von mehr als 300 Mitarbeitern sogenanntes Floatglas für Fensterscheiben hergestellt.

Wichtige Rohstoffe wie Bruchglas, Sand oder Soda werden aus der Region zugeliefert und in einem Ofen bei 1 550 Grad Celsius geschmolzen. Das Glas fließt danach auf einem Bad aus flüssigem Zinn und wird anschließend abgekühlt und geschnitten.

Nach diesem Prinzip arbeiten fast alle großen Fensterglaswerke Europas. Das besondere Know-how von Guardian befindet sich in einer danebenstehenden etwa 60 Meter langen sogenannten Beschichtungsanlage. In der Maschine werde auf das Glas eine hauchdünne Schicht aufgedampft, sagt Guardian-Manager Ralf Greiner.

„Das geschieht im Nanometer-Bereich, für das menschliche Auge bleiben die Fensterscheiben klar und durchsichtig.“ Die drei mal sechs Meter großen Scheiben erhalten so besondere Eigenschaften.

Der Fachmann von Guardian nennt ein Beispiel: „Durch das Aufdampfen von Metallpartikeln, die das Sonnenlicht reflektieren, wird ein Sonnenschutz erreicht.“ Für die Elbphilharmonie fertigte Guardien auch Gläser mit Wärmeschutz-Eigenschaften. Diese werden an Weiterverarbeiter geliefert, die aus den Scheiben Isolierglas fertigen.

„Wir sind nur der erste Teil in der Produktionskette“, sagt Greiner. So habe das Biegen der Glasscheiben eine Spezialfirma aus Italien übernommen. Ein weiteres Unternehmen bedruckte sie anschließend noch.

Greiner muss in seinen Unterlagen nachschauen, wie die Herstellung genau ablief. Denn die Glasscheiben wurden in Thalheim bereits 2009/2010 produziert. Durch Verzögerungen und Pannen dauerte der Bau rund zehn Jahre.

Guardian aus Sachsen-Anhalt setzte sich weltweit gegen Wettbewerber durch

Guardian muss sich bei solchen Großaufträgen gegen zahlreiche Wettbewerber durchsetzen. Allein in Sachsen-Anhalt gibt es vier Flachglaswerke, hinzu kommt in der Nähe ein Werk im sächsischen Torgau. „Fünf Glashütten, das ist die höchste Dichte Europas“, so Greiner.

Dass Guardian bei spektakulären Gebäuden dennoch am Ende oft die Nase vorn hat, liegt nicht nur an den High-Tech-Gläsern selbst. Die Thalheimer, deren Mutter in den USA sitzt, haben sich durch mehrere Großprojekte einen exzellenten Ruf erarbeitet.

Der spektakulärste Auftrag war die Lieferung von Sonnenschutzgläsern für die Fassade des Burj Khalifa in Dubai, das mit 828 Metern höchste Gebäude der Welt. (mz)