Einweg-WC Einweg-WC: Das "Taschen-Örtchen" aus Halberstadt

Halberstadt/dpa - Die heißen Adamus, evamus und minimus. Zusammengefaltet sind sie kaum größer als eine Postkarte - und passen in jede Hand- und Hosentasche. Seit 2012 stellt die adamus Group GmbH aus Halberstädt „Taschen-Örtchen“ her. Patente für die handlichen Mini-Toiletten werden in Deutschland und Japan gehalten, Europa soll folgen. Die Firma kokettiert im Produktnamen bewusst mit dem Müssen müssen. Die Einwegurinale sind für Mann, Frau und die Kleinen gedacht.
Besonders im Fokus steht aber adamus, wie Geschäftsführer Marc Collinet (43) sagt. „Das Grundprodukt ist das für Männer. Für Frauen und Kinder gibt es Aufsätze und andere Verpackungen.“ Das Grundprodukt ist etwa 40 Zentimeter lang, besteht aus weicher dunkelblauer Folie und erinnert an eine Wärmflasche. „750 Milliliter gehen da rein“, sagt Collinet. „Ziemlich genau zwei volle Männerblasen.“ Ist die Flüssigkeit durch eine Art Flaschenhals nach unten gelaufen, ist sie auch schon wieder weg. „Ein Superabsorber nimmt sie auf. Es wird ein Gel, ähnlich wie bei einer Windel.“ Die Hersteller versprechen: Kein Auslaufen, kein Geruch, keine Keime.
Keine neue Erfindung
Wirklich erfunden wurde das tragbare Einwegurinal von Collinet und seinen vier Mitarbeitern nicht. Ob roadbag, ladybag oder Travel John: Im Internet etwa gibt es ähnliche Produkte auch von anderen Firmen.
In Halberstadt versuchte es etwa zehn Jahre zuvor eine andere Firma an gleicher Stelle unter gleichem Namen. „Aus Versuchen mit einem Folienschweißgerät und einer Babywindel entstand der erste adamus“, sagt Vertriebler Markus Evert. Etwa die Hälfte setzt er in der Medizin- und Pflegebranche ab, weitere Zielgruppen gibt es im Sport- und Freizeitbereich. „Ärzte, Apotheken, Selbsthilfegruppen und Krankenhausversorger stehen auf der Kundenliste“, sagt Evert. Die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern werden ebenso bedient wie die von Urlaubern, Jägern oder Segelfliegern.
Das Mini-WC wird für die einen zum Alltags- und für andere zum Notfallprodukt. „Wir empfehlen das Produkt Patienten mit einer bestimmten Drangsymptomatik. Sie nehmen es begeistert an“, sagt Urologe Albert Kaufmann vom Zentrum für Kontinenz und Neuro-Urologie der Kliniken Maria Hilf in Mönchengladbach (Nordrhein-Westfalen). Wer krankheitsbedingt schlecht aushalten kann, für den bedeute adamus Sicherheit, etwa im Stau. „Gerade für Männer ist das Produkt ideal“, sagt Kaufmann. „Aber es ersetzt keine Windel, denn wer keine Kontrolle über seine Harnblase hat, dem hilft auch das nicht.“
„Keiner spricht gern übers Pipimachen.“
Noch ist das Unternehmen von beeindruckenden Bilanzen weit entfernt. Collinet zufolge übersteigen die Kosten noch den Umsatz. „Seit 2011 haben wir etwa 600 000 Euro investiert“, sagt er. Dem stand im selben Jahr ein Umsatz von rund 3000 Euro gegenüber, 2012 waren es rund 40 000 Euro und in diesem Jahr wird es etwa dreimal so viel sein. „Wir wollen 2014 die 500 000 Euro-Marke knacken und peilen für 2015 rund 1,5 Millionen Euro Umsatz an.“ In der Produktionshalle laufen bei Bedarf stündlich etwa 2000 Taschen-WCs vom Band.
Aktuell muss das adamus-Team noch viele Hemmschwellen überwinden - bei Großabnehmern und Endverbrauchern. „Das ist ein schmaler Grat“, sagt Collinet. „Keiner spricht gern übers Pipimachen.“ Kritiker, die das Müllaufkommen durch die Benutzung von adamus & Co. skeptisch sehen, beruhigt Collinet. „Wir forschen aktuell gemeinsam mit der Fachhochschule Aachen an biokompatiblen Folien und Füllstoffen.“