Einspruch beim Finanzamt Einspruch beim Finanzamt: Steuerbescheid falsch - das können Sie tun

Halle (Saale)/DMN - Jeder dritte Steuerbescheid ist laut Bund der Steuerzahler falsch. Auch weil immer mehr Daten elektronisch ans Finanzamt gemeldet werden, zum Beispiel für die Einkommensteuererklärung, kommt es zu Fehlern. Deswegen raten Steuerexperten dringend zur genauen Kontrolle des Bescheids - um ggf. Einspruch dagegen einzulegen. Wir erklären, wie Sie dabei vorgehen müssen.
Wie lange habe ich für den Einspruch Zeit?
Wenn der Steuerbescheid ins Haus flattert, müssen Steuerzahler schnell handeln. „Einen Monat nach Bekanntgabe hat der Empfänger Zeit, um Einspruch einzulegen“, sagt Sylvia Mein, Pressesprecherin des Deutschen Steuerberaterverbands. Als Zeitpunkt der Bekanntgabe gilt regelmäßig das Datum des Steuerbescheids plus drei Tage. Wenn die Rechtsbehelfsbelehrung am Ende des Steuerbescheids fehlerhaft ist, kann sich die Einspruchsfrist aber auf ein Jahr verlängern.
Wie gehe ich dabei vor?
Ein Einspruch ist immer dann sinnvoll, wenn die Abrechnung von der Steuererklärung abweicht. Dazu muss der Steuerbescheid Stück für Stück kontrolliert werden. Lesen Sie am besten zunächst die Erläuterungen am Ende des Schreibens. Wenn das Finanzamt von den Angaben in der Steuererklärung abgewichen ist, gibt es dort einen Hinweis darauf, welche Punkte betroffen sind. „Wichtig ist, dass Sie eine Kopie Ihrer Steuererklärung bereithalten, um zu wissen, was Sie überhaupt beantragt haben“, sagt Rudolf Gramlich, Steuerreferent beim Lohn- und Einkommensteuer Hilfe-Ring Deutschland (Steuerring). Alles was dort aufgeführt ist, sollte im Steuerbescheid wieder auftauchen.
„Das Finanzamt ist übrigens verpflichtet, auf Abweichungen zwischen Steuererklärung und Steuerbescheid in den 'Erläuterungen' einzugehen“, so Gramlich. Meist gebe es eine kurze Erklärung, wie zum Beispiel: „Ihre Aufwendungen für die von Ihnen beantragte Fortbildung wurden nicht anerkannt, da diese nicht beruflich veranlasst sind.“
Wie kann ich Fehler nachweisen?
Häufig werden Daten gar nicht, falsch oder doppelt gemeldet, auch wertet das Finanzamt Daten zum Teil falsch aus oder verursacht Zahlendreher. Relativ einfach zu prüfen ist dies zum Beispiel bei den Werbungskosten, weil die Beträge einzeln ausgewiesen sind. Steuerexpertin Sylvia Mein empfiehlt Betroffenen, dem Finanzamt ggf. fehlende Belege nachzureichen, zum Beispiel in Form von Kontoauszügen. „Wenn man mit der Fehlersuche als Laie aber nicht zurecht kommt oder Rechtsfragen strittig sind, sollte man sich an einen Steuerberater wenden“, sagt die Rechtsanwältin.
Manchmal ist es nicht möglich, Abweichungen zuzuordnen – „dann sollten Sie Einspruch einlegen, getreu dem Motto 'Verschiedene Abzugspositionen wurden nicht berücksichtigt, bitte erläutern Sie mir diesen Sachverhalt.'“, rät Steuerfachmann Gramlich.
Wo finde ich Vorlagen oder Musterbriefe?
Wer googelt, findet Muster-Formulierungen im Internet, zum Beispiel auf dieser Seite. „Eigentlich muss man lediglich zum Ausdruck bringen, dass man mit dem Steuerbescheid nicht einverstanden ist“, weiß Gramlich vom Steuerring. Dabei werde eine laienhafte Formulierung akzeptiert – und keine steuerfachlich korrekte Ausformulierung erwartet.
Lohnt es sich, auf Musterprozesse zu verweisen?
Nicht immer sind steuerrechtliche Sachverhalte eindeutig geklärt. Aktuell geht es etwa vor dem Bundesfinanzhof (BFH) um die Frage, ob eine Rechtbehelfsbelehrung ohne Hinweis auf die Möglichkeit des Einspruchs per Mail unrichtig ist - und sich damit die Rechtsbehelfsfrist auf ein Jahr verlängert. „Ist beim BFH ein Verfahren anhängig, kann man seinen Einspruch darauf stützen wegen der dann eintretenden gesetzlichen Verfahrensruhe die Entscheidung abwarten“, erklärt Sylvia Mein vom Deutschen Steuerberaterverband. Wer sich im Steuerrecht nicht gut auskennt, sollte sich aber besser an einen Fachmann wenden. Der Hinweis auf laufende Verfahren an den Finanzgerichten beeindrucke die Behörde hingegen nicht, weiß Mein.
Wie sollte ich den Einspruch einreichen?
Manche Unklarheiten lassen sich schon im Telefonat mit dem zuständigen Sachbearbeiter klären. Einen Einspruch akzeptiert die Behörde entweder schriftlich - als Brief, Fax oder per E-Mail, denn eine Unterschrift ist nicht zwingend notwendig. Außerdem können Steuerzahler direkt zum Finanzamt und dort ihren Einspruch protokollieren lassen. „Wenn es um höhere Summen geht, empfehle ich, den Einspruch sicherheitshalber per Einschreiben mit der Post zu schicken“, sagt Steuerberaterin Sylvia Mein. So könnten Steuerzahler sicher gehen und belegen, dass der Brief auch zugestellt wurde, was bei einem Fax nicht der Fall sei.
Was ist, wenn ich durch den Einspruch Nachteile habe?
„Nach einem Einspruch muss der Sachbearbeiter den gesamten Steuerfall noch einmal neu prüfen“, sagt Sylvia Mein. Ist er danach der Ansicht, dass die Steuer sogar noch höher ausfallen müsste als zunächst festgesetzt, muss er auf die „Verböserung“ hinweisen. Der Steuerzahler kann dann seinen Einspruch schriftlich per Post oder Mail zurücknehmen - somit wird der alte Bescheid bestandskräftig. „Das würde ich aber vom Einzelfall abhängig machen. Wer seine Ansprüche aufrecht erhalten und gegen die Verschlechterung vorgehen will, sollte sich auf jeden Fall an einen Fachmann wenden“, rät Mein. Gegen jede Einspruchsentscheidung können Steuerzahler innerhalb eines Monats Klage vor dem Finanzgericht einreichen.
Übrigens müssen Steuerpflichtige keinen Einspruch einlegen, wenn sich das Finanzamt zu ihren Gunsten verrechnet hat.
Buchtipps:
Steuertipps Spezial: Keine Angst vor dem Finanzamt - So gehen Sie erfolgreich gegen Ihren Steuerbescheid vor.
Sylvia Meier: Der Einspruch im Steuerrecht: Grundlagen und Praxis.
