1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Edeka übernimmt Filialen: Edeka übernimmt Filialen: Tengelmann verkauft seine Kaiser's-Filialen an Edeka

Edeka übernimmt Filialen Edeka übernimmt Filialen: Tengelmann verkauft seine Kaiser's-Filialen an Edeka

Von Sebastian Wolff 07.10.2014, 09:39
Nach drei Käufen bei Kaiser’s kennt „Engine“ das Kaufverhalten des jeweiligen Kunden mindestens in den Grundzügen.
Nach drei Käufen bei Kaiser’s kennt „Engine“ das Kaufverhalten des jeweiligen Kunden mindestens in den Grundzügen. dpa Lizenz

Mülheim/Ruhr - Eine traditionsreiche deutsche Supermarktkette steht vor dem Aus: Die Tengelmann-Gruppe verkauft ihre insgesamt 451 Kaiser’s und Tengelmann-Märkte an den Konkurrenten Edeka. Dort sollen sie als Edeka-Märkte weitergeführt werden, so dass die Markennamen Kaiser’s und Tengelmann verschwinden dürften – sofern das Kartellamt zustimmt.

Die Supermarktkette ist in Berlin und Nordrhein-Westfalen mit ihren Kaiser’s-Märkten vertreten. Allein in Berlin gibt es 120 Kaiser’s Filialen. Darüber hinaus operiert die Kette nur noch in der Region München, wo sie allerdings ausschließlich unter dem Markennamen Tengelmann auftritt. Insgesamt werden in den Kaiser’s und Tengelmann-Filialen fast 16.000 Mitarbeiter beschäftigt, mehr als ein Drittel davon (5 546) in Berlin. Zudem übernimmt Edeka die Online-Tochter Tengelmann E-Stores mit dem Ziel, sie in die Tochter Netto zu integrieren.

Ganz überraschend erfolgt der Schritt nicht: Vor wenigen Monaten hatte die Tengelmann-Gruppe, die auch die Mehrheit an der Baumarktkette Obi und am Textildiscounter Kik hält, bekanntgegeben, ihr seit Jahren defizitäres Supermarktgeschäft auf den Prüfstand zu stellen. „Das Ergebnis der Analyse ist auf schmerzliche Weise eindeutig“, räumte Konzernchef Karl-Erivan W. Haub am Dienstag ein. „Wir sehen leider keine Perspektive mehr, unsere Supermärkte aus eigener Kraft zu einem profitablen Unternehmen zu machen.“ Deshalb sei der Verkauf der Supermärkte unausweichlich.

Verdi in Sorge um Mitarbeiter

Wichtigster Grund sei, dass es die Kette nur auf einen Marktanteil von 0,6 Prozent bringe. „Damit sind wir mit unseren Supermärkten zu klein, um weiterhin im Markt eine Chance zu haben“, so Haub. Im hart umkämpften Einzelhandel verschaffen sich große Unternehmen Wettbewerbsvorteile, in dem sie ihre Marktmacht nutzen, um besonders günstige Einkaufspreise zu erzielen. Hier geriet Tengelmann zuletzt immer mehr ins Hintertreffen.

Für die Mitarbeiter des Konzerns sind die Perspektiven völlig unklar. Zwar sollen die Mitarbeiter zunächst übernommen werden, doch ob sie auf Dauer bleiben können, ist fraglich. Lediglich für die Filialleiter selbst scheint die Zukunft gesichert – bei entsprechender Risikobereitschaft. Ihnen stellt Edeka nämlich in Aussicht, die Filialen als selbstständige Kaufleute unter dem Edeka-Dach zu übernehmen.

Denn anders als die Kaiser’s und Tengelmann-Filialen, wo die Filialleiter Angestellte sind, handelt es sich bei Edeka um eine Genossenschaft, bei dem die meisten Filialleiter auf eigene Rechnung arbeiten und dem Konzern lediglich einen Teil ihrer Einnahmen abführen.

Doch die Gewerkschaft Verdi ist skeptisch: Bei Edeka hätten tausende Beschäftigte weder den Schutz von existenzsichernden Tariflöhnen noch einen Betriebsrat. „Dieses Edeka-Muster darf auf keinen Fall auf die Filialen von Kaiser’s und Tengelmann übertragen werden“, forderte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.

„Die Chance auf Selbstständigkeit, die Edeka propagiere, bedeute in Wahrheit ein Risiko für die Beschäftigten durch Niedriglöhne. Unklar ist auch, ob alle Kaiser’s- und Tengelmann-Märkte auf Dauer überleben werden. So gibt es in Berlin zahlreiche Kaiser’s-Filialen in unmittelbarer Nähe zu Edeka-Geschäften.

Womöglich macht aber das Kartellamt den Plänen der beiden Konzerne noch einen Strich durch die Rechnung. Die Behörde ist nämlich über die Entwicklung im Lebensmittelmarkt besorgt. „Schon die jetzige Konzentration ist ein Problem“, sagte Kartellamtspräsident Andreas Mundt der Berliner Zeitung. „Jede weitere Konzentration wirft schwierige wettbewerbsrechtliche Fragen auf.“

So hatte die Behörde im September eine Untersuchung der Branche vorgelegt, die zu dem Ergebnis kommt, dass die Riesen Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe (Lidl und Kaufland) einen Marktanteil von 85 Prozent haben. Insider vermuten, dass die Übernahme – wenn überhaupt – nur unter strengen Auflagen genehmigt wird. Das könnte bedeuten, dass Edeka in bestimmten Regionen Filialen in großem Stil abgeben müsste. (mit fw.)