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Shutdown im Lockdown Dow Olefinverbund in Schkopau fährt Kunststoff-Anlagen runter

Von Steffen Höhne 02.11.2020, 05:00
Dow produziert am Standort Schkopau synthetische Kunststoffe, aus denen unter anderem Medizinartikel wie Handschuhe werden.
Dow produziert am Standort Schkopau synthetische Kunststoffe, aus denen unter anderem Medizinartikel wie Handschuhe werden. Peter Wölk

Schkopau - Einer der größten Chemiebetriebe in Sachsen-Anhalt fährt runter: Die Dow Olefinverbund aus Schkopau hat in der vergangenen Woche einen ihrer wichtigsten Bereiche abgeschaltet, die Kunststoff-Anlagen. Dabei handelt es sich um einen planmäßigen Shutdown für eine Generalüberholung. Doch funktioniert eine Großbaustelle im nun neuen Lockdown?

Alle fünf Jahre findet ein sogenannter Turnaround statt, man könnte auch sagen, die Anlage erhält eine Art Tüv. „Wir prüfen alle technischen Anlagen, erneuern verschiedenste Teile und nutzen die Revision auch für technologische Verbesserungen“, sagt Lars Domogalla, Leiter Sicherheit und Umweltschutz bei Dow. Etwa 300 zusätzliche Mitarbeiter von Dienstleistern übernehmen die Arbeiten. Die Kosten: ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag.

Arbeiten verschoben

Ursprünglich sollten die Arbeiten bereits im Frühjahr vorgenommen werden. „Wegen der Pandemie hatten wir den Termin damals verschoben“, sagt Domogalla. Doch nun drängt die Zeit. „Es gibt gesetzliche Wartungsintervalle, die eingehalten werden müssen“, erklärt er. Geschieht das nicht, könnte am Ende sogar die Abschaltung drohen. Dow hat nach eigenen Angaben die vergangenen Monate genutzt, um ein umfassendes Hygienekonzept zu erstellen. Gleich am Toreingang findet jeden Tag eine Temperaturmessung der Mitarbeiter statt. „Die Kollegen, die aus Risikogebieten kamen, mussten einen Corona-Test machen“, erläutert Domogalla. Alle Ergebnisse seien negativ gewesen.

Von den 300 zusätzlichen Mitarbeitern stammen den Angaben zufolge 20 bis 30 Prozent aus dem europäischen Ausland; meist ist dort das Infektionsgeschehen noch höher als in Deutschland. Domogalla hält das Risiko für überschaubar: „Viele der Kollegen gehören zum Stammpersonal der Spezialfirmen, sind bereits seit Monaten in Deutschland und arbeiten hier auf verschiedenen Baustellen. Kollegen, die jetzt extra zum Beispiel aus Ungarn eingereist sind, wurden zweimal getestet.“ Am Standort und in den Anlagen werden nach Worten des Sicherheitschefs die Kontakte auf das Nötigste beschränkt: Es gibt ein „Einbahnstraßensystem“ für Laufwege, der Mindestabstand liege mit 1,8 Metern über dem gesetzlich geforderten, und Mahlzeiten in der Kantine oder den Versorgungszelten werden versetzt eingenommen. Zudem gilt eine Maskenpflicht in allen Gebäuden. „Wir schreiben das nicht nur vor, sondern kontrollieren das auch“, sagt Domogalla. All das werde in Abstimmung mit dem Gesundheitsamt und der Gewerbeaufsicht vorgenommen.

Die Arbeit auf der Baustelle ist klar gegliedert: Einige Teams zerlegen Rohre, andere säubern Anlagen oder zerlegen Motoren. „Mit Spezialkameras wird beispielsweise untersucht, ob sich Risse in den Behältern gebildet haben“, so Domogalla. In den Anlagen herrschen hohe Drücke, kleinste Defekte könnten große Schäden und Unfälle auslösen.

Untergebracht sind die Monteure regional in Hotels und Pensionen. Verantwortlich dafür sind die Spezialfirmen selbst. Regelmäßige Corona-Tests wie sie etwa zeitweise die Total Raffinerie in Leuna bei ihren Beschäftigten vorgenommen hat, gibt es bei Dow nicht. „Zu hundert Prozent kann man Infektionen vor allem im privaten Umfeld der Mitarbeiter nicht ausschließen. Unser Konzept ist darauf ausgerichtet, dass es bei uns im Werk zu keinen Ansteckungen kommt - das gilt für die Abstellung wie für den regulären Betrieb in den anderen Anlagen“, so der Dow-Manager. Bislang sei das durch die Schutzmaßnahmen vor Ort gelungen.

Bis Ende des Monats soll der Stillstand der Anlagen dauern, dann wird wieder voll produziert. Wie viele andere Chemiebetriebe auch, ist Dow Olefinverbund mit 1.500 Mitarbeitern an den Standorten Schkopau, Leuna (beide Saalekreis) und Böhlen (Sachsen) bisher wirtschaftlich gut durch die Pandemie gekommen.

Kapazitäten ausgelastet

Die hergestellten Kunststoffe werden vor allem an die Verpackungs- und Lebensmittelindustrie geliefert sowie für Medizinartikel wie OP-Kittel und Handschuhe verwendet. „Das Geschäft unserer Kunden läuft stabil“, sagt Firmensprecherin Sandra Brückner. Auch im Frühjahr sei Kurzarbeit in Schkopau daher kein Thema gewesen. Teilweise habe es wegen Grenzschließungen innerhalb der EU Einschränkungen in den Lieferketten gegeben.

Die nun vorgenommene Millionen-Investition in die Kunststoffanlagen ist auch ein Zeichen dafür, dass Dow erwartet, dass die Geschäfte auch in den kommenden Jahren ordentlich laufen. (mz)