Experte zu Diesel-Plänen Diesel: Laut Experten könnte es für die Unternehmen richtig teuer werden

Berlin - Umtauschprämien und Umrüstungen älterer Dieselautos könnten die deutschen Autohersteller nach ersten Schätzungen einen zweistelligen Milliardenbetrag kosten. Der Branchenexperte Stefan Bratzel rechnete am Dienstag mit etwa 2,5 Millionen Fahrzeugen, die umgetauscht und nachgerüstet werden können. Bei Aufwendungen zwischen 2500 und 5000 Euro pro Fahrzeug summierten sich die Kosten für die Autobauer damit auf 6 bis 12,5 Milliarden Euro. Allerdings profitierten sie teilweise auch vom Neuverkauf von Fahrzeugen.
Wenn der Wertverlust der alten Diesel bei der Inzahlungnahme zusätzlich ausgeglichen werde, „ist von einer hohen Nachfrage der berechtigten Teilnehmer in den Regionen auszugehen“, betonte Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Wenn umgerüstete Fahrzeuge mit gesenktem Stickoxid-Ausstoß von Fahrverboten ausgenommen würden, könnte sich das positiv auf Restwerte und auf Umrüstquoten auswirken. Bei Nachrüstungen komme es aber darauf an, für wie viele Modelle sie technisch möglich seien, ob die Autohersteller dafür zahlten und wer für mögliche Folgeschäden hafte. Zudem sei „bei der Umsetzung mit einem Zeitverzug von mindestens einem Jahr zu rechnen“.
Angebote für besonders schmutzige Diesel
Die Koalitionsspitzen hatten sich am Dienstag darauf geeinigt, dass Besitzer älterer Diesel in Regionen mit besonders schmutziger Luft neue Angebote zum Kauf sauberer Wagen und für Motor-Nachrüstungen bekommen sollen. Dazu gehören unter anderem Großstädte wie Köln, Hamburg oder München – aber auch kleinere Städte wie Düren oder Limburg an der Lahn.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) lobten den Kompromiss um den Diesel als großen Fortschritt – obwohl der Klärungsbedarf weiterhin groß ist. Das gilt vor allem für die Nachrüstungen, bei denen nicht alle Autohersteller mitziehen wollen. „Das Thema Tausch und Umtausch oder Prämien wirkt unmittelbar und sofort, das haben mir die deutschen Hersteller so auch zugesagt“, sagte Schauer bei der Vorstellung des Diesel-Konzepts der großen Koalition in Berlin. „Bei der Hardware-Nachrüstung müssen wir noch Gespräche führen, nicht nur auf der finanziellen Seite, sondern auch auf der technischen Seite.“
BMW-Fahrer sollen bis zu 6000 Euro Prämie bekommen
BMW habe sich zum Beispiel entschlossen, überhaupt keine Hardwarenachrüstungen zu machen. BMW-Fahrer in Regionen mit hohen Stickoxid-Belastung bekämen 6000 Euro Rabatt, wenn sie ihren Euro-4- oder Euro-5-Diesel durch ein Neufahrzeug ersetzten, sagte ein BMW-Sprecher am Dienstag in München. Beim Kauf eines jungen Gebrauchten oder eines Vorführwagens zahle der Konzern 4500 Euro Umtauschprämie.
Auch Opel wehrt sich gegen die Nachrüstungen. Das Unternehmen lehne die Nachrüstungen ab, „da sie ökonomisch nicht sinnvoll und technologisch nicht ausgereift sind“, teilte Opel am Dienstag in Rüsselsheim mit. Zudem würde es zu lange dauern, die Nachrüstungen durchzuführen. Zugleich erklärte Opel, man habe noch keine Entscheidung über weitere Maßnahmen getroffen.
Laut Scheuer gebe es andere Hersteller, die ihr Okay gegeben haben – er sagte das zum Beispiel mit Blick auf VW. Man habe sich politisch geeinigt, jetzt gehe es um die Details der Umsetzung. Er habe einen ersten Rundruf gestartet. Das Konzept sei positiv bewertet worden von den deutschen Herstellern. Er hoffe darauf, dass auch ausländische Hersteller attraktive Angebote machen werden. „Wir sitzen im Koalitionsausschuss ja nicht mit der Automobilindustrie zusammen“, betonte Scheuer, dass nun noch weitere Gespräche anstehen. Er rede auch mit ausländischen Herstellern.
Daimler will sich den Vorschlag genau anschauen
Derweil hält der Autobauer Daimler seine Position zu den Diesel-Beschlüssen der Regierungskoalition in Berlin vorerst offen. Man habe konstruktive Gespräche über Lösungen für die Kunden geführt, nun werde man sich den Vorschlag genau anschauen und sich dann erst dazu äußern, hieß es am Dienstag am Rande des Pariser Automobilsalons.
Vor allem für schmutzige Euro-5-Diesel soll als Option neben einer Umtauschprämie für den Kauf eines sauberen Autos der Einbau zusätzlicher Abgasreinigungstechnik am Motor ermöglicht werden. Wenn Besitzer eine solche Hardware-Nachrüstung wollen und solche Systeme verfügbar und geeignet sind, erwartet der Bund „vom jeweiligen Automobilhersteller, dass er die Kosten hierfür einschließlich des Einbaus übernimmt“. Die Haftung sollen die Nachrüstfirmen übernehmen.
Scheuer betonte, es gebe im Werkvertragsrecht klare Regelungen, dass jeder Hersteller Verantwortung für seine Bauteile übernehmen müsse - also in diesem Fall die Hersteller der Abgasreinigungstechnik. (dpa/red)
