Fragen&Antwort zum Mars-Rückruf Die Kosten werden in die Millionen gehen: Der Süßwaren-Multi Mars will seine Kunden entschädigen, hofft aber auf Schadensbegrenzung. Ein Überblick über den Stand der Dinge.
Berlin - Es ist ein Rückruf der Superlative: Weil eine Kundin einen Schokoriegel aß und dabei auf ein Plastik-Teil biss, ruft der Süßwaren-Multi Mars Chocolate in Deutschland und mehr als 50 weiteren Ländern Produkte wie Mars, Snickers und Milky Way zurück.
Die Kunden sollen entschädigt werden. Das Unternehmen hofft, den Image-Schaden einigermaßen begrenzen zu können. „Die Kosten werden in die Millionen gehen. Aber die Sicherheit der Verbraucher ist zurzeit wichtiger“, heißt es von Seiten des Konzerns. Ein Überblick über den Stand der Dinge.
Gibt es inzwischen mehr Klarheit darüber, welche Produkte zurückgerufen werden?
Ja. Das Unternehmen präzisierte dazu am Mittwoch seine Angaben. Am Dienstag hatte es noch geheißen, es gehe in Deutschland um alle Produktformate der Marken Mars und Snickers, um Milky Way Minis und Miniatures sowie um diverse Formate der Süßwaren-Mischung Celebrations – und zwar jeweils mit einem Mindesthaltbarkeitsdatum vom 19. Juni 2016 bis zum 8. Januar 2017. Nun grenzte der Anbieter diesen Zeitraum deutlich ein und listete gesonderte Mindesthaltbarkeitsdaten auf: Bei Mars-Schokoriegeln geht es nur noch um die Spanne vom 7. August bis zum 16. Oktober 2016, bei Snickers um die Zeit vom 19. Juni bis zum 28. August 2016, bei Milky Way Minis um den Zeitraum vom 4. September 2016 bis 8. Januar 2017 und bei Celebrations um die Zeit vom 19. Juni bis zum 28. August 2016.
Was können Kunden jetzt tun?
Auf der Webseite des Unternehmens (www.mars.de) gibt es nähere Informationen darüber, welche Packungsgrößen und Gebinde der jeweiligen Produkte betroffen sind. Dort befindet sich auch ein Kontaktformular. Kunden können sich überdies an eine Hotline unter der Telefon-Nummer 02162/500-2150 wenden. Diese ist jedoch überlastet, bei einem Probe-Anruf am Mittwochmorgen stand erst nach 20 Minuten ein Gesprächspartner zur Verfügung. Mars will die betroffenen Produkte zurücknehmen. Die Kunden erhalten dann aber kein Bargeld, sondern frische Ware „und etwas obendrauf“, wie ein Sprecher sagte. Die Hotline soll täglich zwischen 8 und 24 Uhr zur Verfügung stehen.
Wie geht der Umtausch vonstatten?
Wer die Hotline anruft, wird nach der Chargen-Nummer des Produkts gefragt. Sie befindet sich auf der Verpackung. Anhand dieser Nummer kann das Unternehmen feststellen, ob der jeweilige Riegel tatsächlich unter den Rückruf fällt. Falls ja, bekommt der Kunde ein so genanntes Rücksende-Etikett zugeschickt. Er kann damit die Ware an den Hersteller zurücksenden, ohne dass zusätzliche Porto-Kosten anfallen. Erste Handelsketten, etwa die Real-Märkte und der Discounter Lidl, kündigten bereits an, die Ware ebenfalls zurückzunehmen und den Kunden auf Wunsch auch den Kaufpreis zu erstatten. Lidl will die Produkte „im Interesse der Kundenzufriedenheit“ auch ohne Vorlage des Kassenbons zurücknehmen.
Was sagen Verbraucherschützer und Politiker zu der Aktion?
Die Verbraucherschutz-Organisation Foodwatch lobte am Mittwoch das Vorgehen des Unternehmens. „Wir finden es gut, dass Mars so offen kommuniziert. Man kann sich vorstellen, was los wäre, wenn etwa ein Kind an einem Plastikteil ersticken würde“, sagte ein Sprecher. Leider sei es in anderen Fällen nicht immer so, dass die Unternehmen bei Rückrufen in die Offensive gehen. Die Möglichkeiten, etwa über Facebook, Newsletter oder die eigene Webseite mit den Kunden in Verbindung zu treten, würden oft nur unzureichend genutzt.
Die Behörden seien aufgrund einer unklaren Rechtslage nur eingeschränkt befugt, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit an sich zu ziehen. Die Vorsitzende des Verbraucherschutz-Ausschusses im Bundestag, Renate Künast (Grüne), wertete das Vorgehen des Süßwarenkonzerns als Zeichen eines Kulturwandels: „Früher hat man manches vertuscht.“ Ein Sprecher des Ernährungsministeriums in Berlin sagte: „Nach alldem, was wir zum jetzigen Zeitpunkt wissen, sind die nötigen Maßnahmen, die für derartige Fälle vorgeschrieben sind, ergriffen worden.“
Wie wurde das Unternehmen auf die Verunreinigung aufmerksam?
Eine Kundin in Deutschland hatte ein 0,5 Zentimeter großes Kunststoffteil in einem Mars-Riegel entdeckt und sich daraufhin beim Hersteller beschwert. Nach Unternehmensangaben handelt es sich bei dem Fund um das Bruchstück einer Leitungsabdeckung aus einem niederländischen Produktionsbetrieb in der Provinz Brabant. Dort sei eine Leitung unlängst ausgetauscht worden, wobei das Plastik in den Schokoriegel geraten sein könne, sagte ein Unternehmenssprecher der niederländischen Rundfunkanstalt NOS.
Wie viele Produkte sind von der Rückrufaktion betroffen?
Eine genaue Zahl teilte das Unternehmen bisher nicht mit. Es werden aber mit Sicherheit einige hundert Millionen einzelner Riegel sein. Schließlich stellt die Mars-Fabrik im niederländischen Veghel täglich 27 Millionen Schokoriegel her, die in 60 Länder exportiert werden. Die nun zurück gerufenen Süßigkeiten waren in dem vierwöchigen Zeitraum unmittelbar nach Jahreswechsel produziert worden. Allerdings sind nicht alle Erzeugnisse der Fabrik betroffen, da dort auch andere Lebensmittel hergestellt werden.
Was stellt Mars außer Süßigkeiten her?
Das 1911 im US-Bundestaat Washington gegründete Familienunternehmen erzielt seinen Jahresumsatz von zuletzt 33 Milliarden US-Dollar nicht allein mit Schokoriegeln. Ein wichtiges Geschäftsfeld ist die Tiernahrung. Darunter befinden sich viele bekannte Marken, zum Beispiel anderem Frolic, Chappi, Pedigree, Sheba, Whiskas, Kitekat und Trill. Im Lebensmittelbereich stellt Mars Incorporated unter anderem Uncle Ben’s Reis und Mirácoli her. Nachdem Mars im Oktober 2008 die Wrigley Company für 23 Milliarden Dollar übernommen hatte, zählen auch Kaugummisorten wie Orbit und eben Wrigley s zu den Umsatzbringern. Außerdem stellt Mars DNS-Tests für Hunde und Nahrungsergänzungsmittel her. Mars beschäftigt weltweit 75 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der 1960 gegründete Ableger Mars Deutschland mit Niederlassungen in Viersen Minden, Unterhaching, Mogendorf und Verden zählte 2014 rund 2600 Beschäftigte erzielte einen Umsatz von 1,8 Milliarden Euro.