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Die Kästen sind zu billig Die Kästen sind zu billig: Kleine Brauereien in Sachsen-Anhalt fordern höheres Pfand

Von Alexander Schierholz 31.08.2019, 00:00
Zahlreiche Brauereien fordern einen deutlichen höheren Pfand für Bierflaschen. Wird das Käufer abschrecken?
Zahlreiche Brauereien fordern einen deutlichen höheren Pfand für Bierflaschen. Wird das Käufer abschrecken? dpa

Halle - Am Ende gibt es mehr Geld zurück, aber erst einmal müssen Verbraucher mehr bezahlen: So wäre es, wenn sich private Brauereien mit ihrer Forderung nach einem höheren Pfand für Bierkästen durchsetzen würden. Diese Idee hat nun einen prominenten Fürsprecher gefunden.

Das Umweltbundesamt unterstützt den Vorstoß. „Aus Umweltsicht ist ein höheres Pfand sinnvoll“, sagte Gerhard Kotschik, Verpackungsexperte bei der Dessauer Behörde. „Das stärkt das Mehrwegsystem.“

Verband privater Brauereien will Pfand erhöhen

Der Verband privater Brauereien hatte in der vergangenen Woche ein bundesweit einheitliches Kastenpfand von fünf Euro gefordert. Die bisherigen Pfandsätze - acht Cent für eine Bierflasche, 1,50 Euro für einen Kasten - seien für viele Verbraucher kein ausreichender Anreiz, Leergut zurückzubringen, argumentierte der Verband. Die Brauereien müssten dann neue Gebinde kaufen, diese seien aber wesentlich teurer.

„Die Wiederbeschaffungskosten für Flaschen und Kästen sind deutlich gestiegen“, sagte Verbandsgeschäftsführer Roland Demleitner der MZ. Im Ankauf koste eine Flasche 15 bis 20 Cent, ein Kasten fünf Euro. Das Pfand, das die Branche selbst festlege, sei dagegen seit 40 Jahren nicht erhöht worden, daher müssten die Brauereien bei Neukauf draufzahlen. Demleitner geht deshalb noch weiter: Ein höheres Pfand auch auf Flaschen sei „der konsequente nächste Schritt“.

Brauereien: Pfand ist billiger als Neupreis eines Kastens

Der Vorstoß ist in der Branche allerdings umstritten, zumal eine Reihe von Privatbrauereien aus Bayern mit einem Alleingang gedroht hat: 40 Betriebe wollen das Kastenpfand vom März kommenden Jahres an auf sechs Euro aufstocken, falls bis dahin keine bundesweite Regelung gefunden ist.

Der Handelsverband Deutschland sprach von einer „maßlosen Erhöhung“ und warnte vor weiteren Umsatzrückgängen: Nur bei Milch seien Kunden noch preissensibler als bei Bier, das schon seit Jahren mit rückläufigen Absätzen zu kämpfen habe.

Auch Brauriesen wie die zum weltgrößten Bierkonzern AB Inbev gehörende Hasseröder Brauerei aus Wernigerode reagierten zurückhaltend: Es mache wenig Sinn, als einzelner Marktteilnehmer mit Insellösungen vorzupreschen, sagte eine Konzernsprecherin der MZ. Sie verwies, wie auch der Deutsche Brauerbund, auf eine Arbeitsgruppe verschiedener Branchenverbände, die sich „mit dem Erhalt und der Fortentwicklung des Mehrwegpoolsystems“ befassen solle. Der Brauerbund vertritt, anders als der Verband privater Brauer, auch Großbrauereien.

Kleine Brauerein unterstützen Pfand-Vorschlag

Bei kleinen Betrieben in Sachsen-Anhalt findet ein höheres Kastenpfand dagegen Zustimmung. Angesichts der Differenzen zwischen den Beschaffungskosten für Flaschen und Kästen und den jetzigen Pfandsätzen sei das erforderlich, sagte Harald Eisenmann, Geschäftsführer der Bitterfelder Brauerei. Ähnlich äußerte sich Cem Schwarz-Thormann, Prokurist bei der Landsberger Brauerei im Saalekreis. Nach Schätzungen des Unternehmens liegt die Rücklaufquote bei Kästen bei rund 70 Prozent. „Manchmal sieht man bei Facebook, dass jemand unsere Kästen im Garten verbaut hat“, so Schwarz-Thormann.

Ihm geht es auch um Ressourcenschonung: Eine Bierflasche könne 50 bis 70 Mal befüllt werden und habe eine Lebensdauer von zehn bis zwölf Jahren. Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt betonte, mit jedem Umlauf einer Mehrwegflasche würden Einwegflaschen vermieden. Allerdings sinkt der Anteil von Mehrwegflaschen aller Getränkesorten seit Jahren, zuletzt lag er nach Angaben des Umweltbundesamtes bei 44 Prozent - nach den Vorgaben der Verpackungsverordnung müssten es 80 Prozent sein. (mz)