Banken Trotz Rekordgewinn: Commerzbank streicht fast 4.000 Jobs
Der Commerzbank droht eine feindliche Übernahme durch die italienische Unicredit. Nun will die Bank effizienter werden - und streicht dafür Tausende Stellen vor allem in Deutschland.
![Deutschlands zweitgrößte Privatbank setzt sich ehrgeizigere Ziele (Archivbild)](https://bmg-images.forward-publishing.io/2025/02/13/7af1f09e-d401-4aaf-b095-62349a840c0e.jpeg?w=1024&auto=format)
Frankfurt/Main - Kosten runter, Gewinne rauf: Mit dem Abbau Tausender Jobs und steigenden Überschüssen will die von der italienischen Unicredit bedrängte Commerzbank ihre Eigenständigkeit retten. Es gehe darum, den Dax-Konzern „als feste Größe unter den erfolgreichen europäischen Banken zu etablieren“, sagte Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp bei der Vorstellung ihrer Strategie bis 2028 in Frankfurt.
Um effizienter zu werden, streicht Deutschlands zweitgrößte Privatkundenbank bis Ende 2027 etwa 3.900 Vollzeitstellen. 3.300 der Jobs fallen in Deutschland weg und damit 17 Prozent der Stellen der Commerzbank AG hierzulande - trotz eines Rekordgewinns im vergangenen Jahr.
Weil zugleich etwa bei der polnischen mBank und an Standorten in Asien neue Stellen geschaffen werden sollen, werde der Personalbestand im Konzern weitgehend konstant bei 36.700 Vollzeitkräften weltweit bleiben. Ende 2004 zählte der Commerzbank-Konzern 36.842 Vollzeitstellen.
Jobabbau vor allem in Deutschland
Von dem Abbau in Deutschland sind nach Angaben der Bank vor allem die Zentrale in Frankfurt sowie weitere Standorte im Rhein-Main-Gebiet betroffen. Dort insbesondere Stabsfunktionen wie etwa Kommunikation oder Gebäudemanagement, die Stäbe von Bereichsvorständen oder Backoffice-Tätigkeiten wie Abwicklung und Verwaltung von Geschäften. Ende vergangenen Jahres zählte die Commerzbank AG in ihrem Heimatmarkt 19.370 Vollzeitstellen.
„Um diesen Transformationsprozess sozialverträglich zu gestalten, setzt die Commerzbank vor allem auf den demografischen Wandel und die natürliche Fluktuation“, teilte die Bank mit. Mit den Arbeitnehmervertretungen seien bereits Eckpunkte für ein Altersteilzeit-Programm vereinbart, das noch im laufenden Jahr greifen soll.
Unicredit lässt nicht locker
Die Commerzbank steht unter Druck, seit die Unicredit im Herbst den Teilausstieg des Bundes genutzt hat, um im großen Stil bei der Commerzbank einzusteigen. Inzwischen kontrolliert die Mailänder Großbank gut 28 Prozent der Anteile des Dax-Konzerns, davon rund 9,5 Prozent direkt über Aktien und knapp 18,6 Prozent über Finanzinstrumente. Ab einem 30-Prozent-Anteil wäre die Unicredit verpflichtet, den übrigen Commerzbank-Aktionären ein Kaufangebot zu unterbreiten.
Unicredit-Chef Andrea Orcel arbeitet seit Monaten auf eine Übernahme hin. Zwei Tage vor der Strategiepräsentation der Commerzbank nutzte die Unicredit ihre eigene Bilanzvorlage auch dazu, den Frankfurtern öffentlich einen Fragenkatalog zu übermitteln - darunter die provokante Frage: „Sind die neuen Ziele realistisch - vor allem, wenn man bedenkt, dass die früheren Ziele nicht erreicht wurden - oder beruhen sie auf zu optimistischen Annahmen und dem Druck, ein potenzielles Angebot abzuwehren?“
Commerzbank-Chefin Orlopp konterte bei der Strategievorstellung: „Ich kann Ihnen versichern: Auf alle Fragen, die unser italienischer Wettbewerber und Investor in dieser Woche interessanterweise zu unserer Strategie gestellt hat, haben wir klare Antworten.“
Ein Übernahmeangebot der Unicredit liegt bislang nicht vor. Vor dem vierten Quartal 2025 oder dem ersten Quartal 2026 werde sein Haus auch keines vorlegen können, hatte Orcel diese Woche gesagt.
Angesichts der Widerstände in Deutschland will der Manager die Zeit nutzen, um bei einer neuen Bundesregierung für seine Pläne zu werben. Der Bund, der die Commerzbank in der Finanzkrise 2008/2009 mit Steuermilliarden gerettet hatte, hält noch gut zwölf Prozent der Anteile des Instituts.
Commerzbank setzt sich ehrgeizigere Ziele
Auch Vorstand, Aufsichtsrat und Betriebsrat der Commerzbank wehren sich gegen das aus ihrer Sicht „feindliche“ Vorgehen der Italiener. Die seit 1. Oktober amtierende Konzernchefin Orlopp will die Eigenständigkeit des Instituts auch durch steigende Gewinne und ehrgeizigere Renditeziele sichern.
In den kommenden Jahren will die Commerzbank deutlich mehr verdienen und profitabler werden. Nach einem Rekordgewinn von knapp 2,7 Milliarden Euro im vergangenen Jahr soll der Überschuss bis 2028 auf 4,2 Milliarden Euro steigen. Ihre Eigenkapitalrendite will die Bank von 9,2 Prozent 2024 auf 15 Prozent 2028 steigern.
Im laufenden Jahr dürfte der Gewinn jedoch auf 2,4 Milliarden Euro sinken, weil der Stellenabbau zunächst Geld kostet: Die Bank rechnet einmalig mit etwa 700 Millionen Euro Kosten. Zugleich erwartet der Vorstand, dass durch die Kürzungen die jährlichen Kosten um rund 500 Millionen Euro sinken werden.
Nicht zur Debatte stehen das bereits auf etwa 400 Standorte geschrumpfte Filialnetz sowie die Zwei-Marken-Strategie mit Commerzbank und der Onlinebank Comdirect.
Aktionäre sollen profitieren
Die Anteilseigner will der Commerzbank-Vorstand durch hohe Gewinnausschüttungen bei Laune halten. Für das Geschäftsjahr 2024 ist eine Dividendenerhöhung von 35 Cent auf 65 Cent je Anteilsschein geplant. Für 2025 will die Commerzbank mehr als 100 Prozent ihres Überschusses an die Aktionärinnen und Aktionäre ausschütten. Die Zinsen für eigenkapitalähnliche Anleihen werden vorher abgezogen.
Für die Jahre 2026 bis 2028 fasst Orlopp eine Ausschüttungsquote von 100 Prozent ins Auge, macht dies aber von der Umsetzung der neuen Strategie „Momentum“ sowie vom wirtschaftlichen Umfeld abhängig.
Die Commerzbank-Aktie gewann am Donnerstagmorgen zunächst bis zu 2,6 Prozent an Wert, bevor die Kursgewinne schrittweise bröckelten. Dann gehörte das Papier mit einem Abschlag von einem halben Prozent zu den Verlierern im Deutschen Aktienindex. Branchenexpertin Anke Reingen von der kanadischen Bank RBC wertete die Annahmen des Managements für die kommenden Jahre als optimistisch. Dies gelte vor allem für die Entwicklung der Erträge.
Neue Partnerschaft mit Kreditkartenanbieter Visa
Bei ihren Gewinnplänen setzt Orlopp außer auf Stellenabbau und Kostensenkungen auf stetig wachsende Einnahmen, vor allem aus Provisionen. Hatten die Kosten der Bank im vergangenen Jahr noch 59 Prozent der Erträge aufgezehrt, sollen es 2028 nur noch rund 50 Prozent sein. Heißt: Für einen Euro Ertrag will die Commerzbank dann nur noch etwa 50 Cent aufwenden.
Profitabler werden soll die Bank zudem durch gezielte Zukäufe und Partnerschaften. So wurde mit dem Kreditkartenanbieter Visa bereits eine langfristige Zusammenarbeit vereinbart: Kundinnen und Kunden der Commerzbank erhalten künftig bevorzugt Debit- und Kreditkarten von Visa.
- Geschäfts- und Zwischenberichte Commerzbank
- Commerzbank zur Bilanz 2024 und zur neuen Strategie
- Präsentation Commerzbank zu neuer Strategie „Momentum“
- Bisherige Commerzbank-Strategie
- Aktionärsstruktur Commerzbank
- Analystenschätzungen
- Commerzbank zur Bilanz 2024 (vorläufige Zahlen)
- Präsentation Unicredit 11.2.2025 (dort Fragen zur Commerzbank auf Seite 50)