Bankenbranche Unicredit wirbt für Komplett-Übernahme der Commerzbank
Unicredit-Chef Orcel sieht Vorteile im Zusammenschluss beider Banken für Privatkunden und Mittelstand. Zugleich müsse die Commerzbank profitabler werden, fordert er - und nennt Sparmöglichkeiten.
Frankfurt/Berlin - Die italienische Großbank Unicredit wirbt nach ihrem Einstieg bei der Commerzbank für eine Übernahme von Deutschlands zweitgrößter Privatbank. Zugleich forderte Unicredit-Chef Andrea Orcel, die Commerzbank müsse profitabler werden und benannte für den Fall eines Zusammenschlusses Einsparpotenzial. Der Frankfurter Dax-Konzern bestätigte einen Kontakt zur Unicredit, hält sich aber sonst bedeckt. Der Bund, der bei seinem Commerzbank-Ausstieg in der Kritik steht, will die Lage nun sondieren.
„Eine Zusammenführung beider Banken könnte zu einem erheblichen Mehrwert für alle Stakeholder führen und würde einen deutlich stärkeren Wettbewerber auf dem deutschen Bankenmarkt schaffen“, sagte Orcel dem „Handelsblatt“. „Privatkunden könnten besser unterstützt und der deutsche Mittelstand mit Finanzierungen gestärkt und international umfassender begleitet werden.“
Zwischen beiden Instituten gebe es sehr wenige Überschneidungen, sagte Orcel. „Es wäre also möglich, eine Bank zu schaffen, die sich geografisch gut ergänzt und mit Privatkunden- und Unternehmensgeschäft sehr gut ausbalanciert ist.“ Einsparmöglichkeiten gebe es vor allem bei den Zentralfunktionen. Die Unicredit ist seit der Übernahme der HypoVereinsbank (HVB) im Jahr 2005 stark in Deutschland vertreten.
Klare Forderungen an Commerzbank-Management
„Es ist wichtig, dass die Commerzbank ihre Bilanz stärkt, wächst und dabei gleichzeitig profitabler wird“, forderte Orcel weiter. „Das aktuelle Management hat hier deutliche Fortschritte gemacht, aber meiner Meinung nach kann man noch viel mehr tun.“ Die Eigenkapitalrendite der Unicredit-Tochter HVB sei doppelt so hoch wie die der Commerzbank. Ihr Verhältnis von Kosten zu Erträgen liege 20 Prozentpunkte unter dem der Frankfurter, sagte Orcel.
Die Unicredit hat den schrittweisen Ausstieg des Bundes aus seiner Commerzbank-Beteiligung genutzt und ist überraschend im großen Stil bei dem Dax-Konzern eingestiegen. Die Italiener erwarben ein Aktienpaket von 4,5 Prozent vom Bund und kauften zudem Anteile am Markt, sodass sie neun Prozent der Aktien halten. Der Bund hatte die Commerzbank in der Finanzkrise mit Milliarden vor dem Kollaps gerettet. Er hält noch 12 Prozent der Anteile, die er nach und nach verkaufen will.
Bei einem Zusammenschluss mit der Unicredit würde ein europäischer Bankenriese mit einem Börsenwert von rund 79 Milliarden Euro entstehen. Die Gewerkschaft Verdi fürchtet den Abbau von Jobs und will sich gegen eine Übernahme der Bank wehren. Sie fordert, der Bund solle keine weiteren Commerzbank-Aktien verkaufen.
Bund will Lage nun sondieren
Commerzbank-Chef Manfred Knof äußerte sich am Montag nicht konkret zu einer möglichen Übernahme. „Es hat einen Kontakt gegeben“, sagte er am Rande einer Veranstaltung in Berlin. „Wir sind von unserem eigenen Plan überzeugt.“ Wenn jemand einen anderen Plan vorlege, werde man das prüfen, im Sinne der Investoren, Kunden und Beschäftigten. Es gehe nun darum, die eigene Strategie umzusetzen, betonte Knof.
Im Zuge des Unicredit-Einstiegs war auch Kritik am Vorgehen des Bundes aufgekommen, der offenbar vom Einstieg der Italiener überrumpelt wurde. Eine Sprecherin von Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, der Bund werde die Lage nun analysieren. Es sei vorrangige Sache der Commerzbank-Gremien, mit möglichen Anteilseignern gegebenenfalls zu sprechen. Bei Transaktionen wie beim Verkauf von Bundes-Anteilen an der Commerzbank sei es üblich, im Rahmen des Verkaufsprozesses Investoren anzusprechen. Dies sei geschehen durch eine von der Finanzagentur beauftragte Investmentbank.
Unter anderem sei Unicredit kontaktiert worden. Dieses Verfahren diene dazu, das Marktumfeld am Tag der Transaktion einschätzen zu können.