Kniestrümpfe und Konten Commerzbank: Die ungewöhnlichen Wege der Commerzbank bei der Kundenwerbung

Halle (Saale) - In der Tchibo-Filiale am halleschen Marktplatz gibt es nicht nur frisch gerösteten Kaffee. Die Kunden können dort auch Kleider, T-Shirts und Jacken kaufen - je nach Saison. Über dem Regal mit Socken sind auch erhältlich: Bankkonten. Die Commerzbank hat dazu eine Kooperation mit dem Einzelhändler geschlossen.
Kunden können über die Tchibo-Internetseite - von da wird man weitergeleitet - ein kostenloses Girokonto bei der Commerzbank anlegen. Bei der Werbeaktion erhält man ein Guthaben über 100 Euro geschenkt.
Commerzbank-Filialen bleiben bestehen
Kniestrümpfe und Konten in einem Vertriebskanal sind ungewöhnlich, das zahlt sich für die Privatbank aber offenbar aus. „Wir haben im vergangenen Jahr netto über 4 000 neue Kunden gewonnen“, sagt Ralf Bendicks, Niederlassungsleiter für Privat- und Unternehmenskunden Sachsen-Anhalt Süd.
Die Commerzbank unterhält im südlichen Landesteil 13 Filialen, die im Schnitt je 8.000 Kunden betreuen. „4.000 zusätzliche Kunden ist eine halbe neue Filiale“, veranschaulicht Bendicks.
Vor allem vom Marktführer Sparkasse sowie den Volksbanken gewinnt die Commerzbank Kunden. Bei den öffentlich-rechtlichen und genossenschaftlichen Instituten gibt es immer seltener kostenlose Girokonten. „100 Euro Kontoführungsgebühr im Jahr sind in zehn Jahren auch 1.000 Euro“, so Bendicks.
Für die Bank, die in der Region 110.000 Kunden betreut, lohnt sich nach eigenen Angaben das kostenlose Konto. Laut Bendicks rechne sich das Kontenmodell bei Neukunden für die Bank nach anderthalb Jahren. Denn die würden nach einiger Zeit meist weitere Geschäfte mit der Bank abwickeln.
So habe man 2017 das Baufinanzierungsvolumen im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent gesteigert. Ähnlich wie Sparkassen und Volksbanken will die Commerzbank ihr kleineres Filialnetz in eher ländlichen Regionen des Landes erhalten. „Ein Durchschnittskunde kommt heute nur noch alle zwei Jahre in die Filiale“, so Bendicks. „Er möchte sie aber dennoch vor Ort haben.“
Firmen investieren zu wenig
Auch im Geschäft mit Firmenkunden legte die Privatbank zu. „In Sachsen-Anhalt haben wir 2017 rund 100 zusätzliche Mittelständler gewonnen“, sagt Ilona Schmitt, Niederlassungsleiterin Firmenkunden. Insgesamt seien es nun 1.800. „Wir wollen wachsen, dafür benötigen wir neue Kunden“, sagt die Bankerin. In Sachsen-Anhalt seien bei Unternehmen Absicherungsgeschäfte für Agrar- und Dieselprodukte stark nachgefragt. „Das spiegelt die starke Landwirtschaft und den Logistiksektor“, so Schmitt.
Die wirtschaftliche Lage des Mittelstands beschreibt sie als gut. Das Kreditvolumen sei 2017 um 2,8 Prozent gestiegen. „Gemessen an der brummenden Konjunktur ist das allerdings relativ wenig“, räumt die Firmenkunden-Chefin ein. Nach ihrer Einschätzung wird angesichts der niedrigen Zinsen zu wenig investiert. Einen triftigen Grund dafür kann Schmitt nicht ausmachen. (mz)