Coca-Cola, Fanta, Sprite und Co. Coca-Cola, Fanta, Sprite und Co.: Ist Coca-Colas Mehrweg-Rückzug erst der Anfang?
Berlin - Kollabiert das weltweit einzigartige Mehrwegsystem für Getränke in Deutschland? Unter Umweltschützern wachsen die Befürchtungen, nachdem Marktführer Coca-Cola den Mehrweg-Ausstieg eingeleitet hat. Nun appellieren die Grünen an den Deutschland-Chef des Getränkekonzerns. Wir erläutern, die es mit den Pfandflaschen weitergehen soll.
Was hat Coca-Cola vor?
Die deutsche Tochter will die Plastik-Mehrwegflaschen, die 0,5 Liter und 1,5 Liter fassen, hierzulande im Laufe des Jahres abschaffen. Das gilt für Coca-Cola und eine Reihe weiterer Erfrischungsgetränke wie Sprite und Fanta. Das Unternehmen will damit die Effizienz in der Abfüllung und in der Logistik steigern. Die Flaschen aus dem Kunststoff PET können bis zu 40 Mal wieder befüllt werden. Das spart Energie und andere Ressourcen und schont die Umwelt. Allerdings ist dies mit hohem Aufwand verbunden. Das Unternehmen muss die Flaschen sammeln, transportieren und reinigen – bei Einweg ist das nicht nötig. Kostensenkungen sind derzeit im gesamten Coca-Cola-Konzern geplant. Die Aufwendungen sollen bis 2019 um insgesamt jährlich drei Milliarden Dollar gedrückt werden, um die Renditen zu stabilisieren. Das Unternehmen leidet unter nachlassender Beliebtheit von zuckerhaltigen Getränken.
Was wollen die Grünen?
Peter Meiwald, Umweltexperte der Bundestagsfraktion, und Oliver Krischer, Fraktionsvize, wenden sich nun direkt an Deutschland-Chef Ulrik Nehammer. Sie erinnern in ihrem Brief dran, dass der Mehrweganteil in der Branche und bei Coca-Cola weit unter der Zielmarke von 80 Prozent liege, die in der Verpackungsverordnung festgelegt ist. Und weiter: „Wir befürchten, dass wenn Coca-Cola als Marktführer ein solches Ausstiegssignal aus dem Mehrwegsektor aussendet, ein weiterer Absturz des Anteils von Mehrwegflaschen in Deutschland droht.“ Meiwald und Krischer machen dabei den Manager darauf aufmerksam, dass Coca-Cola sich in Nachhaltigkeitsberichten immer wieder zu den „ökologischen Vorteilen der Mehrwegflaschen“ bekenne. Die beiden Grünen-Politiker betonen, dass sie es begrüßen würden, wenn der Konzern seine Entscheidung noch einmal überdenke - „bei Getränkeflaschen in allen Größen“.
Wie ist der Brief zu bewerten?
Er zeigt, wie sich die Situation in den vergangenen Wochen zugespitzt hat. Die Gesamt-Mehrwegquote im deutschen Getränkemarkt sinkt kontinuierlich. Sie lag zuletzt bei knapp 46 Prozent und wird vor allem durch die Glas-Pfandflaschen im Biergeschäft gestützt. Bei Erfrischungsgetränken sin es derzeit weniger als 30 Prozent. Auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) befürchtet, dass Coca-Cola als mit Abstand größter Hersteller von Erfrischungsgetränken eine negative Vorreiterrolle einnehmen könnte. Nehammer sucht laut DUH zudem bereits in der Branche Alliierte für einen „Ausweg aus dem Mehrweg“. Die Tochter des US-Konzerns bereite überdies, so die Umwelthilfe, bereits den Ausstieg auch aus der Ein-Liter-Mehrwegflasche vor, das ist die wichtigste Gefäßgröße. Das Unternehmen bestreitet dies.
Kann Coca-Cola das Mehrwegsystem tatsächlich zum Kollaps bringen?
Grüne und Umweltschützer befürchten eine Kettenreaktion. Verschafft sich die Tochter des US-Konzerns einen Wettbewerbs- und Kostenvorteil durch mehr Einweg, könnten auch Konkurrenten ihre Investitionen in Mehrweg-Systeme zurückfahren und stärker auf Wegwerfgefäße setzen. Besonders viele Mittelständler haben bislang auf das Wiederbefüllen von Flaschen gesetzt. Die DUH sieht schon bis zu 120.000 Arbeitsplätze gefährdet.
Kann die Politik gegensteuern?
Der Brief von Krischer und Meiwald lässt sich auch als Weckruf an die Politik lesen. Nach der Ausstiegsankündigung hat die Chefin des Umweltbundesamtes, Maria Kautzberger, die Einführung einer Lenkungsabgabe für Einweggefäße gefordert. Zum Einwegpfand von 25 Cent soll es einen zusätzlichen Aufschlag von 20 Cent pro Dose und Flasche geben. Auch die Umwelthilfe befürwortet dies. Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) wies dies aber umgehend zurück. Dafür sehe sie keinen Bedarf. Die Abgabe käme einem Teilverbot von Einwegverpackungen gleich und würde die Getränkefirmen über Gebühr belasten. Hendricks appelliert stattdessen an die Länder, endlich den Weg für eine Verordnung zur besseren Kennzeichnung von Mehrweg und Einweg frei zu machen. Darüber wird seit mehr als zwei Jahren gestritten. Auch Umweltweltschützer fordern die bessere Kennzeichnung, weil die Verwirrung bei vielen Verbrauchern groß sei.