Chemie Chemiepark Leuna: Total-Raffinerie investiert in neue Anlage

Leuna - Die Total-Raffinerie versorgt Mitteldeutschland mit Kraftstoff. 1.300 Tankstellen aller Marken werden von Leuna aus mit Tanklastzügen beliefert.
Für die Raffinerie ist das ein einträgliches Geschäft, und dennoch richtet sich Raffinerie-Chef Willi Frantz darauf ein, dass der Absatz in den kommenden Jahrzehnten sinken wird. Durch sparsamere Motoren geht heute bereits der Benzin-Absatz in Deutschland zurück. Sollten künftig Elektro-Autos vermehrt auf deutschen Straßen rollen, wird sich der Trend noch verstärken.
Neue Pipeline wird gebaut
Für die Raffinerie bedeutet dies, sich Märkte auch abseits des Kraftstoffverkaufs zu erschließen. Total will daher stärker als Grundstoff-Lieferant für die Chemie arbeiten. Mit einer Investition von 30 Millionen Euro macht das Unternehmen nun einen weiteren Schritt in diese Richtung.
Wie Frantz am Montag ankündigte, soll noch in diesem Jahr mit dem Bau einer Anlage begonnen werden, die Benzol anreichert - ein Zwischenprodukt aus der Benzinherstellung. Rund 70.000 Tonnen sollen ab 2017 über eine Pipeline an das benachbarte Chemie-Unternehmen Domo geliefert werden. „Auch wir werden rund 30 Millionen Euro investieren, um das Benzolkonzentrat verarbeiten zu können“, sagte Luc De Raedt, Geschäftsführer der Domo Caproleuna.
Für Domo sei Benzol ein wichtiger Rohstoff zur Polyamid-6-Produktion, das etwa zur Herstellung von Verpackungsfolien im Lebensmittel- und Pharmabereich dient. Käsefolie sei aus dem Material. Bisher kauft Domo Benzol bei verschiedenen Raffinerien ein und lässt es über Kesselzugwagen nach Leuna anfahren. „Der Bezug über die Pipeline wird effizienter und deutlich umweltschonender“, so der Domo-Chef.
200 Millionen Euro für neue Vorhaben
Schon heute ist die Raffinerie in den Stoffverbund im mitteldeutschen Chemiedreieck eingebunden. So liefert Total unter anderem das Vorprodukt Nafta an den Konzern Dow oder Synthesegas an andere Firmen. Nach Angaben von Frantz werden bereits jährlich etwa 1,5 Millionen Tonnen verschiedene Produkte für die Chemie hergestellt. Zuletzt lag die Gesamtproduktion bei etwa elf Millionen Tonnen. Frantz will den Chemie-Anteil weiter ausbauen. „Unsere Planungen laufen, bis 2020 wollen wir weitere Projekte anschieben.“
Selbstverständlich ist dies nicht. Als im Mai 1994 der Spatenstich für eine neue Raffinerie gesetzt wurde, war längst noch nicht klar, wie sich der Chemiestandort entwickelt. Die fünf Milliarden D-Mark teure Anlage wurde daher so konzipiert, dass sie notfalls auch ohne Chemiebetriebe in der Nachbarschaft existieren konnte. Im Fokus stand die Kraftstoffproduktion. Am Standort spiegelte sich dies auch darin, dass das Areal der Raffinerie getrennt vom Chemiepark ist. Nun werden die Verflechtungen wieder enger.
Energieversorgung umgestellt
Das Total-Domo-Projekt ist auch ein Zeichen dafür, dass es sich weiter lohnt, in die Chemie zu investieren. Laut Branchenverband Nordostchemie waren die Investitionen in den vergangenen Jahren in Ostdeutschland eher rückläufig.
Sie lagen im Schnitt bei 800 Millionen Euro. Der Großteil entfiel dabei auf Ersatzinvestitionen. „Was uns fehlt, sind Neuinvestitionen“, sagte Verbandssprecher Torsten Kieser. Hohe Energiekosten und unsichere Rahmenbedingungen in diesem Bereich hätten potenzielle Investoren abgeschreckt.
Am Chemie-Standort Leuna, der dieses Jahr seinen 100. Geburtstag feiert, bauen die Firmen wieder aus. Der Chef der Infrastruktur-
Gesellschaft, Christof Günther, kündigte Anfang des Jahres an, dass mehrere Firmen insgesamt 200 Millionen Euro in neue Vorhaben stecken. Möglich wird dies unter anderem dadurch, dass die Energieversorgung in Leuna neu ausgerichtet wurde. Nicht mehr nur ein Gaskraftwerk, sondern eine Müllverbrennungsanlage sichert die Dampf- und Stromversorgung. Domo-Chef De Raedt lobt dies: „So haben wir Planungssicherheit .“ (mz)