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Braunkohle-Aktivitäten Braunkohle-Aktivitäten: Was Sie zur Vattenfall-Entscheidung wissen müssen

Von Thorsten Knuf 18.04.2016, 10:44
Der Braunkohletagebau der Vattenfall AG in Brandenburg.
Der Braunkohletagebau der Vattenfall AG in Brandenburg. dpa-Zentralbild

Berlin - Seit geraumer Zeit treibt der schwedische Energiekonzern Vattenfall den Verkauf seiner deutschen Braunkohle-Aktivitäten in Brandenburg und Sachsen voran. Die Entscheidung ist heute gefallen. Ein tschechischer Investor zum Zug. Lässt sich der Niedergang der Braunkohle überhaupt noch aufhalten? Ein Überblick.

Wie wichtig ist die Vattenfall-Braunkohle?

Der schwedische Konzern ist nach der Essener RWE der zweitgrößte Braunkohle-Verstromer in  Deutschland. In der strukturschwachen Lausitz ist die klimaschädliche, landschaftsfressende Braunkohle der wichtigste Wirtschaftszweig.

Es geht um vier aktive Tagebaue und mehrere Großkraftwerke, die zu den größten Klimakillern Europas gehören. Rund 8.000 Jobs hängen direkt daran. Trotz ihrer gravierenden Nachteile nimmt die Braunkohle im deutschen Stromsystem eine wichtige Rolle ein: Im vergangenen Jahr entfiel rund ein Viertel der heimischen Stromproduktion auf diesen Energieträger.

RWE fördert und verbrennt seine Braunkohle im Rheinischen Revier westlich von Köln. Darüber hinaus gibt es noch das Mitteldeutsche Revier im Großraum Halle/Leipzig sowie das kleine Helmstedter Revier.

Wer hat den Zuschlag für die Vattenfall-Braunkohle bekommen?

Der tschechische Energiekonzern EPH. Ihm gehört bereits der Braunkohleförderer Mibrag aus Sachsen-Anhalt. Im Gegensatz zu Deutschland ist man in Tschechien der Ansicht, dass die Braunkohle noch eine große Zukunft hat. EPH scheint darauf zu spekulieren, dass in Deutschland die Börsenstrom-Preise mittelfristig wieder steigen – und zwar dann, wenn die noch aktiven Atomkraftwerke vom Netz gehen.

Dann ließe sich mit Kohlestrom auch wieder ordentlich Geld verdienen, was derzeit nicht der Fall ist. Die ostdeutschen Landesregierungen könnten mit einem Verkauf an EPH leben. Umweltschützer spekulieren, dass die Tschechen auch noch ein zweites Interesse haben: In ihrem Land sind der Expansion der Braunkohleförderung enge Grenzen gesetzt. Um den Nachschub für die tschechischen Kraftwerke zu sichern, ließe sich auch Braunkohle aus Deutschland dorthin exportieren.

Kann Vattenfall mit einem guten Preis rechnen?

Nein. Beim Start des Verkaufsprozesses war mit einem Erlös von bis zu vier Milliarden Euro die Rede. Tatsächlich dürfte Vattenfall viel weniger erzielen. Das Interesse an der Sparte hielt sich arg in Grenzen. Nur eine Handvoll Bieter legten Angebote vor. Teilweise wollten sie sogar noch Geld dafür sehen, dass sie die Braunkohle übernehmen.

Die Stromgewinnung aus Braunkohle ist keine Gelddruckmaschine mehr. Aufgrund des Ökostrom-Booms gibt es erhebliche Überkapazitäten, die Großhandelspreise sind im Keller. Spätestens seit dem Welt-Klimagipfel vom Paris Ende vergangenen Jahres gilt die Braunkohle hierzulande als Auslaufmodell. Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) plädiert für einen sozialverträglichen Ausstieg im Zeitraum von 20 bis 25 Jahren. Die Gewerkschaft IG BCE will noch bis zur Mitte des Jahrtausends an der Braunkohle festhalten. 

Warum will sich Vattenfall überhaupt von der Braunkohle trennen?

Der Konzern gehört komplett dem schwedischen Staat. Und der fühlt sich inzwischen dem Klimaschutz verpflichtet. Erst trennte sich Vattenfall von seinen Braunkohle-Aktivitäten in Polen. 2014 gab das Unternehmen dann bekannt, dass es sich auch von der Lausitzer Braunkohle trennen wolle, im vergangenen Jahr wurde der Verkaufsprozess offiziell eingeleitet.

Vattenfall war zur Jahrtausendwende in Deutschland hoffnungsfroh gestartet, kaufte sich neben der Lausitzer Braunkohle die städtischen Versorger in Berlin und Hamburg und stieg mit seinen Kohle- und Atomkraftwerken zu einem der vier großen Stromkonzerne in Deutschland auf. Künftig soll alles ein paar Nummern kleiner sein: Das Unternehmen will bei seinen Kunden hierzulande künftig mit sauberem Strom und Energiedienstleistungen punkten.