Biotech-Star braucht Geld Biotech-Star braucht Geld: Probiodrug AG muss schwere Verluste verkraften

Halle (Saale) - Sachsen-Anhalts bekanntestes Biotech-Unternehmen steckt in Turbulenzen. Die Probiodrug AG aus Halle teilte am Montag ihren Anlegern mit, dass „ein Verlust von mehr als der Hälfte des Grundkapitals eingetreten ist“.
Laut Aktienrecht muss das Unternehmen, das neuartige therapeutische Lösungen zur Behandlung von Alzheimer entwickelt, nun eine außerordentliche Aktionärsversammlung einberufen, um die Lage zu erörtern. Doch wie ernst ist sie?,
Probiodrug entwickelt Wirkstoffe gegen Alzheimer
Probiodrug konzentriert sich auf die Entwicklung von Wirkstoffen gegen Alzheimer - einer Erkrankung des Gehirns, die zu Nervenzellverlust führt. Ein von den Forschern gefundenes Enzym, das die für Alzheimer maßgebliche Bildung von Eiweißablagerungen im Gehirn hemmt, befindet sich in der klinischen Erprobung. Diese ist in drei Phasen gegliedert.
„Phase eins und zwei wurden bereits absolviert“, sagte Vorstandschef Ulrich Dauer. Während dieser Zeit erwirtschaftet Probiodrug jedoch keine Umsätze, besitzt dafür aber wertvolle Patentrechte. Dauer betont, dass das Unternehmen über ausreichend liquide Mittel verfüge. Die Finanzierung sei bis zum Herbst 2019 gesichert, so der Vorstand.
Im Oktober 2014 ging die Biotech-Firma in Amsterdam an die Börse und sammelte bei Anlegern 22,5 Millionen Euro ein, um die Forschung zu finanzieren. Die Aktie stürzte in diesem Jahr jedoch regelrecht ab, unter anderem weil ein Schweizer Großaktionär seine Anteile verkaufte. Sie büßte in den vergangenen zwölf Monaten rund 80 Prozent des Wertes ein und notiert aktuell bei etwa 2,44 Euro.
Probiodrug in letzten Jahren stark geschrumpft
Verunsichert werden die Anleger wohl auch durch den kompletten Austausch der Führungsmannschaft. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende Konrad Glund, der das Unternehmen 1997 gemeinsam mit Hans-Ulrich Demuth gegründet hat, ging Ende April in den Ruhestand. Auch Finanzvorstand Hendrik Liebers, der wesentlich für den Börsengang verantwortlich zeichnete, verließ zu diesem Zeitpunkt das Unternehmen. Einzig Inge Lues, Vorstand für Forschung, blieb bislang aus der früheren Führungsriege an Bord - aber auch sie geht nun in den Ruhestand.
Probiodrug-Chef Ulrich Dauer betont, dass man dafür mit Michael Schaeffer einen erfahrenen Pharma- und Biotech-Manager in den Vorstand geholt habe. Das Forscherteam bleibe zusammen. Ohnehin hat das Unternehmen nur noch 14 Mitarbeiter, vor zehn Jahren waren es noch 70 Beschäftigte. Die meiste Arbeit wird nun an andere Firmen vergeben. Dauer will nun weitere klinische Studien vorantreiben, um möglicherweise 2021 ein Produkt auf den Markt zu bringen.
Probiodrug feiert Erfolg mit Diabetes-Produkt
Der Plan, sich über die Börse Geld für die Forschung und Entwicklung zu besorgen, wird nach den Kursverlusten allerdings schwierig, räumt auch Dauer ein. „Die Optionen werden nicht größer.“ Der Vorstandschef setzt daher den Fokus darauf, große Pharma-Konzerne mit ins Boot zu holen. „Wir beabsichtigen, Lizenzen zu vergeben“, so Dauer. Damit würden andere Firmen am wirtschaftlichen Erfolg beteiligt.
Die Patente will Probiodrug nicht verkaufen. Ziel der Probiodrug-Gründer Glund und Demuth, der bereits 2013 zur Fraunhofer-Gesellschaft wechselte, war es, ein Alzheimer-Präparat nicht nur zu entwickeln, sondern auch zu produzieren und zu vermarkten. Denn hohe Einnahmen durch neue Arzneimittel verbuchen vor allem die Patente-Inhaber und Hersteller. Mehr als 130 Millionen Euro sind bereits in die Entwicklung des Präparats geflossen. Für Dauer ist es nun wohl ein Kampf gegen die Zeit: Er muss möglichst schnell Investoren finden, bevor das Geld ausgeht.
Probiodrug begann als reines Pharmaforschungsunternehmen - und wurde zur Jahrtausendwende eine der innovativsten Biotech-Firmen Deutschlands. Das Unternehmen entwickelte ein neuartiges Therapiekonzept für Diabetes. Demuth wurde damals in Veröffentlichungen schon mal als „Vater der Pille für Diabetiker“ bezeichnet. Die Patente wurden allerdings verkauft. Heute werden in den Industrieländern mehr als 20 Prozent der unter Altersdiabetes Leidenden mit den Wirkstoffen aus Halle behandelt.
(mz)