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Kahlschlag  Bertelsmann-Tochter Arvato schließt Call-Center in Halle und Magdeburg

Von Steffen Höhne 09.05.2018, 12:01

Halle (Saale) - Schlechte Nachrichten für Mitarbeiter von Arvato: Die Tochter des Medienkonzerns Bertelsmann will im kommenden Jahr gleich sieben ostdeutsche Call-Center-Standorte schließen, darunter auch Halle und Magdeburg.

Betroffen sind insgesamt 950 Mitarbeiter, teilte das Unternehmen mit Sitz in Gütersloh mit. Die Gewerkschaft Verdi bezeichnete die Pläne als skandalös und forderte sichere Beschäftigungsperspektiven für die Betroffenen.

Callcenter-Aus: 425 Mitarbeiter in Halle und Magdeburg betroffen

Das Unternehmen will sich zum 30. April 2019 von den Niederlassungen in Leipzig, Gera und Cottbus sowie zum 30. Juni 2019 von den Bereichen in Dresden, Halle und Magdeburg und Suhl trennen. In Halle sind davon 125 Mitarbeiter betroffen, in Magdeburg knapp 300.

Als Grund für die geplanten Schließungen gibt Arvato ein „sinkendes Auftragsvolumen und eine fehlende Wirtschaftlichkeit“ an. Nach Angaben von Verdi-Gewerkschaftssekretärin Kerstin Chagoubi arbeiten die Call-Center bisher „zu 95 Prozent für die Deutsche Telekom“.

Arvato-Callcenter arbeiten weitgehend für Telekom

Das Telekommunikations-Unternehmen gab seit 2008 Kundenservice Standorte an verschiedene Anbieter ab. Neben dem Verkauf an Arvato sind laut Verdi Beschäftigte auch an die Walter Gruppe sowie die zum D&S Konzern gehörende Teldas übergegangen.

Sowohl Walter, als auch die Teldas, gerieten in wirtschaftliche Schieflage. Die betroffenen Standorte sind dann von Arvato übernommen worden. „Insgesamt sind es 14 Standorte - vorwiegend in Ostdeutschland“, sagt Chagoubi.

Den Beschäftigten sei durch die Deutsche Telekom und Arvato zukunftssichere Beschäftigungsperspektiven versprochen worden.

Callcenter verlieren durch Internet an Bedeutung

Vor allem durch neue Service-Angebote im Internet wie das Ändern von Adressen oder Tarifwechsel ging das Auftragsvolumen in den Call-Centern in den vergangenen Jahren zurück.

„Wir haben seit 2015 Arvato aufgefordert, neue Kunden zu akquirieren und Konzepte zu erstellen“, erzählt die Gewerkschafterin. „Passiert ist nichts“, so Chagoubi. Arvato plane nun offenbar, das Telekom-Geschäft auf die verbleibenden Standorte aufzuteilen.

Ver.di will gegen Callcenter-Schließung kämpfen

Verdi will das nicht hinnehmen. Die Service-Kräfte in den von der Telekom ausgegliederten Call-Centern verdienten bisher laut Gewerkschaft nur den Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde.

„Die Beschäftigten wurden zunächst mit einem Niedriglohn abgespeist und sollen nun arbeitslos werden“, so Chagoubi. Die Gewerkschaft fordert von Arvato aber auch von der Deutschen Telekom Beschäftigungsperspektiven für die Betroffenen.

Callcenter-aus - wenig Perspektive im Konzern

Das zu erreichen, dürfte allerdings schwierig werden. Der Medienkonzern Bertelsmann hatte bereits Ende Januar 2018 angekündigt, Teile seiner Dienstleistungstochter Arvato verkaufen zu wollen.

Dabei geht es um das Geschäft mit Kundensystemen in der IT-, Banken-, Versicherungs- und Telekommunikations-Branche. Dieser Bereich beschäftigt weltweit 36000 Mitarbeiter. Betroffen wäre auch das Geschäft mit Facebook, hieß es seinerzeit.

Callcenter-Betreiber Arvato arbeitet auch für Facebook

Für das US-Internet-Unternehmen tritt Arvato an mehreren Standorten in Europa als Dienstleister auf und löscht mit eigenen Teams illegale Einträge wie Hass-Kommentare und Gewaltfotos.

Das Dienstleistungsgeschäft mit Call-Centern und Löschtrupps für Facebook sei zwar profitabel, werfe aber zu wenig ab, um in das digitalgetriebene Geschäft auch in Zukunft aus eigener Kraft genug investieren zu können, hieß es.

Service-Mitarbeiter in Callcentern sind weiter gefragt

Ob die nun verkündeten Standort-Schließungen mit dem geplanten Firmen-Verkauf im Zusammenhang stehen, ist offen. Arvato könnte zumindest versuchen, durch Umstrukturierungen die verbleibenden Call-Center profitabler zu machen. An der Gewinnung neuer Kunden für die Call-Center hat Arvato sicher kein Interesse mehr.

Lediglich der Verkauf der Standorte an Wettbewerber könnte eine Option sein. Denn ausgebildete Service-Mitarbeiter in Call-Centern werden auch in Ostdeutschland knapp. Ihre Jobperspektiven dürften daher so schlecht nicht sein. (mz)