Darf der das? Bauhaus als Baumarkt: Woher kommt der Name des Obi-Konkurrenten?
Halle (Saale) - Google meldet beim Wort „Bauhaus“ mehr als 70 Millionen Treffer. Der erste Internetverweis der Suchmaschine führt jedoch nicht zur Architektur- und Design-Schule nach Weimar, Dessau oder Berlin, sondern zum Baumarkt aus Mannheim.
Auf Google Maps werden auch praktischerweise gleich die Filialen in der Umgebung angezeigt. Eine schlechte Recherche ist Google nicht vorzuwerfen. Unter „Baumarkt Bauhaus“ findet der Such-Algorithmus etwa 15 Millionen Seiten, unter Bauhaus Dessau „nur“ 6,6 Millionen.
Und nicht nur im virtuellen Raum ist die Namensgleichheit auffällig. Wer die Bauhaus-Stadt Dessau-Roßlau besucht, fährt an der Autobahn-Abfahrt zunächst am Baumarkt Bauhaus vorbei und erreicht erst später in der Stadtmitte die Stiftung Bauhaus mit dem markanten Bauhaus-Gebäude.
Bauhaus: Wie ist es möglich, dass Baumarkt und Design-Schule den berühmten Namen tragen?
Um es vorweg zu sagen: Die Namensgleichheit hat in der Vergangenheit bereits zu viel Streit geführt. Es geht um Markenrechte, eine komplizierte Abgrenzung von Warengruppen und Urheberschutz.
Geprägt wurde der Name vom Bauhaus-Gründer Walter Gropius. Am 1. April 1919 veröffentlichte er das sogenannte Bauhaus-Manifest. Es war ein Aufruf an Architekten, Bildhauer und Maler sich wieder auf das Handwerk zu besinnen. Die Bildenden Künste sollten wieder fester Bestandteil der Baukunst werden. Versinnbildlicht wurde das mit dem Titelblatt des Manifestes. Darauf ist der Holzschnitt „Kathedrale“ des Künstlers Lyonel Feininger abgebildet.
„Die großen Gotteshäuser waren ein Gemeinschaftsbau verschiedener Handwerker“, erläutert Werner Möller, stellvertretender Leiter der Kuratorischen Werkstatt der Stiftung Bauhaus Dessau. Sie lebten und wirkten in Bauhütten zusammen. „Nach den Wirren des Ersten Weltkrieges wollte Gropius den Gedanken des gemeinschaftlichen Bauens neu beleben“, sagt Möller. „Und aus Bauhütte wurde Bauhaus.“
Alleinstehend wurde der Name nach Angaben des Wissenschaftlers in der Folgezeit nicht geschützt, die Nennung aber „an den amtierenden Direktor des Bauhauses gebunden“. Die 1919 gegründete Kunsthochschule Bauhaus in Weimar entwickelte eigene Stilformen, die sich durch Schlichtheit und Funktionalität auszeichnen. Im Jahr 1933 wurde das Bauhaus auf Druck der Nationalsozialisten aufgelöst.
Im Ostteil Deutschlands scheiterte ein Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg der erste Versuch, das Bauhaus neu zu beleben. Um Markenrechte kümmerte sich damals niemand. Das tat erst Heinz Georg Baus, der 1960 in Mannheim (Baden-Württemberg) den ersten deutschen Baumarkt nach amerikanischem Vorbild eröffnete. Er nannte das Unternehmen Bauhaus und schützte sich den Begriff. Widerspruch von ehemaligen Bauhäuslern gab es damals offenbar nicht.
Erst 1967 und noch einmal 1971 habe das Bauhaus-Archiv versucht, den Baumarkt wegen Verletzung des Namensrechts zu verklagen, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“ vor einigen Jahren. Doch zu spät. „Die Richter am Landgericht Mannheim wiesen die Klage 1971 unter anderem deshalb ab, weil sich der Verein als Träger des Bauhaus-Archivs nicht auf eine zeitliche Vorrangigkeit berufen kann“, heißt es in dem Bericht.
Er sei erst im Mai 1960 gegründet worden, Baus hatte seine Firma drei Monate eher ins Handelsregister eintragen lassen. Seither gibt es eine Art Koexistenz, doch immer wieder flackern Konflikte auf. Möller spricht von einem „sensiblen Thema“.
Die Baumarktkette Bauhaus ist nach Obi die zweitgrößte in Deutschland. Nach früheren Angaben von Bauhaus-Archiv-Chefin Annemarie Jaeggi hat die Kette verschiedene „Warenklassen besetzt“. Welche das genau sind, sagte das Unternehmen auf MZ-Anfrage nicht. Ein Firmensprecher teilte lediglich mit: „Von einer firmen- oder markenmäßigen Verwendung des Begriffes ohne Rücksprache mit uns raten wir ab.“
Als 2012 ein junges Weimarer Design-Label unter dem Namen „My Bauhaus is better than yours“ Möbel verkaufen wollte, ging die Baumarktkette dagegen vor.
Doch nicht alle Kategorien sind geschützt. So ist in Großbritannien seit Jahren die Band „Bauhaus“ erfolgreich, und in Hongkong firmiert eine Modemarke unter dem Label.
Das Bauhaus-Archiv schätzt, dass es bis zu 100 Unternehmen auf der Welt gibt, die den Namenszug tragen.
Streit gibt es nicht nur um den Namen, sondern auch um die dort hergestellten Produkte. Vor mehr als zehn Jahren war auch der Möbel-Hersteller L&C Stendal (Altmark) in einen solchen verwickelt. Das Unternehmen stellte damals noch den Hocker „B9“ her. Der Hocker war das erste Stahlrohrmöbel von Marcel Breuer. Als der bekannte Architekt und Designer 1925 den Hocker entwarf, soll er sich am geschwungenen Lenker seines Fahrrads orientiert haben. Neben L&C beanspruchten gleich zwei weitere deutsche Möbelproduzenten die Namensrechte. Diese gehören den Breuer-Erben, die diese teilweise weiter ans Bauhaus-Archiv gegeben haben. Nach mehreren Gerichtsverfahren durfte L&C den Hocker nicht weiter produzieren.
Auch die Stiftung Bauhaus muss laut Möller akribisch auf die Einhaltung von Schutzrechten achten. So werden in Dessau beispielsweise mehrere Möbelstücke von Bauhaus-Lehrern ausgestellt. „Das ist kein Problem, da sie unser Eigentum sind“, erläutert Möller. „Sollen aber Bilder von den Möbeln in Katalogen oder auf Postkarten gedruckt werden, müssen Rechte und Nutzungsgebühren beachtet werden.“
Diese liegen zumeist 70 Jahre bis nach Tod des Autors bei den Erben. Diese Arbeit ist für die Stiftung Alltag. Kompliziert wird die Rechtslage aber beispielsweise bei Fotoaufnahmen innerhalb des Bauhaus-Gebäudes der Stiftung. Sind die Möbel dann Teil der Kulisse oder eigenständig zu bewerten? „Solche Fragen müssen häufig von Fall zu Fall entschieden werden“, sagt Möller. Pauschale Regeln gebe es da kaum. (mz)