1. MZ.de
  2. >
  3. Deutschland & Welt
  4. >
  5. Wirtschaft
  6. >
  7. Bargeldloses Bezahlen: Bargeldloses Bezahlen: Kundenkarten mit Bezahlfunktion

Bargeldloses Bezahlen Bargeldloses Bezahlen: Kundenkarten mit Bezahlfunktion

Von Ragah Kamel 15.09.2005, 10:33
Karten über Karten - immer häufiger enthalten Kundenkarten auch eine Bezahlfunktion. (Foto: dpa)
Karten über Karten - immer häufiger enthalten Kundenkarten auch eine Bezahlfunktion. (Foto: dpa) Jens Schierenbeck

Hofheim/Leipzig/dpa. - So setzt die Möbelhauskette Ikea seit zwei Jahren auf dieBezahlkarte. «Der Kunde kann den Einkauf mit der Karte bezahlen, und der Betrag wird dann im Folgemonat von seinem Konto abgebucht», sagt Klaus Cholewa von Ikea Deutschland in Hofheim (Hessen). Die Karte sei kostenlos und funktioniere wie eine Kreditkarte. Der Kunde teile Ikea mit, wie hoch die monatliche Rate sein soll. Ikea wiederum setze ein Einkaufslimit von zum Beispiel 10 000 Euro auf die Bezahlkarte, das der Kunde dann maximal ausgeben kann, erklärt Cholewa. Dabei muss die monatliche Abtragung bei mindestens fünf Euro liegen.

Der Ratenzins liege hier bei 14,9 Prozent. «Daneben bieten wirauch noch die klassische Finanzierung mit einer maximalen Laufzeit von 72 Monaten und einem Basiszins von 8,9 Prozent», erläutert Cholewa. Bei Ikea und anderen Unternehmen steht dabei ein Finanzdienstleister im Hintergrund, der Karte und Kredit zurVerfügung stellt. «Der Kunde schließt den Finanzierungsvertrag mit uns ab. Wir wiederum haben einen Konzeptvertrag mit denPartnerunternehmen», erläutert Roger Österman vom Plus Finanzservice in Wiesbaden.

Für die Unternehmen sind die Bezahlkarten sehr lukrativ, denn sie versprechen starke Umsatzsteigerungen. «Durch die Karte wird bis zu zwei Mal mehr pro Kartenkunde und Jahr als bei Barzahlungen umgesetzt, da sie häufiger konsumieren», erklärt Österman. Durchschnittlich liege der Ratenzins auf dem deutschen Markt bei bis zu 15 Prozent, bei besonderen Kundenaktionen seien es aber auch schon mal 0 Prozent.

Doch es gibt Stimmen, die das neue Bezahlsystem kritischbeurteilen: «Die Bezahlkarten finden wir hochgefährlich», sagt Edda Castello von der Verbraucherzentrale Hamburg. Neben dem normalen Girokonto und einem Kredit bei der eigenen Hausbank, kämen auf diese Art schnell weitere zwei oder drei Kredite hinzu. «Da verliert der Verbraucher schnell den Überblick», erläutert die Expertin.

Generell empfiehlt es sich bei Krediten immer zu überprüfen, obdie Konditionen auch wirklich so günstig sind wie sie scheinen.«Eigentlich sollte der effektive Jahreszins den Kreditpreiswiderspiegeln - allerdings gibt es auch hier Möglichkeiten, das zu umgehen», warnt die Verbraucherschützerin. Häufig kämen beimAbschluss noch Zusatzversicherungen mit teuren Prämien hinzu.Besonders beliebt seien Restschuld-, Risiko- undArbeitslosenversicherungen. «Diese Versicherungen verteuern denKredit dann enorm», sagt Castello.

Gleiches gilt für den weit verbreiteten Ratenkauf - auch hiersteigt bei niedrigen Monatsraten der Kaufanreiz, ohne dass sichKunden immer über die Gesamtbelastung Gedanken machen. Problematischbeim Ratenkauf und Kredit über Bezahlkarte sei die oft fehlende oderunzureichende Beratung, sagt Marius Stark von der ArbeitsgemeinschaftSchuldnerberatung der Verbände in Köln (AG SBV). «Bei derKreditvergabe wird kein ausführliches Gespräch geführt, und es wirdnicht nach regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben gefragt.» Findet beimRatenkauf eine Beratung statt, handele es sich hierbei jedoch meistnur um ein weiteres Verkaufsgespräch.

Bei Kreditvergabe müsse jedoch unbedingt überprüft werden, ob derKunde sich mit dem Kredit übernimmt und ob er überhaupt in der Lageist, den Kredit zurückzuzahlen. Daher seien Ratenkauf und Bezahlkarte bei manchen Kunden sehr gefährlich und möglicherweise einerster Schritt auf dem Weg in die Schuldenfalle, erläutert Stark.

«Außerdem ist bei Kartenzahlung immer die Schwelle niedriger,überhaupt Geld auszugeben», sagt Stark. Für Kunden mit geregeltemEinkommen seien Bezahlkarte und Ratenkauf jedoch unbedenklich. DieBezahlkarten werden allerdings in der Regel bedenkenloser ausgestelltals etwa Kreditkarten: «Wir haben unser Ranking so gestaltet, dassmöglichst viele die Ikea-Bezahlkarte nutzen können», sagtIkea-Sprecher Cholewa.

Gefährdet sind daher vor allem Menschen in finanziell kritischenSituationen. «Unser Klientel lebt in der Regel am Existenzminimum,aber die Bedürfnisse sind trotzdem da», sagt Petra Otto von derSchuldnerberatung des Deutschen Roten Kreuzes in Leipzig. Besondersfür junge Menschen sei die Verlockung sehr groß. Sie könnten dasRisiko nicht abschätzen und würden sich übernehmen. «Dabei ist nichtsda um überhaupt die Rate abzuzahlen. Das kann dann auch der Einstiegin eine größere Verschuldung sein», erläutert Otto.